Nationale Umsetzung der GAP
Landwirtschaft
GAP: Nationaler Spielraum wird ausgelotet
Auf einer Sondersitzung der Landwirtschaftsminister in Berlin haben Bund und Länder mit den Gesprächen für die nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik begonnen. Ein Konzeptpapier bestätigt den so genannten „Rollover“, dass die GAP nicht pünktlich zum 01. Januar 2014 starten kann. Übergangsverordnungen werden für 2014 in den Bereichen Modulation und ELER notwendig.
Der erste Knatsch war denn auch am Nachmittag zu hören, als die grünen Landwirtschaftsminister aus Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein in einer gemeinsamen Erklärung die Vorlage eines BMELV-Konzeptes kritisierten, dass nicht mit ihnen abgestimmt wurde. Das Konzeptpapier war aber kein Ergebnis der Sondersitzung, mehr ein erster Vorschlag der Regierung, ihre Position schon einmal klar zulegen. Das machten am Abend Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und Staatssekretär Dr. Robert Kloos vor Agrarjournalisten noch einmal deutlich.
Nach der Sonder-AMK standen Ilse Aigner und Dr. Robert Kloos
Rede und Antwort
Denn: In den kommenden Wochen müssen die Länder und Betriebe mit spitzem Stift ausrechnen, welche Förderkombinationen für sie am günstigsten sind. Das ist einmal für die nächste Sitzung der Agrarminister in Würzburg am 30. August notwendig, damit die GAP auch einen nationalen Rechtsrahmen bekommt, zum anderen, um zu überprüfen, welche Möglichkeiten die GAP aus Brüssel überhaupt bietet.
So viele nationale Ausgestaltungsmöglichkeiten wie bei dieser Agrarreform hat es noch nie gegeben. Was Dr. Till Backhaus am Dienstag mit „Renationalisierung“ bezeichnete, heißt für die Europapolitiker „Flexibilität“. Regional die GAP auf die Strukturen anpassen, was den meisten Betrieben Vorteile bringt. Daher ist es derzeit noch nicht so einfach, Gewinner und Verlierer auszumachen. Länder mit kleinen Strukturen wie Rheinland-Pfalz, das Saarland und Hessen, aber auch Brandenburg mit einem geringeren Fördersatz werden wohl zu den Gewinnern zählen, prognostiziert Dr. Kloos.
Diskussionslinien werden weniger parteipolitisch als strukturpolitisch verlaufen, mutmaßt Aigner. Brüssel hat den Rahmen vorgegeben: „Jetzt geht´s an Eingemachte!“
Beim Greening ist das Wort „Flächenstilllegung“ wohl vom Tisch, so Aigner. Es gibt einen ganzen Katalog an Maßnahmen, die auf den ökologischen Vorrangflächen umgesetzt werden können. Darunter zählen auch Kurzumtriebsplantagen und der Anbau von Leguminosen, die heimisches Futterprotein liefern. Die Betriebe haben viele Kombinationsmöglichkeiten. Sie können das Greening in der ersten Säule in Anspruch nehmen, Agrarumweltmaßnahmen aus der zweiten Säule und auch beim Dauergrünland werden noch einzelbetriebliche Details folgen.
Statt Kappung und Degression für die großen Betriebe will Deutschland die Option für die Förderung der ersten Hektare ziehen. Für die ersten 15 Hektare sind 50, für die folgenden 15 Hektar 30 Euro je Hektar vorgesehen. Erste Berechnungen des BMELV haben ergeben, dass Betriebe bis 80 Hektar im Rahmen der gewollten Umverteilung auch wirklich profitieren können.
Ob künftig die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) als Ausgleich für die sinkende Finanzierung der GAP einspringen kann, wie Bündnis 90 / Die Grünen es fordern, bleibt offen. Nach Aigner muss dieser Vorschlag auch über die Finanzminister eine Mehrheit finden. Zum andern werden 2,5 Prozent der Mittel aus der ersten in die zweite Säule für benachteiligte Gebiete umgeschichtet. Davon könnten sowohl die Ökobetriebe als auch die Milchviehbetriebe nach Auslaufen der Milchquote profitieren. Auch die flächenlosen Wanderschäfer sind berücksichtigt, die unter dem Aspekt der Landschaftspflege Fördergelder erhalten können.
Die Kritik der Grünen hat zumindest zwei Bereiche aufgezeigt, die in den nächsten Wochen intensiv diskutiert werden: Weitere Umschichtungen in die zweite Säule und mehr Geld für die ersten Hektare.
Eine Gewinnergruppe steht zweifelsohne schon heute fest: Die landwirtschaftlichen Berater. Sie werden die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten prüfen und am Ende möglicherweise mehr betriebliche Gewinner als Verlierer festmachen können. Das bietet eine Chance, in der Agrardiskussion einmal eine öffentliche Pause einzulegen.
Roland Krieg; Foto: roRo