+++ 17:05 Uhr +++ Mitte Oktober kommen die Prämien für die Eco-Schemes
Landwirtschaft
Günther: „Sehr kooperative AMK“
Es ist nicht viel, worauf sich Bund und Länder vor dem Abschlusstag der Agrarministerkonferenz (AMK) in Dresden gemeinsam und offenbar friedlich übereingekommen sind. Die urbane Landwirtschaft soll gestärkt werden. Das ist angesichts der vielen Fragen zu den Details für den nationalen Strategieplan zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der prekären Situation der Geflügel- und Schweinehalter zu wenig.
Schon der Deutsche Bauernverband hat die vielen offenen Details angemahnt und die Liste wurde aus dem Kreis der Agrarminister gegenüber der jetzt nur noch geschäftsführenden Ministerin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Julia Klöckner, alles andere als geringer. Zumal die Prämienvorstellungen des BMEL nach internen Stimmen lediglich den unionsgeführten Bundesländern zur Verfügung gestellt wurden. Dabei ist die AMK in Dresden die letzte offizielle Veranstaltung vor dem Jahresende, dem Ablauf der Übergabefrist der nationalen Strategie an Brüssel. Die Verwaltung wird nur mit gebremster Leitung an weiteren Details feilen, denn nach der Wahl gehört es zum guten Ton, dass die geschäftsführende Regierung der neuen Regierung nichts offensichtlich Gegenteiliges in das Amt schreibt. Der Deutsche Bauernverband hofft, dass die Bundesländer zu Extrarunden bereit sind, Lösungen zu finden.
Hessens Landwirtschaftsstaatssekretär Oliver Conz (Bündnis 90/Die Grünen) mahnt beim Bund Offenheit an: „Momentan ist unklar, wie Deutschland die neuen Regelungen der EU zur Förderung der Landwirtschaft konkret umsetzen wird. Die Bundesregierung muss hierfür Vorschläge erarbeiten, erst dann können die Bundesländer die Umsetzung auf den Weg bringen.
Agrarminister Till Backhaus (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern sieht zwar Bund und Länder gemeinsam in der Pflicht, den Strategieplan pünktlich umzusetzen, kritisiert aber den Bund ebenfalls: „Wir brauchen endlich Klarheit, zum Beispiel was die konkrete Ausgestaltung und Höhe der Prämien für die Öko-Schemes betrifft.“ Ohne diese Grundlage können die Länder keine Programme für die zweite Säule, in der die Eco-Schemes und die Agrarumweltmaßnahmen untergebracht sind, ausgestalten. Den „dringenden Handlungsbedarf sieht Backhaus ebenfalls beim Bund.
Es fehlt den Ländern nicht nur das „wie viel“, es fehlen auch die Akzente. Die nationale Strategie könne die erheblichen Mängel in der Grundarchitektur der GAP mit Anreizen korrigieren. Backhaus bleibt skeptisch: „Ich fürchte daher, dass wir in der Ökologisierung der Landwirtschaft nicht wirklich vorankommen.“ Mehr finanzielle Anreize wünscht sich auch Oliver Conz.
Am Riemen gerissen
Dass die AMK am Freitagnachmittag doch mit mehr Ergebnissen auseinander gegangen ist, lag wohl and der Präsenzveranstaltung. Sachsen Minister Wolfram Günther (Bündnis 90/die Grünen) an der Präsenz. Es gab keine Videoschalte und auch einige Journalisten fanden den Weg nach Dresden. Die Landwirtschaft als Branche befindet sich in einem herausfordernden Transformationsprozess, erklärte Günther. Es bleiben durchaus Fragen, bei denen es politisch unterschiedliche Antworten gibt.
GAP
Die für Landwirte wichtigste Antwort lautet: „Bis Mitte Oktober bekommen wir die Vorlagen für die Eco-Schemes“, sagte Günther. Julia Klöckner fasste die derzeit noch offenen Fragen, die sich zu einem großen Länderunmut angestaut haben, zusammen. Sie habe noch vor der Einigung im Trilog in Brüssel den Weg für die Grundlagen eingeleitet. Das Europaparlament wird erst im November über die GAP abstimmen, aber „wir sind vor der Welle.“
Der Zeitplan:
Aktuell läuft die Ressortabstimmung nach Zustimmung aus dem Bundeskanzleramt.
Bis zum 15. Oktober sind die Ressorts und der Normenkontrollrat beteiligt
Länder und Verbände beteiligen sich parallel ebenfalls bis zum 15. Oktober
Die Übersendung der Kabinettsvorlage an das Kanzleramt wird bis zum 26. Oktober bewerkstelligt
Am 03. November findet die entscheidende Kabinettssitzung statt
Am 26. November findet fristverkürzt die Entscheidung im Bundesrat statt
Dann hat die geschäftsführende oder neue Bundesregierung bis zum 30. Dezember Zeit für die Verkündigung.
Die Notifizierung in Brüssel erstreckt sich über das Jahr 2022 hinweg. Landwirtschaftsminister Till Backhaus kann möglicherweise seinen Landwirten zur Anbauplanung im Sommer 2022 den vollständigen Plan mit Förderprogrammen und Prämienhöhe unterbreiten. Für ihn war zurückblickend der wichtigste Schritt der AMK-Beschluss im März 2021, die den gesamten Fahrplan inklusive BMEL-Vorbereitung abgesegnet hat. Für den Ökolandbau werden ebenfalls Programme dabei sein. Für den Ökolandbau ist es wichtig, dass die Bundesländer mit den Umstellungs- und Beibehaltungsprämien auch außerhalb der GAP gefördert können, damit es nicht zu einer Doppelförderung innerhalb der GAP kommt. Nordrhein-Westfalen zahlt derzeit rund 220 Euro je Hektar.
Düngeverordnung und AVV
Große Unsicherheit besteht über das Schreiben der EU-Kommission, dass diesen Sommer für eine Neuverhandlung der Düngeverordnung hätte sorgen können. Peter Hauk (CDU) hat das Thema noch einmal erklärt: Die Düngeverordnung ist in Brüssel nicht strittig. Auch die Allgemeine-Verwaltungsverfügung nicht. In Bund-Länder-Arbeitstreffen haben die Bundesländer die Modellierungen und Binnendifferenzierung der Nitratgebiete eingebracht und umgesetzt. Was die Kommission hellhörig gemacht habe, war die im Anschluss deutlich reduzierte Ausweisung der roten Gebiete mit Nitratüberschuss. Nach Klöckner sind die Fragen der Kommission berechtigt und die Länder können jetzt ihre Umsetzungen erläutern. Gespräche dazu hat es in der vergangenen Woche gegeben. Das Damoklesschwert könnte eine deutliche Ausweitung der roten Gebiete in den Bundesländern geben. „das gibt einen Aufstand bei den Bauern“, orakelt Backhaus. Jedem sei aber klar, dass Nitrat aus den Gewässern raus müsse. Axel Vogel aus Brandenburg (Bündnis 90/Die Grünen) wird kritisiert, weil das Bundesland als Alternative die Gewässerrandstreifen eingeführt hat.
Bei diesem Thema ist das Ende noch offen.
Fleischmarkt
Wolfram Günther weiß, dass der Strukturbruch mit den niedrigen Preisen in der Schweinehaltung viele Ursachen hat. Die Afrikanische Schweinepest komme noch zusätzlich hinzu. „Der Preisverfall ist ein Symptom, dass das System nicht funktioniert.“ Die Lage ist alles andere als temporär, ergänzt Klöckner. Die Futtermittelkosten sind sehr hoch, es gibt eine kritische Absatzsituation mit reduziertem Fleischverzehr, schwacher Grillsaison und in der Pandemie geschlossener Gastronomie. Die Marktöffnungen für regionalisiertes Schweinefleisch sind nicht genug. Die Gespräche mit China seien intensiv, aber Erfolge nicht schnell zu realisieren. Zusammen mit Till Backhaus kritisiert sie die „Marketingaktionen des Lebensmittelhandels, der Haltungsstufen einfach streicht, aber kein Konzept bereit hält, welche Betriebe die Mengen für die anderen Haltungsstufen erzeugen sollen.
Immerhin bekennt sich die AMK erneut zum Borchertplan für den Umbau der Tierhaltung. Dazu für die Umsetzung haben die Minister den Beschluss für ein dreistufiges, staatliches und verbindliches Tierwohllabel gefasst. „Wohlwissend, der juristischen Klippen, wie das EU-Recht“, ergänzte Klöckner. Deswegen heißt es im AMK-Beschluss undeutlich: „Es muss ein tragfähiges Finanzierungskonzept gefunden werden.“ Die Mehrheit der Länder spricht sich für eine Tierwohlabgabe aus. Backhaus stellt sich 41 Cent je Kilo Fleisch und zwei Cent für einen Liter Milch vor.
Der Umbau steht im Zielkonflikt mit dem Bau- und Emissionsrecht. Die AMK hat beschlossen, dass Tierwohl bei Abwägungen mit den beiden Rechtskomplexen Vorrang erhalten soll.
Der Wald
Zum Wald es gibt es sehr viele Protokollerklärungen. Eine „Waldprämie“ soll nicht als Flächenprämie ausgezahlt werden, sondern als Leistungsprämie, wenn der Status quo verbessert wird, so Günther. Das BMEL hat die bisherige Waldprämie mit 120 Euro je Hektar nach verschiedenen Zertifizierungskriterien in einen Sockel- und Aufschlagsbetrag weiter entwickelt. Dass die 200 Millionen Euro für das Jahr 2022 aus dem Emissions- und Klimafonds stammen sollen, scheint unstrittig, auch wenn die AMK dazu noch keine Festlegung getroffen hat. Das Geld könne nach Hauk jedenfalls nicht aus den Steuereinnahmen bereit gestellt werden. Es fehlt allerdings noch ein Verteilungsmechanismus. Derzeit laufe die Ressortabstimmung und die Bundesländer wurden mit der heutigen AMK informiert.
Weitere Themen
Der Moorschutz sichert Klima-Arten und sauberes Wasser. Für die schnelle Umsetzung könnten die ostdeutschen Länder mögliche Flächen aus dem Bodenfonds der BVVG zugestellt bekommen. Ansonsten müsse für die Teilnahme das Freiwilligkeitsprinzip gelten, sagte Backhaus.
Einheitlichkeit fordert auch Sachsens Wolfram Günther beim Hochwasserschutz. Das Thema könne jedes Bundesland treffen. Daher sollte der Bund bei Polder- und Renaturierungsmaßnahmen für einheitlichen Entschädigungsverfahren und Finanzgrößen sorgen.
Auf Hessens Antrag hin fordern die Länder den Bund zum Aufbau eines bundesweiten Modellbetriebsnetz Biodiversität auf.
Für die Bruderhähne als Alternative des Kükentötens müsse der Bund spezifische tierschutzrechtliche Regelungen treffen. Es fehle auch noch an speziellen Schlachtstätten.
Roland Krieg
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