Nitratklage: Chance für Klartext

Landwirtschaft

Veraltet Problematik, aber kein altes Thema

Das am Donnerstag vom Europäischen Gerichtshof gefällte Urteil zur Nitratrichtlinie gegen Deutschland kommt nicht überraschend. Die Nährstoffeinträge sind vor allem bei Nitrat zu hoch, belasten Gewässer, Fauna, Flora und am Ende den Menschen. Daher frohlocken die einen, dass ihre Vorwürfe gegen die Landwirtschaft Bestätigung in einem Urteil aus Luxemburg finden, bemäkelt die Branche andererseits aber auch zu Recht, dass die Rechtsgrundlage für das Urteil veraltet ist. Das Urteil bringt beide Seiten nicht näher, sondern lässt alle Beteiligten in ihrer Politik verharren: Die einen kritisieren weiter, die anderen vermeiden Selbstkritik. Dabei sollte das Urteil zusammen mit der neuen Düngeverordnung für mehr Sachlichkeit sorgen.

Das Urteil

Deutschland hat dem Urteil gemäß gegen seine Verpflichtung verstoßen, nach der EG-Verordnung 1137/2008 keine zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkte Aktionen gegen die Verunreinigung von Gewässer durch Nitrat getroffen zu haben. Die 2016 eingereichte Klage bezieht sich auf das Fehlverhalten aus dem zugesandten deutschen Nitratberichtes des Jahres 2012. Die Kommission machte 2013 Deutschland aufmerksam, dass die Maßnahmen nicht für eine Qualitätsverbesserung der Gewässer ausreichen. 2014 hat Berlin eine neue Düngeverordnung angekündigt und ein Jahr später einen ersten Entwurf vorgelegt. Da die Kommission das immer noch nicht für ausreichend hielt, wurde die Klage eingereicht. Dänemark ist Deutschland im März 2017 zur Seite gesprungen.

Das Hin und Her bezieht sich auf den Berichtsstand 2012. Da hat es auch nicht geholfen, dass die Bunderepublik anmerkte, sie wolle den Erlass für zusätzliche Maßnahmen nicht „auf ewig“ aufschieben, sondern verweist auf das „Ja“ des Bundesrates zur neuen Düngeverordnung vom 31. März 2017. Zu spät. Das Urteil ist gefallen, wenn auch ohne Strafe und Geldbuße. Nur die Kosten des Verfahrens muss der Steuerzahler begleichen.

Damit ist das Thema natürlich noch nicht vorbei. Das Urteil bezieht sich nicht auf die neue Düngeverordnung, ist daher weder ein Freispruch, noch eine Verurteilung, dass sie nicht ausreicht. Chronologisch wird das nächste Kapitel aufgeschlagen und Deutschland kann ein neues Urteil nur abwenden, wenn die Düngeverordnung auch die Nitratemittierung verringert.

Das Umweltbundesamt hat in seinem Bericht „Umwelt und Landwirtschaft“ 2018 den Rückgang der Nitrateinträge bestätigt, aber auch unterstrichen, dass das selbst gesetzte Ziel, den Stickstoffüberschuss auf 70 kg pro Hektar zu reduzieren mit 97 kg im Jahr 2013 noch weit entfernt ist. Gerade in den viehdichten Regionen sind womöglich mehr Aktivitäten als eine neue Düngeverordnung angesagt.

Julia Klöckner

Klöckner optimistisch

Am Donnerstag gab Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei einem Waldtermin in Berlin-Tegel auch eine ausführliche Stellungnahme zum Nitrat-Urteil des Europäischen Gerichtshofes ab und stellte zunächst einmal klar: „Das Urteil, das heute gefällt wurde, bezieht sich nicht auf den aktuellen Zustand, nicht auf die aktuellen Düngeverordnung, sondern bezieht sich auf den alten Zustand.“ Sie kritisiert damit die vorschnellen Reaktionen in den sozialen Netzwerken: „Es gehört mit Blick auf die sozialen Netzwerke und schnellen Meldungen  auch zur Ehrlichkeit dazu, dass man redlich sein sollte und unterscheidet, auf was sich das aktuelle Urteil bezieht – nämlich nicht auf die aktuelle Düngeverordnung.“

Mit dem Urteil selbst hat Klöckner kein Problem, weil es „einige nicht mit der EU übereinstimmende Regelungen“ gab. Deshalb hat die Bundesrepublik auch die neue Düngeverordnung auf den Weg gebracht. „Für uns ist es wichtig, dass es ein ökonomisch tragfähiges und zugleich auch ein Ressourcen schonendes Wirtschaften möglich macht. Und insbesondere werden wir auf die Begründungen des Urteils schauen und mit den aktuellen Regelungen abgleichen.“ Klöckner will sich dann schnell mit der Europäischen Kommission zusammensetzen und in den Dialog treten, ob die aktuellen Regelungen schon ausreichen. 2020 soll der nächste Nitratbericht an die Kommission erfolgen.

Roland Krieg; Foto: roRo

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