Nachlese Bundesrat

Landwirtschaft

Nachlese der letzten Bundesratssitzung 2016

Mit 89 Tagesordnungspunkten hatte der Bundesrat am Freitag ein volles Programm und brachte sogar noch einige Gesetze aus der laufenden Bundestagswoche auf den Weg.

LANDWIRTSCHAFT

Saatgut

Kompromiss bei der Änderung zum Saatgutgesetz genehmigt. Es geht dabei um die Registrierung von Obstsorten. Für die Umsetzung einer einheitlichen Sortenliste in der EU muss das Saatgutverkehrsgesetz geändert werden. Der Bundesrat hatte zuvor eine gebührenfreie Meldung von Sorten bis zum 31. September 2017 gefordert, was das Parlament ablehnte, weil die Änderung bis zum 31. Dezember 2016 angenommen werden muss. Danach müssten nicht gemeldete Sorten dem normalen Antragsverfahren zugeführt werden. Da bis Jahresende keine abschließende Liste vorliegen muss, wird das Bundessortenamt  weitere Meldungen unbefristet unentgeltlich vornehmen.

Gewinnglättung

Der Bundesrat hat zum Thema der Steuerglättung als Hilfe für die Landwirte die im Bundestag von den Sozialdemokraten bereits geäußerten Bedenken geteilt, dass der befristete Vorschlag bis über das Jahr 2022 hinaus verselbstständigen könnte [1]. Zudem müsse die Hilfe zum jetzigen Zeitpunkt infrage gestellt werden, da sich die Milchpreise erholen. Mit dieser Kritik hat die Länderkammer dennoch dem Gesetz zugestimmt. Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt aus Sachsen hingegen scheiterte mit dem Länderantrag, Genossenschaften und Betriebe in der Rechtsfporm einer Kapitalgesellschaft steuerlich mit Einzelbetrieben gleich zu stellen. Von der Gewinnglättung sind diese Betriebe wie auch gewerblich geprägte Personengesellschaften wie GmbH & Co. KG weiterhin ausgeschlossen. „Leider werden damit ostdeutsche Agrarbetriebe, in denen die meisten Milchkühe gehalten werden, über keine steuerliche erleichterung verfügen. Dies wäre aber notwendig gewesen, um etwa Preisschwankungen bei Milch und Fleisch besser auszugleichen“, kritisierte Schmidt. Im gleichen Zug wurde die Hilfe für die Milchbauern angenommen. Voraussichtlich im April 2017 können sie umgesetzt werden. Mit Beginn des neuen Jahres können Milchbauern bis zum 16. Januar einen Beihilfeantrag bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung stellen. Der Deutsche Bauernverband wird die erkennbaren Details des Programms auf seiner Seite für Interessierte zur Verfügung stellen: www.bauernverband.de/nationale-massnahmen-milch

Seefischereigesetz

Auch das zweite von der SPD nicht ungeteilte Gesetz über die Seefischerei wurde vom Bundesrat beschlossen [2]. Die Länderkammer fasste zusätzlich die Entschließung, dass bei nächster Gelegeneheit die Sanktionsmöglichkeit gegen Freizeitangler aufgenommen werden soll. Erstmals müssen sich Angler beim Dorsch in der westlichen Ostsee ebenfalls an Tageshöchstmengen halten, weil der Bestand gefährdet ist. Zwar haben die Anrainerländer Sanktionen erlassen, doch sollten diese in die Seefischerei-Bußgeldverordnung übernommen werden.

Gentechnikgesetz

Der Bundesrat zur zur umstrittenen Opt-out-Regelung die Bedenken der Opposition und SPD geteilt. Der Gesetzesentwurf liegt derzeit im Agrarausschuss [3]. Gemäß des im letzten Jahr beschlossenen Gesetzentwurtf des Bundesrates schlagen die Länder eine Vielzahl an Änderungen vor. Harald Ebner, Sprecher für Gentechnikpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, sieht in der Entschließung eine „verdiente Quittung für Schmidt“. Das Thema betreffe die Bundesländer wesentlich. Der Agrarminister hingegen habe durch seinen Gesetzesvorschlag den Kompromiss der letzten Monate ausgehebelt. Vor allem die komplizierten Regeln für die Abstimmung müssten vereinfacht werden.

Hochwasserschutzgesetz II

Das im Bundeskabinett beschlossene Hochwasserschutzgesetz II hat keine ungeteilte Mehrheit gefunden [4]. Die „Jahrhunderthochwasserereignisse“ 2002 und 2013 sowie die Schlammfluten in Baden-Würtemberg und Bayern im Frühsommer 2016 zeigen immer wieder, dass Hochwasser nahezu alle Regionen erreichen kann und Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Der Bund will nicht nur finanziell nach Eintreten des Schadens helfen, sondern mit seinem Nationalen Hochwasserschutzprogramm Vorsorge treffen. So lebt in Sachsen-Anhalt der größte Teil der Menschen an Elbe, Elster und Saale, was die Übrflutungsräume der großen Flüsse zunehmend eingeengt hat, berichtete Landesagrarministerin Claudia Dalbert. Daher versucht das Hochwasserschutgesetz II vor allem Planngsaufwand und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Am Ende bleibt der Hochwasserschutz eine Abwägung zwischen Schutz der Allgemeinheit und individuellen  Wünschen der Eigentümer. Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerin, hält das Gesetz für ausbalanciert, weil die Gemeinden ihre Entwicklungschancen erhalten können und Privateigentümer angehalten werden, selbst für ausreichenden Hochwasserschutz zu sorgen. Unstrittig ist der Umgang mit Heizölanlagen. Die sind für rund drei Viertel der Schäden verantwortlich. Während Wände nach einer Überflutung wieder trocknen, können ganze Häuser nicht mehr saniert werden, wenn Heizol Wände und Böden durchdrungen hat. Wie in Sachsen-Anhalt bereits üblich sollen neue Ölfeuerungsanlagen in Überschwemungsgebieten nicht mehr eingebaut werden dürfen, sofern es Alternativen dafür gibt. Da die Nachrüstung bestehender Anlagen mit Kosten verbunden ist, solle der Bund den Umbau weiterhin fördern und die KfW-Programme 151/152 sowie 430 entsprechend ergänzt werden. Dem Länderantrag aus Nordrhein-Westfalen stimmte die Mehrheit der Länder zu. Baden-Württmberg ist das zu wenig. Umweltminister Franz Untersteller warb um eine weite Ablehnung des Gesetzes und für ein strikteres Bebauungsverbot in Risikogebieten. Der Bund fürchtet jedoch den Gang der Bürger vor Gericht, wie Schwarzelühr-Sutter bekannte. Deshalb fand auch die geplante neue Gebietskategorie „Hochwasserentstehungsgebiete“ keine Mehrheit. Starkregen kann in allen Regionen auftreten. Der Deutsche Bauernverband hatte bei der Ausweisung dieser Kategorie mehr Aufwand und kaum einen Nutzen gesehen. Allerdings bleibt die Kategorie „Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten“ zum Leidwesen des DBV bestehen. Diese biete jedoch nur eine „Scheinsicherheit“.  Die wiederkehrenden hohen Schadenssummen haben offenbar noch immer nicht den kritischen Punkt für wirklich strenge Maßnahmen erreicht. Untersteller kritisiert, dass Ausnahmen für Bahndämme und Verklehrswege mehr Schaden anrichten können, als einzelne Garagen in Überschwemmungsgebieten. Dalbert möchte die Versicherungswirtschaft in eine stärkere Verantwortung nehmen und sie auch zu Versicherungsabschlüssen in Überschwemmungsgebieten drängen. Die Kritikpunkte werden bei der nächsten Flut deutlich. Jetzt aber rudert die Gesetzgebung wieder zurück: „Die Lage hat sich beruhigt“, wie Untersteller bemerkte.

Bundeswaldgesetz

Baden-Württemberg führt stellvertretend für andere Bundesländer einen heftigen Disput mit dem Bundeskartellamt über die Angebote für Forstdienstleistungen aus. Das Bonner Amt sieht private und vor allem kleine Waldbesitzer benachteiligt, weil sie neben den amtlichen Stellen keine anderen Vermarktungswege für ihr Rundholz haben [5]. Die Länderkammer folgte dem Bundestagsbeschluss vom vergangenen Donnerstag, dass marktbeherrschende Stellungen der Landesforstverwaltungen der Vergangenheit angehören müssen. Weil aber die Forstbehörden ihre Dienstleitungen weiterhin anbieten sollen, sind nach dem neuen Bundeswaldgesetz bestimmte Leistungen vom Kartellrecht ausgenommen. Dazu gehören der Waldbau, Holzauszeichnen, Holzernte und die Bereitstellung des Rohholzes inklusive Registrierung. Das sichere die Holzdienstleistungen und den Klimaschutz mit Mischwäldern. Allerdings hätte nach Ansicht von Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) die regelmäßige Evaluierung alle drei Jahre durch das Bundeswirtschaftsministerium durch eine dauerhafte Ausnahmegenehmigung ersetzt werden sollen.

HANDEL

HBCD

Hexabromcyclododecan (HBCD) wurde im März 2013 zu den schwer abbaubaren organischen Schadstoffen (persistent organic pesticides POP) der Stockholkonvention zugeordnet. Daraus folgt ein weltweites Handels- und Verwendungsverbot. Im Jahr 2006 wurden nach Angaben der Europäischen Chemikalienagentur in Europa noch rund 12.000 Tonnen des bromierten Kohlenwasserstoffes als Flammschutzmittel eingesetzt. Überwiegend in Styropor für Verpackungen und als Dämmmaterial. HBCD ist giftig für Wasserorganismen, langlebig, reichert sich in Lebewesen an und hat ein „Ferntransportpotenzial“. Aktuell haben isch Probleme bei der Entsorgung gezeigt, die vor allem für kleine und mittelständische Baufirmen belastend sind. Rund 40.000 Tonnen Polystyrol-Dämmplatten sind pro Jahr fachgerecht zu entsorgen. Die Anpassung an die EU-Richtlinie 2014/955 wird die rechtssichere und bundeseinheitliche Entsorgung gewährleisten. Seit Oktober darf HBCD-haltiges Styropor nicht mehr mit anderem Bauschutt entsorgt und auch nicht verbrannt werden.  Dazu muss das Europäische Abfallverzeichnis geändert werden. Müllverbrennungsanlagen bräuchten dazu eine Sondergehmigung. Dieses Thema gelangte erst im Wochenverlauf auf die Tagesoprdnung. Sonst müssten die Länder individuelle Lösungen für die Entsorgung von Styropor finden.  Die Länderkammer hat jetzt ein Moratorium gefällt, die europäische Vorgabe um ein Jahr mit einer Ausnahmeregelung zu versehen. In dieser Zeit haben Experten und Politik Zeit, die Versorgung richtig vorzubreiten. Der Bundestag muss dann die Länderkammer nicht erneut einbinden. Daher kann der Bundestag das noch vor Jahresende umsetzen. Die Deutsche Umwelthilfe und der Deutsche Naturschutzring kritisiert die Rückstufung von HBCD als gefährlichen Abfall. Robert Habeck, Umweltminister in Schleswig-Holstein hingegen begrüßt die befristete Ausnahmeregelung. Damit ist die Entsorgung, Rückverfolgbarkeit und Dokumentation des Stoffes gesichert. „Eine Lösung kann der zeitliche Aufschub nicht sein“, warnte Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion. Der Bundesrat-Beschluss sei nur ein „erster, überfälliger Schritt“.

Regstrierkassen

Schnell ging es im Bundesrat beim Gesetz für manipulationssicher eRegistrierkassen. Erst am Donnerstag im Bundestag beschlossen, gab die Länderklammer am Freitag ihren Segen [6].

Lesestoff:

[1] „Bauer sucht Geld“: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/bauer-sucht-geld.html

[2] Des Geldes wegen stimmt die SPD dem Seefischereigesetz zu: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/zoll-und-bundespolizei-kontrollieren-kuestenfischerei.html

[3] Opt-out-Regelung: So wohl nicht! : https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/opt-out-regelung-so-wohl-nicht.html

[4] Hochwasserschutzgesetz II: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/entwurf-hochwasserschutzgesetz-zwei.html

[5] BW scheitert mit Rundholz-Komproiss: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/rundholz-vergleich-gescheitert.html

[6] Gesetz gegen Kassenmanipulation: https://herd-und-hof.de/handel-/die-rechnung-wird-ohne-insika-gemacht.html

Roland Krieg

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