13:50 +++ Nachlese Bundesrat

Landwirtschaft

Letzte Bundesratssitzung 2018

Dirk Behrendt mit Plüsch-Schwein

Ferkelkastration

„Kurz vor dem Mittagessen etwas unappetitliches “, kündete Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) seine Rede im Bundesrat am heutigen Freitag an. Er hatte ein Plüsch-Schwein mitgebracht, das neben den Mikrofonen auf die Runde der Ländervertreter schaute. Detailliert berichtete Behrendt, wie Ferkel kastriert werden und die Hoden „wie rote Kirschen“ aus dem Hodensack baumeln. Der Verbraucherschutz-Senator aus Berlin, der auch im Berliner Ausschuss für Agrarpolitik vertreten ist, wollte mit seiner Beschreibung die Mehrheit der Länder auf die Seite des Agrarausschusses des Bundesrates bringen, der die zweijährige Verschiebung des Gesetzes zum Ende der betäubungslosen Kastration, über den Vermittlungsausschuss zu Fall zu bringen.

Behrendt kritisierte die Bundesregierung und Landwirtschaftsbranche, dass die vom Gesetzgeber 2012 geplante Übergangszeit nicht genutzt wurde. Zumal es Alternativen gibt, die in den EU-Nachbarländern praktiziert werden. „Nicht mit uns“, forderte Behrendt, vergaß aber auf das Tierschutzgesetz hinzuweisen, dessen Formulierung „schmerzfrei“ die von den Nachbarländern genutzten Alternativen ausschließt.

Gegenüber dem Agrarausschuss, in dem jedes Bundesland eine Stimme hat, lehnte das Plenum der Länderkammer den Antrag deutlich ab. Die im Ausschuss ablehnenden Länder  Berlin (4), Hamburg (3), Bremen (3), Brandenburg (4), Hessen (5), Rheinland-Pfalz (4), Sachsen-Anhalt (4) und Schleswig-Holstein (4) wären mit ihrem Stimmenanteil (in Klammern) im Plenum alleine nicht auf die erforderliche Mehrheit von 35 Stimmen gekommen. Im Plenum hat die Länderpolitik das Ressortvotum im Ausschuss deutlich übertroffen.

Abgelehnt wurde auch er Entschließungsantrag, in dem der Bundesrat seinen Verfassungs-Vorbehalt gegen die Gesetzesverschiebung formulieren sollte. Die Verschiebung des Gesetzes durch den Bundestages brauchte keine Zustimmung des Bundesrates.

Energiesammelgesetz

Mit dem im Bundestag beschlossenen Energiesammelgesetz wurden Änderungen im Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG), dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und dem Energiewirtschaftsgesetz ausgelöst. Der Bayerische Bauernverband (BBV) sieht Licht und Schatten im Energiesammelgesetz, das der Bundestag Anfang Dezember verabschiedet hat. Durch das Gesetz werden Änderungen im Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG), dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und dem Energiewirtschaftsgesetz ausgelöst.

Positiv sei die Einführung einer zweiten Ausschreibung für Biomasse. Ab 2019 sind die Termine auf die Monate April und November festgesetzt. Allerdings sind auch drastische Vergütungskürzungen von mehr als 20 Prozent für neue Photovoltaikanlagen der Leistungsklasse 40 bis 750 KW ab dem 01. Januar 2019 vorgesehen. Die kurzfristige Ankündigung sei ein Vertrauensbruch, kommentiert Anton Kreitmair vom BBV-Landesfachausschuss erneuerbare Energie.

Im Bundesrat herrschte am Freitag die negative Einschätzung vor. „Die Klimapolitik, gerade auch die deutsche, hat bei der Umsetzung der Klimaziele versagt“, sagte Umweltministerin Ulrike Höfken aus Rheinland-Pfalz (Bündnis 90/Die Grünen). Vor allem das Trockenheitsjahr 2018 zeige, noch immer, seine Auswirkungen. Die Bundeswasserstraße Rhein verursache durch seinen niedrigen Pegel einen Millionenschaden in der Wirtschaft [1]. Erstmals hat Rheinland-Pfalz im Haushalt einen Etat für Klimaschäden berücksichtigt.

Höfken hält das Energiesammelgesetz nicht geeignet für eine „umfassende und rasche Energiewende“. Es komme zu spät und zu spärlich. Dem Gesetz fehle beispielsweise eine Regionalisierungskomponente. 90 Prozent der Windkraftanlagen entstehen im Norden, wo doch künftig im Süden fossile Kraftwerke wie geplant vom Netz gehen. „Das ist eine gefährliche Entwicklung.“

Die Mehrheit der Länder teilt die Ansicht und fordert die Bundesregierung zu einem weiteren Gesetzgebungsverfahren 2019 auf.  Ebenfalls wichtig ist den Ländern, dass Quartiersstromkonzepte ausdrücklich zugelassen werden und die Beschränkung auf weniger als 100 Wohneinheiten wegfällt. Zu streichen sei auch der Deckel bei Mieterstromanlagen von 500 MW pro Jahr.

Lesestoff:

[1] Allein zwischen Mainz und St. Goar befahren jährlich 50.000 Schiffe mit 60 Millionen Tonnen Güter den Rhein.

Roland Krieg; Foto: Screenshot Bundesratssitzung

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