Mob Grazing für Nordostdeutschland?

Landwirtschaft

Weidetiere im engen Herdenverband

Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) und die Deutsche Stiftung Umweltschutz probieren ein neues Weideverfahren aus. In Nordamerika und Afrika wird das so genannte Mob Grazing praktiziert, weswegen Erfahrungen bereits vorliegen. In den nächsten 30 Monaten sollen weitere wissenschaftliche Daten für Nordostdeutschland gesammelt werden.

Weiden im Herdenverband

Schafe und Rinder beweiden Grünland in einem engeren Verband. Rinder lockern den Verband beim Wiederkäuen wieder auf und liegen auf der Weide verstreut. Beim Mob Grazing allerdings wird die Beweidungsdichte deutlich erhöht. Die Tiere fressen auf kleinerer Fläche und werden nach kurzer Zeit auf die nächste Fläche getrieben. So fänden die Tiere besseres Futter und die herunter getretenen Weidereste wirken sich positiv auf Böden und Biodiversität aus. Die Tiere fressen nach Projektleiterin Prof. Dr. Inga Schleip nur die besten Pflanzenteile. Kot und Harn werden auf den verbleibenden Weideresten verteilt.

Vorteile

Als Vorteile sollen sich eine längere Weidezeit und ein zunehmender Grünlandertrag  einstellen. Durch die kurze Fresszeit auf der Fläche sinke die Zahl der Parasiten. Die Weiden müssen nicht nachgemäht werden, was Arbeits- und Dieselkosten spart. Insekten und Vögel finden einen abwechslungsreichen Lebensraum vor.

Kosten?

Auf einem Betrieb im Biosphärenreservat Schorfheide wird das Mob Grazing getestet. Alle sechs Wochen werden die Rinder gewogen, ihnen Kot- und Blutproben entnommen, um die Parasitenbelastung zu messen. Als Parameter für die Biodiversität werden die Bestände an Tagfaltern und Brutvögel sowie die vorhandene Vegetation herangezogen. Falls es gelingt, die Tiere beim Mob Grazing kostendeckend auf den Flächen zu halten, „wäre das ein Gewinn für die Natur und Landwirtschaft.“ Das Schlüsselwort lautet aber kostendeckend. Die Flächen müssen eingezäunt sein, damit der Verband eng zusammenbleibt und die Tiere müssen regelmäßig umgetrieben werden. Mobile Zaun- und Arbeitskosten müssen in die Berechnung der intensiven Umtriebsweide einfließen.

Es gibt aber auch schon, wie Manuel Winter in der Schweizer Zeitschrift „Landwirt“ (14/2018) schreibt, automatische Weidezaunöffner. Diese werden am Zaun angebracht und öffnen mit Hilfe einer Zeitschaltuhr das Tor für die neue Koppel.

Winter hat in seinem Artikel dargelegt, dass die Tiere auf engstem Raum nicht eingesperrt werden dürfen. Für Liegen und Wiederkauen müssen sie auf die zuvor verlassenen Koppeln zurück ausweichen können. Die sollen erst nach drei Tagen verschlossen werden.

Erfahrungen

In Nordamerika wird das Mob Grazing hoch gelobt und als ganzheitlicher Beweidungsansatz geführt. Neil und Barbara Dennis in Redvers (Kanada) praktizieren es und haben auf Ihrer Webseite Bilder und ein Video eingestellt, die das Mob Grazing zeigen. Sie setzen die Herde täglich um und schreiben zu einem ihrer Bilder, dass der Umtrieb Training braucht. Sowohl für die Rinder als auch beim Personal [1].

In einer aktuellen Bachelorarbeit an der Universität für Bodenkunde in Wien haben die Studierenden ein Konzept für einen Mutterkuhbetrieb in Niederösterreich geschrieben. Das Mob Grazing hat seinen Ursprung, um der Trockenheit auf dem Grünland zu entgehen. Trockenes Grünland zeigt keine Veränderung der Artenzusammensetzung mehr. Für einen Betrieb sind die Parameter Besatzdichte, Aufwuchshöhe und Rastzeit wichtig. In einem Beweidungsversuch wurde umgerechnet eine Herde mit 600 Tonnen Lebendgewicht / Hektar geprüft. Das entspricht 1000 Großvieheinheiten (GV) / ha. Für die Vorstellung der Dichte: Viehdichte Regionen in Deutschland kommen auf 4 GV/ha, in Nordostdeutschland sind es 0,5 GV/ha. Das Mob Grazing findet allerdings nur sehr kurzfristig statt [2].

Für das Weidemanagement wurde ein Plan mit festem Außenzaun und mobilen Paddock-Zäunen entwickelt. Wichtig ist, dass zwischen den Koppeln ein Treibgang für den Weidewechsel notwendig wurde. Zudem müssen in jeder Koppel Wasserstellen verfügbar sein. Auch das ist ein Kostenfaktor.

Leichter geht die Umstellung bei Tieren, die regelmäßiges Weitertreiben bereits gewöhnt sind.

In Schottland organisieren die ökologischen Nutztierhalter innerhalb der Soil Association regelmäßige Treffen für die Untersuchungen des Mob Grazing [3].

Skepsis ist aber auch erlaubt. So kommt Weidespezialist Dennis Haddock von der Universität Georgia in der Zeitschrift „On Pasture“ 2017 zu dem Ergebnis, dass die Ziele von Mob Grazing durch eine gut organisierte traditionelle Umtriebsweide mit regelmäßigem Weidewechsel und mäßigem Tierbesatz auch erreicht werden könnten [4].

Forschung

Alle Quellen  grenzen ein, dass für das Mob Grazing nicht genug Daten für eine eindeutige Bewertung zur Verfügung stehen. Für Nordostdeutschland wird die HNEE die Lücke schließen.

Lesestoff:

[1] Mob Grazing auf den Sunnybrae Acres: http://sunnybrae-acres.com/?page_id=14  

[2] Konzepterstellung für die Weidestrategie Mob Grazing …: https://www.raumberg-gumpenstein.at/cm4/de/forschung/publikationen/downloadsveranstaltungen/viewdownload/3256-3666-wt-rekult-iriswiesen/31331-konzepterstellung-fuer-die-weidestrategie-mob-grazing-fuer-einen-mutterkuhbetrieb-in-niederoesterreich.html  

[3] Mob Grazing in Schottland: https://www.soilassociation.org/our-work-in-scotland/scotland-farming-programmes/field-labs/mob-grazing-scotland/

[4] US-Zeitschrift „On Pasture“: https://onpasture.com/2017/11/06/is-mob-grazing-as-effective-as-we-thought/

Roland Krieg

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