Niedersachsen will klare Regeln für Putenhaltung

Landwirtschaft

Streit um die Branchenvereinbarung Putenhaltung

Erst vor zwei Monaten haben Politik, Geflügelwirtschaft und Tierschützer eine freiwillige Branchenverpflichtung zur Putenhaltung veröffentlicht. Die Eckpunkte sollen ein erster Schritt für eine europaweite Regelung sein.
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer reichen die Eckpunkte nicht. „Da muss ganz erheblich nachgebessert werden“, sagte er am Montag. Meyer versteht darunter das Auslaufen des Schnabelkürzens, eine geringere Besatzdichte im Stall und die Verankerung nachprüfbarer Tierschutzindikatoren. Vor allem wegen der fehlenden Indikatoren fordert der Minister (Bündnis 90 / Die Grünen) von der Bundesregierung einheitliche Regelungen: „Selbst bei Käfighaltung und Hähnchenmast sind konkrete gesetzliche Vorgaben wie Platzvorgaben verankert.“
Auslöser für die politische Aufnahme des Themas ist die Veröffentlichung der Tierrechtsorganisation PETA, über den Putenhalter Heidemark, der unter anderem an zwei Discounter und eine Luftfahrtgesellschaft liefert.

Die Vorwürfe

Die Tierrechtsorganisation hat nach eigenen Angaben „erschütternde Zustände“ bei Heidemark vorgefunden. Von Januar bis Ende Mai dieses Jahres haben die Tierschützer ermittelt und das letzte Ende der Mastperiode mit kranken und halbtoten Tieren in einem Video festgehalten. Auch gewalttätiges Ausladen der Tiere wurde gezeigt. Dr. Edmund Haferbeck von PETA: „Heidemark produziert unter derart katastrophalen Bedingungen und tritt so nicht nur die Tier, sondern auch die Compliance-Initiative der Geflügelwirtschaft und das Wertgefühl der Verbraucher mit Füßen.“

Die Reaktion

Heidemark hat mittlerweile rechtliche Schritte gegen einen Journalisten des Spiegels eingeleitet, der mit PETA „zusammenarbeiten soll“. Der Geflügelerzeuger aus Ahlhorn habe im Vorfeld falsche Behauptungen der Tierrechtler richtig gestellt, was in dem Artikel fehle. Heidemark und PETA sind nicht das erste Mal aneinander geraten.

Tierrecht gegen Tierschutz?

Landwirtschaftsminister Christian Meyer nimmt den Vorfall zum Anlass, gleich die Branchenverpflichtung zu überarbeiten. Auf den ersten Blick ist das nicht ganz klar. Insgesamt haben vier Tierschutzorganisationen daran mitgearbeitet. Gegenüber Herd-und-Hof.de sagte Dr. Haferbeck, dass einige Organisationen ihre Unterschriften zurück gezogen hätten. Zudem stehe PETA als Tierrechtsorganisation generell gegen die Tierhaltung, während die Tierschützer einen Umbau der Haltung mit Reformen erreichen wollen.
In der Tat hat sich Provieh aus Kiel zwei Wochen nach Veröffentlichung der Branchenerklärung genötigt gefühlt, sich zu rechtfertigen. Der Verband hat mit der Teilnahme seine fachliche Expertise aus seiner Sicht beigesteuert. Die Unterschrift bestätige nur die Teilnahme und keine Zustimmung. Die Einladung zu den Gesprächen sei eine „realistische Chance, zugunsten der landwirtschaftlich genutzten Tiere etwas an den bestehenden Verhältnissen in der Tierhaltung zu verbessern“. Sie zeige auch, dass die Putenwirtschaft einen „Veränderungsdruck“ verspürten. Die Teilnahme könne nicht als Alibi für die Geflügelwirtschaft hergenommen werden.
Da die Unterschriften keine Rechtsverbindlichkeit ausdrücken und die Branchenvereinbarung auf freiwilliger Basis steht, kann die Unterschrift auch nicht zurückgezogen werden, erklärte eine Sprecherin des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft gegenüber Herd-und-Hof.de. Ungeachtet dessen werden die Eckpunkte am 01. Oktober in Kraft treten.

Lesestoff:

Freiwillige Branchenvereinbarung zur Putenhaltung

www.peta.de

www.heidemark.de

Roland Krieg

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