Neue Produktivität in Europa
Landwirtschaft
Neue Agrarpolitik für die Menschen
Schon die Internationale Grüne Woche hat die
auseinander gehenden Diskussionen über die künftige Ausrichtung der
Agrarproduktion aufgezeigt. Die einen folgen dem Intensivierungsgedanken, weil
die steigende Weltbevölkerung mit veränderten Konsummustern mehr Nahrungsmittel
braucht, als heute produziert werden, andererseits gehen die Menschen für eine
Extensivierung auf die Straße, damit die natürlichen Ressourcen geschont
werden.
Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte. Phil Newton
von der European Crop Protection Association (ECPA) formulierte das gemeinsame
Ziel, die künftige Herausforderung erfüllen soll: Wie kann die steigende
Produktion gestaltet werden, um die auch gleichzeitig die Ressourcen nicht zu
übernutzen? Besonderes Problem in Europa: Gegenüber anderen Teilen der Welt
stagniert die Produktion seit Dekaden ohne nennenswerte Steigerung. Man brauche
für Europa eine neue Agrarpolitk der Produktivitätssteigerung.
Phil Newton, Prof. Kirschke, Luc Peeters (v.l.n.r.)
Übererfüllte Standards
Gerade zur Fruit Logistica präsentierte die ECPA das Thema, weil Obst und Gemüse in der EU-Verordnung für Pflanzenschutz als „kleine Früchte“ benachteiligt würden. Vor allem der private Sektor überhole die gesetzlichen Standards mit seinen Vorgaben für Umwelt- und Sozialaspekten. Dabei habe man noch Schwierigkeiten den Integrierten Pflanzenschutz flächendeckend in Europa einzuführen, sagte Luc Peeters, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Pflanzengesundheit beim europäischen Bauernverband Copa-Cogeca. Hier müsse die Politik eher fördern als bremsen, denn Obst und Gemüse erzielen einen jährlichen Produktionswert in Höhe von 60 Milliarden Euro, rund 20 Prozent des Gesamtproduktionswertes. Wenn immer mehr Pflanzenschutzmittel aus der Nutzung genommen werden, dann fehle bei vielen Obst- und Gemüsesorten der Schutz und die Früchte würden nicht mehr angebaut werden, so Peeters. Copa-Cogeca habe der EU entsprechende Vorschläge gemacht, den Obst- und Gemüseanbau zu sichern.
Generelles Umdenken
Prof. Dr. Dr. Dieter Kirschke, Agrarökonom an der
Humboldt Universität, steht aber auch die generelle Agrarpolitik auf dem
Prüfstand. Bei Steigerung der Produktivität gehe es nicht nur um das Steigern
der Erträge. Produktivität setzt sich auch aus Arbeitsproduktivität und
Landproduktivität zusammen. Unter diesen Aspekten müsse die EU-Agrarpolitik
durchleuchtet werden, ob die Energiepolitik und deren Auswirkungen auf die
Fläche und Ziele der Agrarproduktion noch stimmig sind oder die
Futterversorgung.
Mit Rückblick auf die Grüne Woche müsse es nach Prof.
Kirschke auch einen neuen Kommunikationsansatz geben den Menschen die
Notwendigkeit der Ziele und die Wege der Realisierung klar zu machen.
Lesestoff:
European Crop Protection: www.ecpa.eu
Über die Wiederentdeckung der Produktivität hat Prof. Kirschke mit anderen Autoren im Rahmen des Humboldt Forums for Food and Agriculture (HFFA) eine Arbeit veröffentlicht: Kirschke et al. : Rediscoveriung productivity in european agriculture; HFFA 2/2011 www.hffa.info
Das Thema Welternährung auf der DLG-Wintertagung
Roland Krieg (Text und Foto)