Neues von der Hohenheimer Zuchtbox

Landwirtschaft

Pandemie hat den Marktstart unterbrochen

Im Getreidelager ist der Kornkäfer einer der größten Feinde der Bauern. Der rot- bis dunkelbraune Vertreter aus der Familie der Rüsselkäfer (Curculionidae) ist ein weltweit vorkommender Lagerschädling. Der 2,5 bis fünf Millimeter große Krabbler sucht unter anderem Getreide im Vorratslager auf, und durchbohrt für die Eiablage das Korn. Es dient der Larve als Nahrung. Nach rund fünf Wochen haben die Käfer fünf Entwicklungsstufen für ihre Entwicklung genutzt und brechen aus dem aufgebrauchten Getreidekorn aus. Ein Weibchen kann nach Daten des Umweltbundesamtes zwischen 100 und 200 ovale Eier in ein einzelnes Getreidekorn unterbringen. Je nach Umgebungstemperatur paaren sich die Käfer nach 30 bis 150 Tagen wieder und suchen das nächste Korn auf.

Der Schaden besteht nicht nur aus leeren Körnern, was für die Landwirte einen materiellen Schaden bedeuten, sondern auch in der Gesundheitsgefahr durch die Exkremente, die der Kornkäfer im Korn hinterlässt. Neben den verschiedenen Puppenfäden  können sich gesundheitsgefährliche Bakterien, Milben und Schimmelpilze etabliert haben.

Lagererzwespe

Der natürliche Feind des Kornkäfers ist die Lagererzwespe. Die Flieger erschnüffeln die Larven des Kornkäfers im Getreidekorn und legen auf ihr die eigenen Eier ab. Jetzt wird der Vorratsschädling selbst zur Vorratsnahrung und der Kreislauf bricht ab.

Firmen haben sich auf die Erzeugung und den Versand von Nützlingen spezialisiert. Doch der Transport der kleinen Flieger macht den kleinen Helfern oft zu schaffen. Wenn ein Lagererzwespen-Paket auf dem Hof ankommt, können die Flieger bereits erschöpft sein und den Landwirten nicht mehr viel helfen.

Für Steffi Niedermayer war das der Grund, an der Universität Hohenheim eine versandfertige Lösung zu finden, die das Transportproblem löst und einmal im Getreidelager aufgestellt, Nachschub an Lagererzwespen für bis zu sieben Monaten.

Hohenheimer Zuchtbox
Hohenheimer Zuchtbox 2013

Umweltpreis gewonnen und die Suche nach dem Markt

Das war im Jahr 2013 [1]. Für Öko-Betriebe ist der Einsatz von Nützlingen meist die einzige Wahl, sagte Fachgebietsleiter für Tierökologie Prof. Dr. Johannes Steidle an der Universität Hohenheim damals. Der Weg von der Forschung bis zum praktischen Einsatz ist in Deutschland mitunter ziemlich lang. Eine Leseranfrage an Herd-und-Hof.de aus der vergangenen Woche, wo denn die Hohenheimer Zuchtbox erhältlich sei, zeigt das Interesse von Praktikern an der Forschung. Auch Prof. Steidle erreichen Anfragen.

Die Erfindung bekam im Jahr 2017 den Umweltpreis der Sparkasse Pforzheim Calw und erneut mediale Aufmerksamkeit. Darüber berichtete die Redaktion von „BioHandel“ – musste aber auch feststellen, dass die Box den Markt noch nicht erreicht hat.

Demnächst auch zu kaufen

Dr. Niedermayer und Prof. Steidle sind aber unermüdlich bei der Vermarktung unterwegs. Und tatsächlich steckten die beiden bereits in weit fortgeschrittenen Gesprächen mit dem Nützlingsanbieter „AMW Nützling in Pfungstadt“. Die Bereitschaft, die Hohenheimer Zuchtbox in das Sortiment aufzunehmen war offenbar schon gegeben. Dann kam allerdings die Pandemie dazwischen.

„Die Sache ist wegen Corona etwas aus dem Blick geraten, aber ich denke, dass es demnächst etwas gibt, allerdings sicherlich nicht dieses Jahr“, schreibt Prof. Steidle, an den Herd-und-Hof.de die Leseranfrage weiter gereicht hatte. Prof. Steidle ist heut Vorstand im Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie an der Universität Hohenheim.

PPP beschleunigen

Gerade im Agrarbereich sind ständig Innovationen unterwegs. Die Agrarwissenschaften gelten als angewandte Naturwissenschaften und sind im breiten Spektrum für alle Landwirtschaften von konventioneller, über ökologischer bis zur veganen Landwirtschaft unterwegs. Doch findet die Forschung nicht immer den Weg in die Praxis. Selbst wenn die Politik sich die stärkere Verbindung zwischen Universität und Wirtschaft wünscht, besteht gerade in Deutschand eine Grundskepsis gegen „Public Privat Partnerships“ (PPP).

Ganz fatal wird es allerdings, wenn Kürzungen für die Lehre und Forschung aktuell zu einer mindestens deutlichen Verkleinerung der agrarwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Halle/Saale führen wird. Damit gräbt sich die Politik die Evidenzbasis ab.

Lesestoff:

[1] Lagererzwespen „in the box“. https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/lagererzwespen-in-the-box.html

Roland Krieg; Foto: Universität Hohenheim 2013. Mit Schwarzaugenbohnen gefüllte Hohenheimer Zuchtbos für die Lagererzwespe

© Herd-und-Hof.de Nutzungswünsche: https://herd-und-hof.de/impressum.html

Zurück