Neues Leben auf dem Land

Landwirtschaft

Klöckner: Den Helfern helfen

„Auf dem Land sind vor allem die Freiwilligenarbeit und die Organisation des Dorflebens ganz wichtig“, sagt Professor Peter Dehne von der Hochschule Brandenburg in der aktuellen Ausgabe von „Ehrensache – Das Magazin rund ums Ehrenamt auf dem Land“. Er stellt auch fest, dass die Quote für das Engagement sehr hoch und bei Jüngeren sogar gestiegen ist. Neben dem klassischen Beispiel der Freiwilligen Feuerwehr, sind Dorfläden und Seniorenbetreuung die Hauptaufgaben für Ehrenamtliche. 44 Prozent engagieren sich ehrenamtlich und 46 Prozent sind es auf dem Land. Mit den Sektoren Sport und Ausbildung existieren die wichtigsten Lebensbereiche oft nur noch durch die Arbeit der Ehrenamtlichen.

Engpass Pandemie

War das Ehrenamt nach Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bislang schon „der Kitt unserer Gesellschaft“, droh in der Ära der Pandemie der Kitt aus den Fugen zu fallen. Rund 100 Tafeln sind bereits geschlossen, die anderen können wegen der Abstandsregeln nur noch die Hälfte der Aufgaben erledigen. Oft bereiten Ehrenamtliche das Schulfrühstück zu. Auch das fällt nach Lockerung und Öffnung der Kitas zunehmend schwerer. Dabei ist die Nachfrage nach solchen Aufgaben besonders bei den Tafeln in der Pandemie sogar gestiegen.

Sonderhilfeprogramm Ehrenamt

Zur Stärkung der Initiativen hat das Ministerium am Mittwoch das fünf Millionen Euro umfassende Sonderprogramm zur Unterstützung des Ehrenamtes aufgelegt. „Wir helfen den Helfern, die wegen der Corona-Krise ins Straucheln geraten sind. Das ist gut angelegtes Geld. Die Angebote sind ein wichtiger Beitrag für attraktive ländliche Regionen.“

Eingetragene Vereine, gemeinnützige Organisationen, öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, gemeinnützige Stiftungen und genossenschaftlich organisierte Dorfläden und Dorfgaststätten können sich um bis zu 8.000 Euro bewerben. Die Gelder können für Infektionsschutzmaßnahmen, Fahrtkosten und für digitale Ausstattung verwendet werden. Voraussetzung ist, dass die Organisationen keine Eigen- oder Drittmittel aufbringen können und die Förderung erfolgt als Vollfinanzierung.

„In Schwarze getroffen“

Mit dem Programm trifft das Ministerium nach Aussage von Bernhard Reuter, dem Vizepräsidenten des Deutschen Landkreistages, „voll ins Schwarze“. Die Hauptämter brauchen die Ehrenämter für die Unterstützung vor Ort. Gleichwohl komme es auf die richtige Balance an. Die Ehrenamtlichen dürfen nicht das Gefühl bekommen, sie sind Lückenbüßer für eigentlich öffentliche Aufgaben, für die Geld und Personal fehlen. Die Hauptamtlichen können allgemeine Fragen nach Steuererklärungen und Förderungen beantworten, aber nicht die Arbeit vor Ort bevormunden, erklärte Reuter gegenüber Herd-und-Hof.de. Die Menschen vor Ort kennen die Situation am Besten.

Klamme Kassen

Die Pandemie hat die klammen Kassen der Kommunen weiter strapaziert. Das Bundeskabinett hat dazu am Mittwoch eine Unterstützung der Städte und Gemeinden vorgesehen. Durch das Schließen vieler Gewerbebetriebe brechen den Kommunen die Gewerbesteuern weg. Bund und Länder werden im Nachtragshaushalt 2020 in gleichen Anteilen 6,1 Milliarden Euro Kompensation einstellen. Weitere 3,4 Milliarden Euro stehen für die Entlastung der Unterkunftskosten bei der Grundsicherung von Arbeitssuchenden bereit. Ab 2021 wird der Bund seinen Anteil an Zusatzversorgungssytemen im Rahmen der DDR-Rentenansprüche von 40 auf 50 Prozent steigern und die ostdeutschen Kommunen jährlich um 340 Millionen entlasten.

Neue Attraktivität für das Land

Die Landflucht mit der finanziellen und infrastrukturellen Vernachlässigung der Landbevölkerung ist ein weltweites Problem. Möglicherweise steht Deutschland mit seiner Dezentralität besser als auch manches EU-Nachbarland da. Doch ein überzeugendes Konzept für eine Region, die gezielt nach vorne gebracht werden konnte, fehlt seit Jahrzehnten. Es sind eher Zufälle, neue touristische Hotspots und private Neuansiedlungen, die Dörfer beleben können.

Außerhalb der Agrarwissenschaften findet allerdings derzeit eine Diskussion statt, die ein neues Framing beinhaltet. Aktionen wie #Dorfkinder haben nur die Eingeweihten verstanden. Für die Zeit nach der Pandemie suchen Architekten bereits nach Lösungen, die Stadt resilient zu entflechten. Aus Fahrspuren werden Radwege, Freiflächen haben an Bedeutung gewonnen. Architekturkritiker Niklas Maak berichtete Mitte Mai in der Sendung „Titel Thesen Temperamente“ über die neue Stadt, die Wohnblöcke ihren Menschen zurückgeben und das Homeoffice dem Land eine neue Wertigkeit verleiht. Viele Berufstätige mussten auf Videokonferenzen ausweichen, die zum Teil nach der Pandemie erhalten bleiben. Wenn die Funklöcher in Deutschland geschlossen werden, kann das Land, so Reuter, die neuen Anforderungen auch erfüllen.

Wenn die Stadt neu konzipiert wird, belebt das auch das Land.

Roland Krieg

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