MV: Bund soll ASP und AI nationale Bedeutung zuweisen
Landwirtschaft
Die Grenzen des Bundeslandes bei Tierseuchen
Die rot-rot Koalition in Mecklenburg-Vorpommern forderte in einem Antrag des Landesparlamentes vom Bund die Anerkennung der Tierseuchen der Afrikanischen Schweinepest und der Aviären Influenza als Tierseuchen von nationaler Bedeutung. Damit würde Berlin Finanzmittel für mehr Forschung, Entwicklung und Impfstoffsuche ausgeben können. Hintergrund ist das stille Einverständnis, dass Mecklenburg-Vorpommern die Grenzen der Bekämpfung der beiden Tierseuchen erreicht hat.
Fortschreiten der Eskalation
Bei der Aviären Influenza (Geflügelpest) tragen Zugvögel das Virus in die Standortpopulationen ein. In diesem Winter früher als im vergangenen Jahr und mit deutlicher Ausbreitung nicht nur in Norddeutschland. Vor mehr als einem Jahr wurde ein am Virus der Afrikanischen Schweinepest verendetes Wildschwein in Brandenburg gefunden. Nach der Ausbreitung im Land und Sachsen tauchte es erstmals am 15. Juli in einem Haustierbestand auf. In Mecklenburg-Vorpommern, wo entlang der Grenzen zu Polen und Brandenburg Zäune aufgebaut wurden, um Wildschweinen das Ausbreiten des Virus zu erschweren.
Schon seit 2009 hat das Land mit Agrarminister Till Backhaus Maßnahmen gegen die nach Westen vorrückende Seuche ergriffen. Allerdings wurde aus dem „Punkteintrag“ in Lalendorf bald ein zweiter Infektionsherd im Landkreis Ludwigslust-Parchim ausgemacht, der Schleswig-Holstein und Niedersachsen in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt hat. „Natürlich hatten wir die Hoffnung, verschont zu bleiben“, sagte Backhaus im Schweriner Landtag. Es gibt auch keinen Fall in Vorpommern, direkt an der polnischen Grenze. „Aber 160 Kilometer von Polen entfernt im Binnenland, damit haben wir nicht gerechnet.“ Immerhin wurde seit Anfang Dezember kein neuer Ausbruch mehr festgestellt.
Die Kommunen werden nervös. Im Landkreis Mecklenburger Seenplatte wurde zur Wildschweinbejagung am 10. Dezember eine Allgemeinverfügung erlassen, ergänzte Elke-Annette Schmidt (Die Linke). Mit Wildschutzzaun, Wild-Sammelstellen und Drohnen versucht das Land, die Seuche wieder los zu werden.
Bei Stimmenthaltung der völkischen AfD und Bündnis 90/Die Grünen wird die Landesregierung koordinierte maßnahmen mit Landwirten, Jägern, den Veterinär- und Lebensmittelüberwachung die Maßnahmen zur Eindämmung von AI und ASP weiter betreiben. Hoffnung setzen sowohl die Grünen als auch die rot-rote Koalition auf die neue Bundesregierung, bei der die Ausbreitung der Tierseuchen als „Aufgabe von nationaler Bedeutung“ angesehen wird, was eine haushälterische Beteiligung an der Vorbeugung und Bekämpfung des Seuchengeschehens nach sich ziehen würde. Auch Folgekosten im Seuchenfall könnten von Berlin aus getragen werden. Darüber hinaus will Schwerin sich für mehr Forschung und Entwicklung für Impfstoffe gegen ASP und AI einsetzen. In Berlin hatte der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir den ASP-Krisenstab einberufen und mit der neuen Staatssekretärin Silvia Bender (Bündnis 90/Die Grünen), vormals aus dem ASP-gebeutelten Brandenburg, getagt. Neben der SPD und Die Linke hegen auch die grünen Norddeutschen mit Harald Terpe und die FDP-Politikerin Sandy van Baal Hoffnung auf neue Berliner Schritte.
Die Grenzen erreicht
Gegen die ASP sind kaum mehr als Biosicherheitsmaßnahmen und Grenzzäune zu erhöhen und zu ziehen. Die Reduktion der Wildschweinbestände ist mit neuem Schadenersatz im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Höhe von 100 Euro je Wildschwein, allgemeiner Pürzelprämie sowie Geld für Fallwildmeldungen die Grenze des Machbaren erreicht.
Im Detail aber gibt es auch noch in Mecklenburg-Vorpommern Defizite. Aktuell ist Saison für Drückjagden. Elisabeth Aßmann von der SPD mahnt die Veranstalter zur Überprüfung, woher die Jagdgäste international und national kommen. Hunde sollen zwischen zwei regional verschiedenen Drückjagden gewaschen werden und Landwirte sollen Schuhe und Kleidung zwischen Jagd und Stall wechseln. Das alles sind zusätzliche Infektionsherde, wie auch die Bevölkerung noch deutlicher aufgeklärt werden müsse.
Mit Blick auf die Geflügelpest hat das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) auf die Risikofaktoren Teiche und Futtersilos hingewiesen. Derzeit wird das Virus überwiegend über Teiche in Privat- und Hobbyhaltungen auf die Nutztiere eingetragen. Die Kreisveterinäre weisen ständig auf die Gefährdung hin – aber das Seuchengeschehen zeige die geringe Beachtung der Vorschläge.
Die Bundesländer sind stellvertretend mit Mecklenburg-Vorpommern an ihre Grenzen angelangt. „Es geht nicht mehr ausschließlich allein“, sagte Aßmann. Daher hat die Koalition den Antrag gestellt, der den Bund mit ins Boot holen soll.
Roland Krieg
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