Niedersachsen stoppt Schnabelkürzen bei Legehennen
Landwirtschaft
NI: Meyer forciert Umsetzung des Tierschutzplanes
Nach einer Delegationsreise nach Österreich hat der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer am Montag den Stopp des Schnabelkürzens bei Legehennen verkündet. „Wenn ein Land wie Österreich den Ausstieg aus dieser Amputation schafft, muss das auch bei uns möglich sein“, erklärte Meyer. „Das Ende des Schnabelkürzens kommt verbindlich 2016, wie es im Tierschutzplan des Landes vorgegeben ist [1]. Den hatte bereits sein Vorgänger Gert Lindemann aufgestellt und zum Kürzen der Schnabelspitze das Ziel formuliert: „Verzicht auf das Schnabelkürzen in Niedersachsen bis 2016.“ Schon 2011 wurde auf elf Betrieben getestet, wie Herden ohne Schnabelkürzen mit einander auskommen.
Warum wird gekürzt?
In Legehennenbeständen kommt es zu Federpicken und Kannibalismus. Deshalb kürzen die Halter die Schnäbel. Heiß oder kalt – oder gar nicht? Die Frage ist noch nicht abschließend geklärt, wie die DLG-Wintertagung im letzten Jahr belegte [2]. Der Weg nach Österreich kam nicht von ungefähr. Das Schnabelkürzen ist dort zwar nicht verboten, aber mittlerweile unterbunden. Mit dabei war Carsten Bauck, der in Klein Süstedt bei Uelzen einen Öko-Legehennenbetrieb führt [3]. Meyer setzt auf einen Konsens zwischen Landwirtschaft, Verbraucher und Handel, um wie in Österreich schrittweise aus dem Schnabelkürzen auszusteigen. Meyer schlägt einen Solidaritätsfonds vor, in den die Betriebe, die Schnäbel kürzen, einzahlen und aus dem die Halter von unkupierten Herden ihre Schäden in der Übergangszeit ausgeglichen bekommen. Oder es gibt einen Zuschuss des Landes mit einem eigenen Tierschutz-Logo. Das müsste den Verbrauchern in einer breiten Kampagne schmackhaft gemacht werden.
Das Modell Österreich
Aus Österreich kommt Meyer mit der Nachricht zurück: „Kannibalismus
tritt im Grunde genommen gar nicht mehr auf.“ Das Wissenschafts- und
Informationszentrum Nachhaltige Geflügelwirtschaft (WING) der Universität
Vechta ist da vorsichtiger und hat erst im April 2013 in einer Zusammenfassung über
das Schnabelkürzen das Modell Österreich genauer unter die Lupe genommen [4].
Zwischen 2002 und 2007 haben die Betriebe mit Schnabelkürzen über einen Fonds
zehn Cent je Tier eingezahlt, die für die wissenschaftliche Betreuung der Problembetriebe
verwendet wurden. Im Jahr 2010 wurde Federpicken und Kannibalismus nur noch in
drei von 1.300 Betrieben vorgefunden.
Allerdings kam es in 20 Prozent der Betriebe im letzten
Drittel der Legeperiode zu entsprechenden Ausbrüchen und ab der 60. Lebenswoche
stieg die Mortalitätsrate von 4,6 auf 7,6 Prozent an. In England wurde die
Umstellung angesichts dieser Zahlen zunächst ausgesetzt. Die Österreicher
reduzieren in kritischen Situationen drastisch das Licht. Hühner empfinden die
Dunkelheit weniger als das menschliche Auge, aber eine Rückkehr zu einem normalen
Lichtmanagement ist nicht mehr möglich. Das bedeutet, dass nach einer
kritischen Situation die Hennen bis zum Legeende in einem Dunkelstall verbringen
müssen. Fazit: „Nach dem derzeitigen Wissensstand erscheint ein generelles
Verbot der Schnabelbehandlung bei Legehennen ab dem Jahr 2016 mit einem hohen
Risiko verbunden zu sein.“
Lesestoff:
[1] Langfristiger Tierschutzplan in Niedersachsen
[2] Auf der Suche nach der richtigen Methode gegen das Federpicken
[3] Legeschwestern und Mastbrüder
[4] WING ist ein Projekt der Universität Vechta und bündelt die weltweite Forschung im Bereich der Geflügelwirtschaft. Die Analyse zum Schnabelkürzen finden Sie unter www.wing-vechta.de -> Themen -> Schnabelbehandlung
Roland Krieg