Novellierung EEG
Landwirtschaft
Bestandschutz für große Biogasanlagen
Autobahn A 11, kurz vor der polnischen Grenze, linke Hand direkt an der Abfahrt Penkun: Hier hat die Nawaro AG 40 Biogasfermenter zum Bioenergie Park „Klarsee“ zusammengestellt und liefert rund 160.000 MW elektrische Energie. Genug für den Jahresbedarf einer gesamte Kleinstadt wie Jena. Zugeführt werden jährlich 300.000 t Mais, die von einer Anbaufläche zwischen 8.000 und 10.000 Hektar stammen, 60.000 t Gülle, 20.000 t Getreide und neben Strom fallen noch 100.000 t Brauchwasser und 100.000 Tonnen organischer Dünger an.
Das rein privat über einen Fonds finanzierte Biogaswerk rentierte sich aus der Einspeisevergütung aus dem Erneuerbare Energie Gesetz (EEG). Bis Januar 2009.
Neuer Anlagenbegriff
Die Novellierung des EEG, die zu Jahresbeginn in Kraft getreten ist, hat den Begriff der Anlage radikal geändert. Bis dahin hatten große Biogasanlagen wie beispielsweise in Penkun nach der Vergütung des EEG einen erhöhten Einspeisesatz erhalten haben, sofern alle Fermenter innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten in Betrieb genommen, oder auf demselben Grundstück oder in unmittelbarer Nähe gebaut wurden. Das galt auch für Penkun. Der neue Anlagenbegriff von Januar 2009 schließt im Artikel 19 diese Bedingungen aus, fördert damit vor allem die kleinen und Einzelanlagen und wirkt drastisch auf den Biogaspark in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Grundvergütung sank bei Anlagen ab 500 kW von 11,67 auf 8,25 Cent je kW elektrische Energie, der so genannte Nawaro-Bonus von sieben auf vier Cent und die neu eingeführten Boni für Gülle und Landschaftspflege kommen nicht zum Tragen. Damit reduziert sich die Vergütung der einzelnen kW für Penkun von rund 19 auf etwa 11 Cent. Die Anlage stand kurz vor der Insolvenz und im März scheiterte ein Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht der Leipziger Nawaro AG endgültig, Bestandsschutz zu erhalten.
Antrag FDP angenommen
Aus diesem Grunde hatte die FDP einen Gesetzentwurf eingereicht: „Um den Altanlagen einen Bestandsschutz zu gewähren, der für diese Anlagen eine Vergütung entsprechend den bisherigen Regelungen vorsieht, sind Übergangsbestimmungen zu treffen.“ Mit dieser Lösung soll das Ziel erreicht werden, die Existenz betroffener Großanlagen zu sichern.
Darüber hat am Mittwoch der Agrarausschuss verhandelt und dem Gesetzentwurf zugestimmt.
Groß oder klein?
Gerade Penkun ist beim Bau umstritten gewesen, weil Penkun auf Grund seiner Größe einen großes Einzugsgebiet aufweist. Die Betreiber selbst sahen dafür die Uckermark mit 230.000 Hektar ausreichend ausgerüstet und waren letztlich überrascht, dass auch polnische Bauern ihren Mais an den Biogaspark verkaufen wollten und rund ein Drittel der Maismenge liefern.
Trotzdem spricht die Politik gerne von kleinen und dezentralen Anlagen, die überall entstehen sollen. Die Fraktion „Die Linke“ hat angesichts des Ausschussbeschlusses die Bundesgrünen für ihre Unterstützung des Antrags auch gleich gerügt, „für industrielle Biomasse-Anlagen“ zu stimmen“, „die ökologisch höchst fragwürdig“ sind. Die agrarpolitische Sprecherin Kirsten Tackmann weiter: „Bioenergie muss dezentral und möglichst effektiv erzeugt und verwendet werden. Dazu brauchen wir die Kraft-Wärme-Kopplung, dezentrale Anlagen und kleine Einheiten. Große Biomassekraftwerke sind nicht nachhaltig.“
Nahrungsmittel, Biotreibstoffe, Rohstoffe für die Industrie – wie die Landschaft wirklich einmal aussehen wird, wenn alle Wünsche erfüllt sein würden, weiß heute keiner so genau. Das Gesamtbild eines Energiemixes aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse will sich bei vergleichbar hohem Energieniveau kaum einstellen. Wie viele kleine Einheiten aus Windrad, Einzelhoffermenter und Kurzumtriebsweiden braucht eine Stadt wie Berlin?
Für Penkun wurde zum Bau die Feinstaubbelastung mit Einzelhofanlagen verglichen: Dort entstehen durch Anlieferung und Abtransport fünfmal mehr Feinstaub als bei einer „einzelnen“ 20 MW-Anlage.
Vertrauensschutz und intelligente Technik
Herd-und-Hof.de bei Cornelia Behm, der agrarpolitischen Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nachgefragt:
HuH: Was war die Abwägung für die Entscheidung gewesen, Penkun eine Bestandsgarantie zu geben?
Cornelia Behm: Investitionen von Unternehmen brauchen Rechtssicherheit. Es geht nicht an, das der Staat rückwirkend Gesetze ändert und damit Investitionen zu Fehlinvestitionen macht. Auch die Linke sollte ein Interesse daran haben, dass in unserem Land Vertrauensschutz gilt.
HuH: Welche Änderungen in der Infrastruktur und beim Energieverbrauch sind begleitend notwendig, um dezentrale Anlagen flächendeckend zu realisieren?
Cornelia Behm: Wir müssen in den nächsten Jahre, die Stromnetze und die Stromnachfrage mit den Möglichkeiten der Informationstechnologie intelligenter machen, sowie zusätzliche Speicher bis hin zu Elektrofahrzeugen integrieren. Unter anderem brauchen wir Anreize, damit die Stromerzeugung aus Biogasanlagen verstärkt den Nachfrageschwankungen angepasst wird.
Vielen Dank für das Gespräch
Roland Krieg (Foto: Biogaspark Klarsee; roRo)