Natürlicher Klimaschutz
Landwirtschaft
Stärkung der Natur für den Umweltschutz

Stabile Ökosysteme sind belastbar. Der Mensch hat vieles durch sein Eingreifen durcheinander gebracht und gefährdet die letzten funktionierenden Ökosysteme. Diese sind ein Hort für den Artenschutz, für das Mikro- und Makroklima sowie für die Selbstregulierung von Ressourcen wie Wasser, Boden und die Luft. Sieben Milliarden Menschen können nicht in einem Naturparadies leben. Die Menschen müssen ihre Kulturlandschaften so gestalten, dass die stabil innerhalb der planetaren Grenzen bleiben. Der Naturschutz hat schon immer auf die Funktionstüchtigkeit der Ökosysteme gesetzt. Das will Bundesumweltministerin Steffi Lemke mit dem am Dienstag vorgestellten Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) auch.
Ziele
Lemke: „Moore und Wälder, Flüsse und Meere – natürliche Ökosysteme haben große Bedeutung für die biologische Vielfalt und für den Klimaschutz. Denn sie binden Treibhausgase und bieten gleichzeitig Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ setzt genau an dieser Schnittstelle von Natur- und Klimaschutz an: Bis 2026 werden wir vier Milliarden Euro in den natürlichen Klimaschutz investieren. Das ist mehr, als jemals in Deutschland für diesen Bereich zur Verfügung gestellt wurde.
Nebeneffekt
Nebenbei sollen mit Hilfe der Natur die Klimaziele der Bundesregierung leichter erreicht werden. Der Natürliche Klimaschutz setzt an der Schnittstelle zwischen Klimaschutz, Erhaltung der biologischen Vielfalt und Vorsorge gegen die Klimakrise an. Er betrachtet Maßnahmen nicht isoliert, sondern nutzt gezielt Synergien zwischen Klima- und Naturschutz. Er nimmt Wirkungszusammenhänge in den Blick, zum Beispiel die Vorteile eines naturnahen Wasserhaushalts für die mit ihm verbundenen Ökosysteme.
Aktionsprogramm
Das geht wie bei Wiedervernässung von Mooren nicht ohne Eingriff in die Kulturlandschaft, die der Mensch für sich umgebaut hat. Waldökosysteme, sowie Wildnis und Schutzgebiete setzen ebenfalls auf eine Rückbesinnung. Im Siedlungsbereich will Lemke den Natürlichen Klimaschutz auf Siedlungs- und Verkehrsflächen in Kooperation mit dem Menschen gestalten.
Union kritisiert das Klein-Klein
Das Aktionsprogramm ist ein Baustein aus dem Umweltministerium. Die umweltpolitische Sprecherin der Union, Anja Weisgerber, kritisiert das „Klein-Klein“ und den Abzug landwirtschaftlicher Flächen aus der Nahrungsmittelproduktion. Weisgerber ergänzt, dass es ohne eine technische CO2-Senke keine Zielerreichung geben wird. Bis zum Ende des Russlandkrieges solle sich das Ministerium auf die Umsetzung der Pläne in den Siedlungsgebieten konzentrieren.
Doch genau das sieht der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Olaf Band, anders. Denn ohne eine natürliche Begleitung werden die Klimaziele nur mit technischen Maßnahmen nicht erreicht werden. Band: „Mehr Klimaschutz durch wiederhergestellte Moore, Auen und andere Lebensräume darf jedoch nicht als Feigenblatt benutzt werden, um weniger Treibhausgase im Verkehr, in der Industrie oder der Gebäudewirtschaft einzusparen.“ Die Umsetzung gelinge zudem nur über die Zusammenarbeit mit den Bauern und Fischern.
Moorschutz ist Klimaschutz
Parallel tagte in Berlin die Konferenz zum Thema „Moorschutz ist Klimaschutz“. ‚Moor muss nass‘!“, sagte Prof. Dr. Hans Joosten, Moorkundler und Träger des Deutschen Umweltpreises, bei der vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) und dem Greifswald Moor Centrum (GMC) organisierten Konferenz. Im Sektor Landnutzung lassen sich in Deutschland die Treibhausgasemissionen am effektivsten auf Moorböden reduzieren. Fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sollen durch die Moor-Wiedervernässung in Deutschland eingespart werden, so eine Bund-Länder-Vereinbarung aus dem Oktober 2021. Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings, bezeichnete die Wiedervernässung der Moore als gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit ähnlicher Dimension wie der Kohleausstieg. Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, unterstreicht: „Man müsse den Landnutzern Alternativen bieten. Paludi-PV, also Photovoltaik auf wiedervernässten Moorflächen, könnte dabei ein ‘Kollateralnutzen’ sein.“ Erfreulich ist zwar die Ankündigung des so genannten Carbon Farming – aber, so kritisiert der Bauernpräsident Joachim Rukwied, das dürfe nicht über den Schwerpunkt Landnutzungsänderung gehen.
Schutz mit Nutzung
Irene Selig vom Verband AGDW – Die Waldeigentümer mahnt, die Waldbesitzer nicht zu vergessen. Das Aktionsprogramm erkennt die Schutzleistung des Waldes für das Klima an und die Waldbesitzer bauen ihre Wälder bereits um. 51 Prozent der jungen Wälder gelten bereits als naturnah. Allerdings seien zwei Prozent der Landesfläche als Wildnisgebiete zu viel, weil dort die Nutzung ausgenommen ist. Holz als Baustoff sei zu wertvoll, als das es nicht genutzt werden dürfe.
Viele Aufgaben
Auf politischer Ebene geht es beim Aktionsprogramm auch um die Zusammenarbeit zwischen Bund und Länder, wie Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) betont. Die Landwirtschaft müsse aus den entwässerten gebieten raus. „Ob das Aktionsprogramm diesen Strukturwandel hinbekommt, wird auch davon abhängen, ob Bund und Länder konstruktiv zusammenarbeiten und endlich die dringend benötigten Flächen bereitstellen. Wenn das gelingt, lassen sich Klima- und Biodiversitätskrise gemeinsam lösen.“
Es kostet Geld
„Elf zu warme Jahre in Folge und zunehmende Wetterextreme – die Klimabilanz des Deutschen Wetterdienstes führt uns erneut vor Augen, dass wir beim Klimaschutz schnell und effektiv vorangehen müssen“, sagt der klimapolitische Sprecher Olaf in der Beek von der FDP. Daher sei das Aktionsprogramm notwendig. Aber umsonst ist das nicht, wie er sagt: „Um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, gibt es laut der internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (Irena) einen Investitionsbedarf von jährlich 5,7 Billionen US-Dollar.“
Preiswerter könnte die Symbiose von Naturschutz und Landwirtschaft auf der gleichen Fläche sein. „Die nachhaltige Land- und Forstwirtschaft ist die Voraussetzung für den Aufbau klimastabiler Wälder und für die regionale Lebensmittel- und Holzproduktion. Finanzielle Anreize müssen daher an die Nutzung und nicht an den Nutzungsverzicht gekoppelt werden“, sagt Max von Elberfeldt vom Verband „Familienbetriebe Land und Forst.
Lesestoff:
Die Eckpunkte des BMUV für ein Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz finden Sie unter: www.bmuv.de/DL2872
Roland Krieg, VLE, Foto: Titelbild ANK
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