Neue Anforderungen an Traktoren

Landwirtschaft

Agritechnica definiert Traktoren neu

Auch wenn immer mehr Selbstfahrer auf den Feldern unterwegs sind – ohne einen Traktor kommt die Landwirtschaft nicht aus. Er ist das Sinnbild für die Landwirtschaft und hat einst Ochsen und Pferde abgelöst. Der Lanz Bulldog ist selbst bei der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung ein Begriff. Mit modernen Traktoren hat er kaum noch etwas gemein. Und die Entwicklung geht weiter, wie Agrartechniker Roger Stirnimann von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittel-wissenschaften in Zöllikofen in der Schweiz zu Beginn der Agritechnica ausführt.

Trendsetter sind Lohnunternehmer, die mit einem breiten Dienstleitungsspektrum mannigfache Arbeitsschritte anbieten und am besten wissen, was neue Technik können muss. Neben Zuverlässigkeit, stehen Schlagkraft, Effizienz und Wirtschaftlichkeit auf der Agenda. Wegen der hohen Zahl an Aushilfskräften muss jede Technik intuitiv zu bedienen sein. Auf dem Wunschzettel stehen etliche Komfortfunktionen aus dem Pkw-Bereich, wie Memory-Funktionen für die Sitz- und Spiegeleinstellung oder ein auf der Frontscheibe wiedergegebenes Display.

Zugkraftübertragung

Ein Beispiel: Die Zugkraftübertragung. Die Kraft eines PS-starken Schleppers muss auf die angehängten Maschinen so übertragen werden. dass möglichst wenig Kraft verloren geht. Wesentlich für die Übertragung von Motor- in Zugleistung ist das Getriebe.

Hier hat Fendt das VarioDrive-Getriebe weiterentwickelt. Der ausgangsgekoppelten Grundstruktur haben die Marktoberdorfer zwei Summierungswellen hinzugefügt, die von jeweils einem Großwinkel-Hydromotor angetrieben werden. Jeweils einer für die Front- und Hinterachse. Die Hydromotoren sorgen für eine hydrostatische Längsdifferentialwirkung und erlaubt einen permanenten und verspannungsfreien Allradantrieb. Vorteile entstehen bei Kurvenfahrt und starker Einfederung durch hohe Achslasten. Eine Kupplung sperrt die Langsdifferentialwirkung bei hohem Schlupf. Für die Straßenfahrt kann der Hydromotor für die Vorderachse ausgeschaltet werden.

Ölwanne wird Chassisbestandteil

Das Gewicht der angehängten Maschine drückt die Hinterachse nach unten. Wenn die Vorderachse zu leicht wird, hebt sie ab und der Traktor ist nicht mehr lenkbar. Deswegen werden Frontgewichte angebracht. Im nächsten Schritt werden frontgesteuerte Bearbeitungsgeräte eingesetzt. Neben ihrer Funktion als Ausgleichsgewicht konnten die Landwirte einen weiteren Arbeitsgang gleichzeitig „nach vorne auslagern“. Das reicht heute schon nicht mehr aus. Die angehängten Geräte werden immer schwerer. Maschinenhersteller gehen dieses Thema unter dem Begriff Leergewicht-Nutzlastverhältnis an. Schon in der Vergangenheit haben sie die Rümpfe ihrer Traktoren schwerer gemacht. Jetzt wurde die Blockbauweise aus Ölwanne und Kurbelgehäuse im Motor geknackt. Sie bildet bislang ein gemeinsames Tragwerk. Die neue Lösung verwendet eine verstärkte Ölwanne mit Verstärkungsrippen, die dann Teil des Chassis wird und das Verhältnis von Leergewicht und Nutzgewicht optimiert.

Abgasgesetzgebung

Der nächste Schritt folgt der Gesetzgebung. Für Traktoren gilt derzeit die Abgasstufe 4. Die EU bastelt jedoch schon an der Abgasstufe 5 für „Nonroad-Fahrzeuge“, wie Traktoren. Damit nähern sich die Abgasnormen den heute auf den Straßen befindlichen Lkw mit Euro 6. Die neuen Werte gelten dann auch für Traktoren mit weniger als 19 und mehr als 560 kW, die heute in der Abgasstufe 4 ausgenommen sind. Die Partikelmasse wird von 0,025 auf 0,015 reduziert (Referenzwert Lkw 0,01). Neu eingeführt bei den Traktoren wird die Partikelmenge. Diese soll laut EU mit 1 x 1012 nahe des Euro 6-Wertes bei Lkw mit 6 bis 8 x 1011 liegen.

Die neue Norm kann mit Techniken wie Abgasrückkühlung, Dieseloxydationskondensator, Dieselpartikelfilter und Selektive Katalytische Reduktion (SCR) erreicht werden, die bei den meisten Lkw-Herstellern schon eingesetzt werden. Umrüstversuche bei einem Traktor in der Schweiz konnte einen Motor mit der Abgasstufe 4 bereits auf die neue Stufe 5 bringen können. Wichtig: Die neuen Systeme können alle in den SCR-Katalysator ohne weiteren Bauraumbedarf am Motor integriert werden.

Roland Krieg; Foto: roRo

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