Nachlese Bundesrat
Landwirtschaft
Weingesetz, Rohmilchgüte, Tiertransporte, Verpackung …
LANDWIRTSCHAFT
Weiterentwicklung Rohmilchgütegesetz
Die Milchgüteverordnung aus dem Jahr 1980 schreibt die Beschaffenheit der Rohmilch ab Erzeuger fest. Der technologische Fortschritt hat eine Änderung der Gütevorschriften, sowie die Verfahren zur Probenahme notwendig gemacht. Der Bundesrat hat das neue Rohmilchgütegesetz angenommen.
So ist das Auffinden eines Hemmstoffes, die Gesamtzahl von mehr als 100.000 Kolonien bildenden Krankheisterreger pro Milliliter Milch und das Überschreiten von mehr als 400.000 somatische Zellen je Milliliter sofort an den Abnehmer zu übermitteln. Ist der Hemmstoff identifiziert, muss er auch benannt werden. Die Güte ist Grundlage für den Milchpreis in Eurocent je Kilogramm. Der Umrechnungsfaktor auf Liter wird mit 1,03 festgelegt. Darüber hinaus hat der Abnehmer dem Milchbauern monatlich eine Milchgeldabrechnung mit der abgenommenen Menge in kg, dem Kaufpreis unter Berücksichtigung aller Zu- und Abschläge und den für die übernommene Menge zu zahlenden Kaufpreis zu erstellen.
Weingesetz
Das Weingesetz hat am Freitag die letzte Hürde des Bundesrates passiert. Damit passt Deutschland sein Weingesetz nicht nur dem romanischen Modell der Herkunftsbezeichnung an, sondern verabschiedet sich von der „Zuckerorientierung“, die bislang als Qualitätsmaßstab galt. Mit Zucker und Wasser wurde der Geschmack ausbalanciert und Weinqualitäten festgelegt, die es im Ausland nicht gibt. Jetzt steht vor allem dank der vielen Winzer, die in den vergangenen Jahren neue Vermarktungswege und höhere Wertschöpfung ihrer zum Teil kleinen Weinberge suchten, der Lagenprofilierung nichts mehr im Wege. Mit der letzten Bundesratssitzung erfüllt die Bundesregierung ihr Versprechen, das Gesetz noch 2020 in Kraft zu setzen.
Lagenweine
Der Gedanke, der dahinter steckt, lautet, je kleiner die Lage, desto qualitativer der Wein. Parallel ändert die Bundesregierung die Weinverordnung, die das Weingesetz unter andrem mit gelisteten Rebsorten umsetzen wird. Die dreistufige Bezeichnung sieht die Bezeichnungen „Deutscher Wein“, Weine mit geschützter geografischer Angabe (g.g.A. wie Landweine) und Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) vor.
Innerhalb der höchsten Qualität (g.U.) dürfen Anbaugebiete sowie Orts- und Lagenweine mit mindestens Kabinettsmostgewicht benannt werden. Die Vermarktung von Lagenweinen beginnt erst am 01. März des Folgejahres. Für die Lagenweine haben die Schutzgemeinschaften bis Ende 2023 Zeit, bis zu 12 Rebsorten zu definieren. Winzer sehen die Chance neuer Vermarktungsmöglichkeiten gegenüber traditionellen Weinanbauländern wie Frankreich, Italien und Spanien.
Auf das Terroir kommt es an
Kleine Lage, gute Qualität: Das stimmt natürlich nicht automatisch. Der Wein wird über sein Terroir bestimmt, zu dem neben den Bodeneigenschaften, das Mikroklima, die Rebsorte und die Kunst des Winzers über die Qualität entscheidet. Zuletzt hat der Würzburger Stein-Berg das europäische g.U. – Label erhalten. Seine Geschichte zeigt, dass Qualität nicht allein aus dem Weingesetzt heraus entspringt [1].
… und auf die Menge
Der Klimawandel hilft neuen Rebsorten Einzug in die deutschen Weinbaugebiete, auf der anderen Seite sind die Reben Trockenstress und neuen Krankheiten ausgesetzt. Winzer müssen die Herausforderungen ausbalancieren und gleichzeitig dafür sorgen, dass sie ihre neuen Qualitäten nicht durch Massenproduktion selbst entwerten. Dabei konkurriert die deutsche Steillage mit dem Weinanbau auf fruchtbareren Böden. Um die Steillage zu schützen, soll die Anbaufläche von derzeit rund 100.000 Hektar nur minimal ausgebaut werden. Bis 2023 sieht das Weingesetz ein Maximum von 300 Hektar neuen Rebflächen vor. Für die Absatzförderung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) eine Aufstockung der Finanzmittel von 1,5 auf zwei Millionen Euro vor.
Tiertransporte
Nordrhein-Westfalen hat zum Thema Tiertransporte einen Antrag auf Entschließung gestellt, der in den Agrarausschuss des Bundesrates überwiesen wurde. Im Fokus stehen Tiertransporte in Drittstaaten bei denen „Zweifel an der unionsrechtskonformen Durchführbarkeit von Tiertransporten nicht sicher ausgeräumt werden können“. Auch nach Abschluss des Transportes sollen die Tiere vor „tierschutzwidrigen Behandlungen“ geschützt sein. Die Entschließung soll nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Tierschutzgesetzes den Export, vor allem von Rindern, in Drittstaaten untersagen.
Der Antrag bezieht sich auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalens vom 10. Dezember unter dem Aktenzeichen Az. 20 B 1985/20, nach dem ein Transportverbot in einen Drittstaat nicht Rechtmäßig wäre. So eine Prognose müsse durch eine staatliche oder behördliche Stelle abgesichert sein. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht Köln rund einen Monat vorher eine Untersagung nach Medienberichten und Berichten von Nichtregierungsorganisationen für zuträglich gehalten. Mit der Entschließung will NRW den Wirtschaftsbeteiligten eine „klare und rechtssichere“ Lösung zusichern.
HANDEL
Verpackungsgesetz
Ab dem 01. Januar 2022 dürfen Händler keine Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern an Kunden nicht mehr abgeben und auch nicht mehr verkaufen. Ausnahme sind die so genannten Hemdchenbeutel, die für den Einkauf von losem Obst, Gemüse und Fleisch genutzt werden. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Verbraucher diese Beutel mehrfach verwenden. Hintergrund ist die weitere Verringerung der Einwegplastiktüten. Pro Kopf und Jahr verbraucht der Durchschnittskunde noch 20 Stück bei seinem Einkauf. Vorrang bei diesem Gesetz bekommt die Abfallvermeidung, weil die meisten unsachgemäß entsorgten Tüten in der Landschaft und in Gewässern landen.
Arbeitsschutzkontrollgesetz
Nach Einigung der Koalition hat der Bundesrat am Freitag den Weg für das pünktliche Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes zum 01. Januar 2021 gesorgt.
EEG
Auch das diese Woche im Bundestag final debattierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde vom Bundesrat gebilligt.
Für die Landwirte sendet das EEG 2021 unterschiedliche Signale aus, kommentiert der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Udo Hemmerling, die Novelle. So werde die Förderung für den Weiterbetrieb von Bioenergieanlagen deutlich verbessert, aber das „Kleingedruckte“ bei den Ausschreibungen enthalte neue Fußangeln. Der im Klimaschutzplan angekündigte Ausbau der Güllevergärung werde im EEG 2021 leider nicht umgesetzt. Bei den Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlagen bleibt es bei der brachialen Ausweitung der 110-Meter-Streifen auf 200 Meter entlang Autobahnen und Eisenbahnen, die zu Lasten der Landwirtschaft geht. Gleichzeitig wird ein neues Ausschreibungssegment für Agri-Photovoltaik geschaffen, also eine kombinierte Flächennutzung von Landwirtschaft und Solarenergie. Bei den PV-Dachanlagen ist die Ausweitung der EEG-Umlagebefreiung auf Anlagen bis 30 kW sehr zu begrüßen, denn damit gibt es für viele Landwirte Optionen zur Weiternutzung ausgeförderter PV-Anlagen über Eigenstromverbrauch.“ Hemmerling empfiehlt den Landwirten: „Betreiber von Biogas- und PV-Anlagen tun gut daran, die Weiternutzungsoptionen des EEG 2021 durchzukalkulieren.
Der Handel hat zahlreiche Dächer für Solaranlagen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisiert aber den Bürokratiedschungel für die Eigen-Nutzung und Weiterleitung von grünem Strom. Der HDE fordert eine Querfinanzierung der neuen Energien über einen CO2-Preis.
Das Hauptstadtbüro Bioenergie begrüßt die Rückbesinnung auf die Vorteile der Bioenergie im EEG, die rechtzeitig zum Erhalt vieler Anlagen komme, aber es gebe einige Hindernisse. So soll die „endogene Mengensteuerung“ bei unterdeckten Ausschreibungen maximal 20 Prozent der Gebote keine Zulassung erhalten.
In dem Zusammenhang hat der Bundesrat in einer Entschließung bedauert, dass kleinere Photovoltaikanlagen steuerlich nicht unterstützt werden. Die Länderkammer fordert die Bundesregierung auf, zeitnah eine Steuerbefreiung für Solaranlagen auf Dachflächen oder an Gebäuden mit einer Leistung bis zu zehn Kilowatt Photovoltaikleistung einzuführen.
Energiewende außerhalb des Bundesrates
Parallel hat sich die Bundesregierung auf eine Erhöhung der Anteile klimaneutraler Kraftstoffe im Verkehr geeinigt. Bis 2030 soll der Anteil von 20 auf 22 Prozent steigen, aktuell sind es sechs Prozent.
Der Landtag in Thüringen hat sich am Freitag mit den Stimmen von CDU und FDP gegen den Ausbau von Windkraftanlagen im Wald ausgesprochen. Allerdings stehen in Thüringen bislang nur wenige Windräder im Wald. Im Jahr 2023 soll die Landesregierung prüfen, ob sie ihre Klimaziele auch ohne Windkraft im Wald erreichen kann.
Lesestoff:
[1] Würzburger Stein-Berg: https://herd-und-hof.de/ernaehrung-/als-der-main-sich-fuer-den-rhein-entschied.html
Roland Krieg; VLE