Mon810: „Herzschlagfinale“
Landwirtschaft
EU votiert für Selbstbestimmung
Für Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich ist die Abstimmung im Umweltministerrat in Brüssel so gewesen, „als ob Österreich Fußball-Europameister geworden wäre“, zitiert ihn die Kronenzeitung. Aus den notwendigen 255 Stimmen einer Zweidrittelmehrheit für das Anbauverbot des gentechnisch veränderten Mais wurden letztlich 282. Damit darf das nationale Anbauverbot in Österreich und Ungarn weiter bestehen und nach drei vergeblichen Anläufen soll die EU von einem weiteren Versuch, das Verbot zu kippen, Abstand nehmen. Die auch in Frankreich und Griechenland bestehenden Anbauverbote werden damit wohl auch bestehen bleiben können. Darüber wird später abgestimmt.
„Historischer Sieg“
„Ich bin sehr froh und stolz darauf, dass wir uns durchgesetzt haben. Der Kampf hat sich gelohnt, ich konnte ausreichend Amtskollegen überzeugen, für Österreichs Gentechnikfreiheit im Anbau zu stimmen. Das ist ein unglaublicher Erfolg für Österreich und zeigt, dass in der EU auch Einzelinteressen akzeptiert werden, wenn man die besseren Argumente hat,“ so Berlakovich, er inoffiziell auch von einem „historischen Sieg“ gesprochen haben soll.
Auch die Opposition zeigte sich glücklich. Der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer sprach von einem „Sieg der Vernunft über mächtige Wirtschaftsinteressen“.
Das Agrar-, Umwelt und Verbraucherministerium, das in Österreich Lebensministerium heißt, teilte abschließend mit: „Das Anbauverbot bleibt aufrecht und wir werden den Willen der österreichischen Bevölkerung nach entsprechend auch weiterhin auf den Anbau der Maissorten verzichten.“ Möglich wurde das, weil auch Sigmar Gabriel für Deutschland für das nationale Anbauverbot stimmte.
Zweifel an der Zulassungspraxis
Kritik gibt es an der Zulassungspraxis, bei der die EU-Kommission den Ländern auf Empfehlung der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA einen Beschluss vorlegt, der nur mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt werden kann. Hier sieht Gabriel die Befürworter der Gentechnik im Vorteil.
Der Präsident des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Felix Prinz zu Löwenstein, erinnerte daran, dass die Zulassung für die Maissorte bereits seit zwei Jahren ausgelaufen sei und forderte eine Reformierung der EFSA, weil sie „Gen-Pflanzen nur unzureichend prüfe“.
Ökobranche ist zufrieden
Für Thomas Dosch, Präsident von Bioland, ist die Stützung der nationalen Anbauverbote eine Richtungsentscheidung für mehr Demokratie und ein agrarpolitischer Meilenstein in der EU: „Umweltminister Gabriel ist der hohen Verantwortung Deutschlands bei dieser historischen Richtungsentscheidung nachgekommen und hat im Interesse der Verbraucher und der Landwirte in Europa gestimmt. Die Gentechnik verursacht in der Landwirtschaft viele Probleme, kann aber keine Lösungen beisteuern, die nicht selbst wieder Ursache für neue Probleme beinhalten. Der heutige Beschluss im Umweltministerrat gibt Hoffnung auf eine grundlegende Wende in der Ausrichtung der Landwirtschafts- und Verbraucherpolitik der EU.“
Bioland hofft nun, dass Agrarministerin Ilse Aigner noch vor der Aussaat die Maissorte MON810 verbietet.
roRo; Foto: Lebensministerium