Neues GVO-Urteil
Landwirtschaft
Versehentlich GVO-Aussaat muss vernichtet werden
2007 hat ein Bauer in Hessen Raps ausgesät, der Spuren von gentechnisch veränderten Sorten enthielt. Der Bauer musste das Feld umbrechen, obwohl das GVO-Saatgut ohne seinen Willen in der Rapssaat enthalten war.
Länderebene uneins
Das
hessische Verwaltungsgericht gab dem Land Hessen Recht, dass die Anordnung für
den Umbruch gab, während der hessische Verwaltungsgerichtshof diese
Entscheidung für unverhältnismäßig hielt. Das unbeabsichtigte Ausbringen
gentechnisch veränderten Saatgutes stelle keinen Verstoß gegen das
Gentechnik-Gesetz dar.
So
landete die Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das am
Mittwoch endgültig darüber entschied und dem Verwaltungsgericht Recht gab. Das
Ausbringen von gentechnisch veränderten und nicht zugelassenen Sorten ist ein
Verstoß gegen das Gentechnik-Gesetz. Für den Verstoß ist nicht das „gezielte
Ausbringen in die Umwelt“ erforderlich. Das heißt, der Landwirt kann sich nach
dem Urteil nicht dadurch herausreden, dass er nicht wusste, dass Spuren
gentechnisch veränderter Sorten vorhanden sind. Das Rückgängigmachen der
Ausbringung schließe die Beseitigung der Aussaat, also den Umbruch mit ein.
Reaktionen
Das
Urteil hat für Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich für Klarheit gesorgt: „Das
Gericht hat damit klare Grenzen für die grüne Gentechnik gezogen.“ Das Urteil
unterstütze nicht nur die bisherige Behördenpraxis, sondern unterstreiche auch
die Forderung nach klareren Regeln beim Einsatz gentechnisch veränderter
Pflanzen. Gleichzeitig halten die Richter auch an der Nulltoleranz beim Saatgut
fest. „Mit oder ohne Gentechnik“ – Den Anbau wollen die Hessen nicht dem Zufall
überlassen.
Harald
Ebner, Sprecher für Agrogentechnik der Bundesgrünen, sieht in dem Urteil eine
gute Nachricht für Verbraucher, Landwirte und Imker, die Gentechnik anlehnen. Ebner
fordert einen Entschädigungsfonds für die betroffenen Landwirte, Verarbeiter,
Lebensmittelhersteller und Imker, falls sie ihre Produktion vernichten müssen,
weil ungewollt GVO-Spuren vorhanden sein sollten. Der Fonds dürfe nicht durch
die Verbraucher, sondern müsse von den Anbietern der grünen Gentechnik
finanziert werden.
Das
Urteil zeige nach Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linken, dass
die grüne Gentechnik „nicht verhandelbar“ ist: „Die Gentechnikfreiheit des
Saatgutes ist ein unverzichtbares und nicht verhandelbares Gut“, so Tackmann. Das
Urteil stärke die Schutzrechte der Landwirte, die auf Gentechnik verzichten
wollen.
Landwirtschaftsminister
Johannes Remmel aus Nordrhein-Westfalen betont, dass Saatgut am Anfang der Produktionskette
steht und daher eine besondere Sorgfalt an den tag gelegt werden müsse. Das
gelte vor allem für Raps, der leicht auskreuzt und dessen samen lange in der
Umwelt überdauern kann.
Felix
Prinz zu Löwenstein, Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft,
forderte die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für die Nulltoleranz beim
Saatgut einzusetzen. Hessen habe gezeigt, dass sie funktioniere. Auch
Löwenstein fordert einen besonderen Schutz des Saatgutes, damit nicht eine
schleichende Kontamination das Aus der ökologischen Landwirtschaft herbeiführe.
Lesestoff:
BVerwG 7 C 8.11 - Urteil vom 29. Februar 2012
VLE