Nachweisbarkeit von Genom Editing

Landwirtschaft

Regulierung der neuen Züchtungstechniken

Kritiker der neuen Züchtungstechniken wie beispielsweise CRISP/Cas9 scheren alle Methoden über einen Kamm und schreiben ihre Kritik fort. Wissenschaftler hingegen differenzieren zwischen der Verwendung fremder und eigener Gene in der Pflanze. Bei einigen Verfahren unterscheidet sich das „Ergebnis“ nicht von einer natürlichen Mutation. Die europäische Gentechnikfreiheit steht vor dem Problem der Nachweisbarkeit importierter Pflanzen und Lebensmitteln, die beispielsweise mit dem RNAi-Verfahren erstellt wurden. Bislang hat Australien als einziges Land, seine Gentechnikregelung nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst [1].

Nicht nachweisbar

Das ist in Europa überfällig. Solange konnten Kritiker über die Schwächen des Urteils beim Europäischen Gerichtshof dieses Jahr das einjährige Jubiläum hinweg feiern. Sowohl die Produkt-Prozess-Debatte als auch der Begriff der Mutagenese haben die Luxemburger Richter nicht geklärt.

Yves Bertheau ist sicher, dass jede Form des Genom Editings nachweisbar ist, weil jedes Verfahren „Narben“ in der DNS hinterlasse. Kombinierte Analysemethoden spürten auch Methoden auf, deren Ergebnis sich nicht von einer natürlichen Mutation unterscheidet [2]. Dem allerdings hat im September die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit widersprochen. Das Schweizer Magazin Point zitiert die ZKBS: „Die von Bertheau suggerierte Möglichkeit, in Pflanzen eine Genomeditierung und die dabei verwendete Technik rückwirkend zu identifizieren, ist nicht gegeben. Die vorgeschlagenen Methoden basieren nicht auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand und beziehen zudem variable biologische Parameter (wie epigenetische Veränderungen) mit ein, die keine zuverlässige Basis für eine Identifizierung darstellen.“ [3]

Fortschritt außerhalb der EU

Neue Sorten braucht der Landwirt. Vor dem Hintergrund des Klimawandels gibt es kaum jemanden, der vorhandene Nutzpflanzen auch in Europa neue Eigenschaften verordnen will. Neben den verschiedenen Krankheitsresistenzen, die den chemischen Pflanzenschutz mindern sollen, müssen Weizen und Co. toleranter gegen Trockenheit, Wasserstress und Spätfröste werden. Wetterextreme, die in den letzten drei Jahren die Bauern getroffen haben. Systematische Züchtung steht dem gesellschaftlichen Wunsch nach traditioneller bäuerlicher Züchtungsarbeit entgegen. Auch ohne Genom Editing.

Aber beim Genom Editing hat Europa den Anschluss an die Weiterentwicklung neuer  eigener Sorten bislang verpasst. Jacqueline-Martin-Laffon, Marcel Kuntz und Agnés E. Ricroch von den Universitäten Grenoble und Paris Süd haben Patentfamilien für die Landwirtschaft, Humanmedizin und industrielle Anwendung weltweit ausgewertet und konnten 48 Prozent der Patente den USA und 34 Prozent China zuordnen. Europa hatte nur zehn Prozent der Patente eingereicht. Im Bereich der Landwirtschaft kehren sich die Verhältnisse um. Die Chinesen haben mit 60 Prozent aller Patente die meisten für die Pflanzenzüchtung eingereicht, die USA folgen mit 26 Prozent. Hier haben die Europäer mit acht Prozent ihren Abstand nach hinten sogar noch vergrößert [4].

Nicht jedes Patent ist gut und nicht jede Züchtung sinnvoll. Aber das Ergebnis weist auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen hin, unter denen erst einmal geforscht werden kann. Europa scheint bereits ins Hintertreffen geraten zu sein.

Lesestoff:

[1] Überarbeitung Gentechnikgesetz: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/das-neue-gentechnikgesetz-in-australien.html

[2] Yves Bertheau 2019, New Breeding Techniques: Detection and Identification of the Techniques and Derived Products; Encyclopedia of Food Chemistry (Elsevier), 320-336; https://prodinra.inra.fr/?locale=fr#!ConsultNotice:452715

[3] Zur Identifizierbarkeit von Genomeditierungen in Pflanzen - ZKBS-Kommentar zu Y. Bertheau (2019), Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (D), September 2019; http://www.zkbs-online.de/ZKBS/DE/01_Aktuelles/Kommentar%20zu%20Bertheau%20(2019)/Kommentar%20zu%20Bertheau_basepage.html

[4] Jacqueline Martin-Laffon et al. 2019, Worldwide CRISPR patent landscape shows strong geographical biases, Nature Biotechnology 37:613–620; https://www.nature.com/articles/s41587-019-0138-7

Roland Krieg

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