NRW nach der Wahl
Landwirtschaft
Das Ende der grünen Welle
Auch die Wahl in Nordrhein-Westfalen bietet einen lohnenden Blick mit der Agrarbrille auf die Ereignisse von Sonntagabend. Nach Schleswig-Holstein hat die SPD binnen acht Tage zwei Wahlschlappen hinnehmen müssen. In NRW hingegen hat sich auch die Zahl der Grünenwähler halbiert. Damit hat das Bündnis 90/Die Grünen innerhalb einer Woche zwei Agrarminister verloren.
Zwar hat das Thema Schule den Wahlkampf zwischen Rhein und Weser bestimmt, doch haben die Wahlanalysen der ARD auch gezeigt, dass die Grünen bei ihrem Kernthema „Umweltpolitik“ ebenfalls acht Prozentpunkte an Zustimmung verloren haben.
Die Fraktionsvorsitzende Katrin Göhring-Eckhardt fasste im Interview zusammen: „Wir haben unsere Stammwähler erreicht. Mehr aber auch nicht.“ Wenn dann Bundesgeschäftsführer Michael Keller in der „Berliner Runde“ ankündigt, Agrarwende und die Klimapolitik sind bundesweit wichtige Themen, dann kann das bereits das Ende der Partei im Bundestag sein. Wenn die Grünen trotz vorliegenden wissenschaftlichen Berichten von BfR, EFSA und ECHA immer noch hartnäckig am Totalverbot von Glyphosat festhalten, interessiert das außer den Stammwählern offenbar niemanden mehr. Steigt die Beteiligung bei der Bundestagswahl ähnlich wie zuletzt bei den Landtagswahlen an, und halbiert sich die Wählerschaft auf die Stammbelegschaft, reihen sich die Grünen in die außerparlamentarische Opposition ein.
Für den Bundesrat sind bereits die letzten grünen Messen gesungen. Einst gab es wie in dem 1954 erschienenen japanischen Film „Die sieben Samurai“, edle Kämpfer, die aus reinem Idealismus ein Dorf vor der jährlichen Plünderung der Ernte schützte. Von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, den Rhein entlang in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie Hessen und Bremen gab es sieben Landwirtschaftsminister im Bundesrat, die gemeinsam die Agrarwende einleiteten. Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz waren bereits verloren gegangen und binnen einer Woche jetzt noch Schleswig-Holstein und NRW.
Die drei in Flächenländern übrig gebliebenen Landwirtschaftsminister vertreten sehr individuelle Strukturen, die kaum miteinander zu vergleichen ist. Die neu hinzugekommene Claudia Dalbert in Sachsen-Anhalt steht einer Bauernschaft gegenüber, die großflächig in ausgeräumter Kulturlandschaft Ackerbau betreibt. Christian Meyer übernimmt die Arbeit gegen Deutschlands Veredlungsindustrie, die nirgendwo anders so präsent und dicht wie in Niedersachsen ist. Lediglich Priska Hinz kann unter Aufsicht des schwarzen Koalitionspartners im durch Realteilung entstandenen, kleinteiligen Hessen mit einem hohen Anteil an absoluten Grünlandgebieten kleinbäuerliche Landwirtschaft umsetzen.
Das Thema Agrarwende hat die Parteienmehrheiten erreicht. Und die sind nicht grün.
Roland Krieg