Nachlese Bundesrat

Landwirtschaft

Erste Novembersitzung der Länderkammer

Mehr Demokratie wagen

„Wir wollen mehr Demokratie wagen“, versprach Bundeskanzler Willy Brandt am 28. Oktober 1969 in seiner Regierungserklärung. Parteienkel Michael Müller, seines Zeichens Regierender Oberbürgermeister von Berlin, hat am Freitag die Präsidentschaft des Bundesrates übernommen und wandelt in sozialdemokratischen Spuren: „Demokratie lebt vom sich einmischen!“, sagter er in seiner Eröffnungsrede. Es ging gleich in der ersten Sitzung nach der Bundestagswahl um mehr Demokratie in der Europäischen Union. Wenig bekannt, gibt es seit 2011 Bürgerinitiativen, die durchaus erfolgreich sind, aber zu wenig genutzt werden [1]. Die Kommission hat Vorschläge vorgelegt, Bürgerinitiativen zu erleichtern. Die zielen in Richtung der „europäischen Öffentlichkeit“, zitierte Staatssekretär Rainer Sontowski (SPD) aus dem Auswärtigen Amt den Philosophen Jürgen Habermas. Die Bürgerinitiativen werden bürgerfreundlicher und zugänglicher. So soll eine zentrale Plattform für die Initiatoren den rechtlichen und fachlichen Austausch erleichtern, eine zentrale Plattform für die Stimmabgabe den nationalen Aufwand von Zertifizierung und Kosten reduzieren und möglicherweise schon ab dem 16 Lebensjahr abgestimmt werden dürfen. Konkrete Textarbeit findet am 01. Dezember für einen Abschluss zum Jahresende 2018 statt, so dass die neue Bürgerinitiative bereits ab 2020 inkraft treten könne. Die Bundesregierung bringe sich seit 2015 für eine Stärkung der europäischen Bürgerinitiative ein.

In einer gefassten Entschließung sieht die Länderkammer „jedoch noch Überarbeitungs- und Prüfbedarf“. Auch wenn die Fristverlängerung für die Stimmabgabe von 12 auf 18 Monate keine Mehrheit fand. Benjamin-Immanuel Hoff, Thüringens Europaminister, bezeichnete den Kommissionsvorschlag als „mutlos“. Die Bürgerinitiativen haben ein „großes, aber unausgeschöpftes Potenzial“. So sollten die BI auch für Bürger offen stehen, die aus Drittstaaten kommend, schon eine bestimmte Zeit in der EU leben. Die Organisation einer Initiative koste zudem Geld, das aus dem EU-Budget erstattet werden sollte. Sonst würden sich langfristig nur finanzstarke Lobbyisten der verstärkten Bürgerinitiative annehmen können. Und am Ende solle das von den Bürgern gewählte Europaparlament ein Überprüfungs- und Aufhebungsrecht bei der Registrierung einer BI besitzen. Das fand aber im Europaausschuss des Bundesrates keine Mehrheit.

Großfeuerungsanlagen

In Deutschland gibt es rund 600 Großfeuerungsanlagen, die mit einem gewaltigen fossilen und biogenen Stoffstrom große Mengen an Strom und Wärme bereitstellen. Sie haben eine Mindestleistung von 50 MW. Im Jahr 2013 haben sie beispielsweise 346 TWh elektrische Energie erzeugt, was rund 56 Prozent der Bruttostromerzeugung entspricht. Entsprechend hoch fallen die Emissionen aus Kohlendioxid, Schwefel- und Stickoxide sowie Feinstaub und Schwermetalle aus. Bei Kohlendioxid sind die Großfeuerungsanlagen für 46 Prozent der Emissionen in Deutschalnd verantwortlich [2].

Für die erste Änderungsverordnung zu Großfeuerungsanlagen fand sich im Bundesrat keine Mehrheit für eine Sonderegelung von Staubemissionen bei Hartholz in der Sulfitzellstoffproduktion. Vorschläge, die über eine 1:1-Regelung der EU hinausgehen wurden ebenfalls abgelehnt. In einer Entschließung bittet die Länderkammer die Bundesregierung, Rechtsverordnungen durch die EU innerhalb eines Jahres schneller anzupassen, damit die Anlagenbetreiber Änderungen fristgerecht anpassen können.

Fipronil

Der Wirkstoff Fipronil hat in diesem Jahr bislang schon die Schlagzeilen beherrscht. Bei Hunden und Katzen darf der Wirkstoff gegen Läuse eingesetzt werden, unterlag bis 2001 allerdings der Verschreibungspflicht. Künftig sollen auch Zubereitungen aus Methopren und Fipronil aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. Der Bundesrat hat sich am Freitag dagegen ausgesprochen. Gerade vor dem Hintergrund des illegalen Einsatzes in der Geflügelhaltung sei das ein „falsches Signal“ heißt es in dem Beschluss der Länderkammer. Die laufende Aufarbeitung des Fipronil-Skandals beinhalte auch eine neue Risikobewertung. Deshalb sollten vor Aufhebung der Verschreibungspflicht die wissenschaftlichen und politischen Ergebnisse in den Niederlanden abgewartet werden.

Lesestoff:

[1] BI bei Glyphosat erfolgreich: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/buergerinitiativen-bei-der-eu.html

[2] Großfeuerungsanlagen und nachhaltige Produktion: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/feuerungsanlagen/grossfeuerungsanlagen#textpart-1

Roland Krieg

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