Nachhaltige Futtermittel

Landwirtschaft

Wie nachhaltig sind Futtermittel?

„Schon wieder so etwas begrenzendes“, stöhnte Hubertus Paetow, Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). Aus der Sicht des Ackerbaus bringt der nachhaltige Feldbau auch automatisch nachhaltige Futtermittel hervor. Argentinien könne ökologisch günstiger Protein statt Weizen anbauen, während Deutschland günstiger Weizen statt Protein für die Fütterung erzeugt. Der internationale Handel führe zu einem Ausgleich der Produkte. Hinter dieser Betrachtung liegt der Fokus auf die Flächeneffizienz. Wenn Deutschland für den Bedarf an Protein mehr Fläche benötigt als Argentinien, dann sei das nicht nachhaltig.

Das war ein Schlaglicht auf das Thema „Nachhaltige Futtermittel“, auf das die Sondersitzung Agrar beim Politischen Frühstück der Kommunikationsagentur genius vergangenen Donnerstag in Berlin warf. Keine Frage, Nachhaltigkeit ist Verbrauchertrend, betont Albert Stegemann, agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Aus diesem Grunde spendiert die Bundesregierung rund sechs Millionen Euro in die Umsetzung einer Eiweißstrategie für die Tierhaltung. Stegemann liegt mit Paetow auf einer Linie. „Die ökologische Lanwirtschaft steht nicht dafür, Ressourcen optimal einzusetzen.“ Die Flächeneffizienz sei standortabhängig und international auszulegen.

Der durch das agrarpolitische Greening hervorgerufene Trend, mehr Leguminosen anzubauen, bedeutet aber angesichts des züchterischen Rückstands von rund 30 Jahren, keine Nachhaltigkeit per se. Bei Ackerbohnen und Futtererbsen sind nur drei von fünf Ernten zufriedenstellend, unterstreicht die FDP-Politikerin Carina Konrad, die einen eigenen Hof bewirtschaftet. Schon Paetow plädierte in seiner Rede für Raps als heimische Futterpflanze, die neben der Auflockerung von Fruchtfolgen auch Öle für die menschliche Ernährung und Biokraftstoffe bereit stellt.

Konrad definiert die Nachhaltigkeit auch vom Tier aus. Der Zuchtfortschritt bei Schwein und Rind muss ausgefüttert werden, damit die Tiere gesund sind und keine Mangelerscheinung haben. In Deutschland geschlachtete Schweine zeigen zu 70 Prozent eine Prävalenz für Magengeschwüre, weil sie zwar proteinreiches, aber faserarmes Futter erhalten. Die Futterwirtschaft reagiert und bietet mittlerweile aufgearbeitetes Sonnenblumenschrot an, belegt Petra Sprick vom Verband der ölsatenverarbeitenden Industrie (OVID). Proteinreiches und faserarmarmes Futter macht die Sau satt, während säugende Sauen mehr Protein und wenig Faser vorgesetzt bekommen. Auch das ist durch die Nachernteaufbereitung eine Steigerung der Flächeneffizienz [1].

Der DLG-Präsident legt Wert darauf, dass die Freiheit von gentechnisch verändertem Futter nicht gleichbedeutend mit dem Verbot des Welthandels einhergehe, wie von Kritikern gerne vermischt wird.

Rosalind Leeck vom amerikanischen Exportverband für Soja verweist darauf, dass die USA weltweit das meiste GVO-freie Soja produzieren und bei steigender Nachfrage auch mehr erzeugen wollen. Aktuell sind sieben Prozent des angebauten Soja GVO-frei. Derzeit müssen dafür Mehrkosten von rund 100 US-Dollar je Tonne bezahlt werden. Die europäische Erzeugung über das Projekt Donau-Soja reiche nicht für die Deckung des Bedarfes aus. Die amerikansichen Sojaerzeuger haben den europäischen Markt fest im Blick. Zudem haben die USA mit dem US Soybean Sustainability Assurance Protocoll ein Zertifizierungssystem geschaffen, das den Anbau auf Niedermoorstandorten verbietet, Biodiversität beachtet und die Erosion vermindert. Das Zertifikat ist von der Fefac, dem Europäischen Dachverband der Futtermittelindustrie, anerkannt. Das Beschaffungskomitee der Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio wird auf das SSAP-zertifizierte Soja ebenfalls zurückgreifen.

Generell haben die USA in den letzten 35 Jahren den Sojaanbau auf 40 Prozent weniger Fläche, bei 35 Prozent weniger Energieinput und 40-prozentiger Ertragssteigerung angebaut.

Was den Amerikaner ihr Soja ist, stellt für die Deutschen der Raps dar. Die schon genannte Multifunktionalität des Kreuzblüters ist aber in Gefahr. Stephan Arens von der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) sieht in der Vernachlässigung des Rapses in der europäischen Biokraftstoffpolitik eine Gefahr für den Anbau einer wichtigen heimischen Eiweißquelle für die Nutztiere. Vor allem in südlicheren und westlicheren Fruchtfolgen könne der Raps die notwendige Aufweitung sicher stellen. Dazu brauche es aber auch funktionierende Absatzmärkte. Die Koalition in Berlin will die Treibhausgasquote in der Biokraftstoffpolitik anheben und so den Weg für mehr Raps frei machen, versprach Stegemann.

Lesestoff:

[1] Ein weiteres Beispiel ist Roggen für den Schweinetrog im Rahmen des 6-R-Konzeptes: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/superfood-roggen-fuer-den-schweinetrog.html  

Roland Krieg

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