Nachlese Bundesrat

Landwirtschaft

Nachlese Bundesrat

Tabakproduktrichtlinie

Der Bundesrat hat am Freitag dem Paket zur Tabakproduktrichtlinie zugestimmt. Zum einen besteht es aus der Umsetzung der europäischen Richtlinie, zum anderen aus der zu erlassenden Rechtsverordnung. Es geht um die Warnhinweise, die jetzt mit Bild und Text jeweils zu mindestens 65 Prozent auf der Vorder- und Rückseite zu sehen sein müssen. Des Weiteren sind zum Schutz vor Fälschungen individuelle Erkennungsmerkmale anzubringen. Nach EU-Vorstellungen ist die Richtlinie bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen. Da allerdings der Referentenentwurf verspätet verteilt wurde, bitten die Länderkammer die Bundesregierung, sich für eine längere Übergangszeit einzusetzen. Ebenso wurde der Beschluss gefasst, das Jugendschutzgesetz um den Verbotshinweis für elektronische Zigaretten und elektronische Shishas zu ergänzen.

Digi-Netz

Das Bundeskabinett hat im Januar mit dem „Digi-Netz“ Maßnahmen für einen beschleunigten Ausbau des Breitbands in Deutschland beschlossen [1]. Der Bundesrat hat am Freitag umfangreich Stellung genommen. So sollen die Kosten für die öffentlichen Haushalte transparent dargestellt werden. Die Kommunen seien neben dem Erfüllungsaufwand mit zusätzlichen Kosten für Personal und Sachleitungen betroffen. Hintergrund ist die Auffassung des Bundes, dass die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen der Baugenehmigung über die Länder abzuschließen wären. Der Bundesrat wiederspricht, weil der Bund eine ausschließliche Zuständigkeit für die Telefonkommunikation, den Bundesautobahnen und Bundeswasserstraßen hat. Daher solle der Bund für ein einheitliches Verfahren sorgen. Außerdem mogele sich der Bund durch die nicht zu rechtfertigende Forderung aus der EU-Richtlinie auf neue Technologien hinaus. Leitungen können auch im so genannten Micro- und Minitreching (MMT) verlegt werden. Damit werden nur schmale Gräben oder gar nur Schlitze für die Verlegung von Leerrohren und Glasfaser geöffnet. Würden Leitungen damit auch flach, neben der Straße verlegt, nehme das Risiko der Beschädigung zu. Das führe bei Kommunen zu Folgepflichten.

Carbapenem

Carbapeneme sind Antibiotika, die noch auf ein breites Spektrum von Bakterien reagieren und deshalb als Reserveantibiotika in der Humanmedizin eingesetzt werden. In den letzten Jahren sind vermehrt resistente Erreger aufgetaucht. Auch Clostridium, ein Bakterium, das in Mensch und Nutztier vorkommt, zeigt sich zunehmend resistent gegen Antibiotika. Vor diesem Hintergrund soll die epidemische Überwachung gestärkt werden. Labore sollen Resistenzen gegenüber Carbapeneme und auf Arboviren [2] bezogen künftig melden müssen. Bei Infektionen mit Clostridien muss der Arzt bei schweren Verläufen ebenfalls die Krankheit melden.

Oberflächengewässer

Die Oberflächengewässerverordnung aus dem Jahr 2011 wird grundlegend verändert. Grund ist die europäische Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG mit der Oberflächengewässer in einen guten ökologischen Zustand versetzt werden sollen. Darüber hinaus werden rechtliche Angleichungen aus der EU-Richtlinie 2008/105/EG (Richtlinie prioritäre Stoffe) vorgenommen. Anthropogene Belastungen müssen vermindert werden, ein Überwachungsnetz wird aufgestellt und bestimmte Stoffe besonders beobachtet.

Der Bundesrat kritisiert den besonderen Fokus auf Abwässer. Der überwiegende Teil der Überschreitungen von Stoffeinträgen stamme aus diffusen Einträgen, wie beispielsweise Quecksilber, das über die Luft in die Gewässer gelangt. Die Länder wehren sich gegen eine „kombinierte Karte“ von Trink- und Oberflächengewässern. Da die Trinkwasserqualitäten enger gefasst sind, sollten sie getrennt kartiert werden. Das Kartenmaterial diene schließlich der Öffentlichkeitsarbeit.

Der Bund hat in seiner Fassung ohne Angabe von Gründen die Werte von Arsen verändert. So wurde die Umweltqualitätsnorm von einem auf 2,9 Mikrogramm je Liter angehoben und die zulässige Höchstkonzentration von 24 auf 6,6 Mikrogramm je Liter gesenkt. Das würde die Einleitung von Wasser aus der Industrie unmöglich machen. Der Bund solle das fachlich begründen.

Darüber hinaus solle der Bund das neue Thema Mikroplastikpartikel [3] aufnehmen und gesetzliche Vorgaben für die Wassergesetzgebung ableiten. Durch den demografischen Wandel steige auch der Eintrag von Arzneimittelrückständen. Der Bund müsse Maßnahmen zur frühzeitigen Reduzierung ergreifen und über die EU Hersteller und Inverkehrbringer zur Auflistung aller Umweltverhalten der Wirkstoffe sowie deren Entfernbarkeit in der Abwasserreinigung zwingen. Außerdem soll eine Regulierungsperspektive für die finanzielle Verantwortung zur Entfernung problematischer Stoffe ausgearbeitet werden.

Fehlende Rechtsnormen gebe es auch für einen Teil der Pflanzenschutzmittel, da selbst hohe Konzentrationen keine Rechtsfolgen auslösten. Geprüft werden soll eine verursacherbezogene Lenkung zur Reduzierung von Pflanzenschutzmittel.

Ei in verarbeiteten Lebensmitteln

Auf Antrag des Landes Nordrhein-Westfalens sollen auch Lebensmittel mit Eibestandteilen nach der Kennzeichnung „0, 1, 2, 3“ für lose Eier verpflichtend gekennzeichnet werden. Bislang geben Hersteller in verarbeiteten Produkten die Herkunft des Eis auf freiwilliger Basis an. Der Antrag wurde an den Agrarausschuss des Bundesrates überwiesen.

Landwirtschaftskrise

Der Freistaat Sachsen hat wie versprochen seinen Antrag zur Stützung der Landwirtschaft eingebracht, der an den Agrar- und Finanzausschuss überwiesen wurde. Sachsens Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt rechnete noch einmal vor, dass die Milchviehbetriebe derzeit mit weniger als 25 Cent je Liter auskommen müssen und der Durchschnittsbetrieb in Sachsen jährlich 150.000 Euro Verlust mache. Die meisten Betriebe könnten das nur mit Ergebnissen aus anderen Wirtschaftssektoren auffangen. Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, die Möglichkeiten für eine freiwilligen Mengenreduzierung zwischen Landwirt und Molkerei zu schaffen.

Das betrifft nicht nur die Milchindustrie, sondern auch die Schweine haltenden Betriebe und den Ackerbau. Schmidt forderte erneut eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage [4]. Das ist nicht neu und wird von Staatsekretär Peter Bleser aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium skeptisch eingeschätzt. Die Finanzminister der Länder haben diese Idee erst im letzten Jahr erneut abgelehnt. Neben den allgemeinen Hilfen der EU [5], die erst in der vergangenen Woche beschossen wurden, bestehe die neue Möglichkeit im Steuergesetz, eine Investition in den drei vorangehenden Wirtschaftsjahren schon mit einem Satz von maximal 40 Prozent und maximal 200.000 Euro je Betrieb als Abzug geltend zu machen. „Das Wirtschaftsgut muss nicht mehr konkret benannt werden“, führte Peter Bleser aus, „ es reicht eine Investitionsprognose.“ Auch eine Verlängerung des zweijährigen Gewinnermittelungszeitraums könnte „zielführender und effektiver“ als eine Risikoausgleichsrücklage sein. Bei den Versicherungen stellte Bleser mehr Wetterereignisse wie Dürren mit einem reduzierten Steuersatz in Aussicht.

Lesestoff:

[1] Bundeskabinett verabschiedet Digi-Netz

[2] Arboviren: Neuen Viren auf der Spur

[3] Makrelen fressen Mikroplastik statt Seenadeln

[4] Gegen Wetter und Märkte absichern

[5] EU-Agrarrat im März

Roland Krieg

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