Nach dem Raps in den Kohl

Landwirtschaft

Schwarze Plagegeister nerven Bauern und Spaziergänger

Die gelb-blühende Rapspflanze gilt als leuchtender Farbtupfer in der Landschaft und als Hoffnungsträger für erneuerbarer Energien. Die Gentechnikproblematik ausgeklammert, sorgt Raps nur für gute Laune. Allerdings sorgte sich das Brandenburger Agrarministerium schon vor einigen Monaten, dass die gelbe Farbe aus der Landschaft zu verschwinden droht. Der Grund: Meligethes aeneus – der blau-schwarze Rapsglanzkäfer. Bei Temperaturen über 15 °C fliegt er in die Blütenstände und nascht vom Blütenstaub. Sind aber die Knospen noch verschlossen, dann knabbert er sie auf, um an die Leckereien zu kommen. Keine Knospen, keine Blüten, keine gelbe Farbe auf dem Land.

Resistente Käfer
Seit 2003 liegen erste Hinweise vor, dass der kleine Käfer gegen die bisher eingesetzten Pflanzenschutzmittel Resistenzen zeigt. Bei diesen Tieren ist ein Enzym aktiv, welches den eingesetzten Pyrethroidwirkstoff schneller abbaut und damit unwirksam macht, fasst die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) zusammen. Die Bundesländer, die vor der Saison 2006 dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelrecht (BVL) Resistenzen gemeldet hatten, konnten Ausnahmegenehmigungen für neue, noch nicht zugelassene Insektizide erlangen. Bereits vor dem nächsten Jahr bemühen sich die Biologische Bundesanstalt (BBA), der Berufsstand und die Pflanzenschutzmittelindustrie um neue Mittel. Darunter sind auch neue Wirkstoffe wie Neonicotinoide.

Keine Überraschung bei der Massenvermehrung
Die Käferpopulation befand sich nach einigen Jahren verhaltenen Aufbaus jetzt in der Phase der Massenvermehrung, was nach Angaben des Landwirtschaftministeriums Mecklenburg-Vorpommerns durchaus prognostiziert wurde. In so starker Zahl trat das Insekt, das für den Menschen vollkommen ungefährlich ist, vor etwa 20 Jahren auf. „Für die Landwirtschaft ist der winzige Nervtöter ein echtes Problem“, klagt Minister Dr. Till Backhaus aus Schwerin.
Derzeit sind nicht nur die Altkäfer unterwegs, sondern auch bereits die nächste Jungkäfergeneration, die sich jetzt schon „den Winterspeck“ anfressen muss. Da es aber keine Rapsblüten mehr gibt, fallen die kleinen, etwa 2 mm großen Insekten in den Gartenbau ein. 100 Käfer je Broccoli und Blumenkohl macht die Ware aus dem Erwerbsgartenbau unverkäuflich. Das Ministerium in Schwerin beziffert den Schaden im Raps auf 5 bis 10 Prozent – im Gartenbau könne man allerdings von einem Totalschaden ausgehen. Minister Backhaus fordert für den Gartenbau vergleichbare Ausnahmegenehmigungen für Pflanzenschutzmittel wie beim Raps.
Im Gemüsebau gibt es aber keine vom vorbeugenden Verbraucherschutz als unbedenklich eingestufte Wirkmittel.

Kein Gelb tragen
Wanderer und Radfahrer können den kleinen Käfern viel einfacher entgehen. Das Tier wird von Gelb- und Orangetönen angelockt. „Kleidet man sich etwas gedeckter, kann man MV ungestört genießen“, lockt das Bundesland die Besucher. Ende August ist für dieses Jahr der Spuk vorbei: Meligethes aeneus begibt sich in sein Winterquartier in die Streuschicht von Hecken, Feldgehölzen und Waldrändern. Der „Winterschlaf“ endet im nächsten April.

VLE

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