„Öko-Landbau wird gebremst“

Landwirtschaft

BÖLW fordert einen Systemwechsel in der Landwirtschaft

Im Vorfeld zur Grünen Woche in Berlin forderte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) einen Systemwechsel im Agrarbereich. Vorstandsvorsitzender Dr. Felix Prinz zu Löwenstein bezeichnete die gegenwärtige Situation als Roll Back. Was einst auch mit dem Bundesprogramm Ökologische Forschung begann, werde mehr und mehr für den konventionellem Landbau „aufgebohrt“.

Falsche Töpfe

Der Ökolandbau habe mit einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft, der Produktionsweisen, die Boden, Luft und Wasser schonen Lösungspotenziale, die angesichts der wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels immer stärker nachgefragt werden. Anstatt diese Potenziale zu nutzen, „öffnet die Bundesregierung den mit acht Millionen Euro ohnehin knapp ausgestatteten Topf für die Öko-Forschung und setzt mit 400 Millionen Euro jährlich auf die Gentechnik-orientierte Bioökonomieforschung einseitig genau auf die Landwirtschaft, die neue Probleme schafft“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Heß von der Universität Kassel. Eher müssten die anderen Forschungen für den Ökolandbau geöffnet werden. Der aktuelle Dioxin-Fall sei kein Fehler im System, sondern das System sei der Fehler.
Löwenstein führte an, dass Wasserbetriebe bereits den Ökolandbau in ihren Wassereinzugsbereichen fördern, weil das betriebswirtschaftlich preiswerter sei, als im Nachhinein Rückstände aus der konventionellen Landwirtschaft aus dem Wasser zu filtern.
Bei seinen Forderungen gehe es nicht darum, dass der Staat einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage herstelle, es gehe auch nicht um höhere Förderungen. Es gehe um die Stärkung einer sinnvollen Alternative, für die Verbraucher auch bereit sind, mehr Geld auszugeben. Der aktuelle Skandal zeige, wie wichtig Alternativen sind.

Branche im Aufwind

Die aktuellen Zahlen für den Ökobereich lieben erst Mitte Februar zur BioFach vor. Erste Umsatzzahlen aus dem Bereich der Naturkostläden weisen für 2010 eine Umsatzsteigerung von gut neun Prozent gegenüber dem Vorjahr aus, so Volker Krause, Inhaber der Bohlsener Mühle.
Die Branche erlebt nicht nur durch Dioxin eine neue Aufmerksamkeit. Am kommenden Samstag wird unter dem Motto „Wir haben es satt“ mit einem großen Demonstrationszug Berlin auf den Kopf gestellt.
Nach Krause sind es aber auch die kleinen Schritte, die Erfolge bringen. Seine Getreidemühle habe mit zwei Arbeitskräften angefangen und beschäftige heute insgesamt 150. Das wirke positiv auf den ländlichen Raum. Es könnte noch besser sein. Wenn das Angebot in der Region und in Deutschland zu klein oder die ernte schlecht ist, müsse er auf Biogetreide aus Kasachstan zurückgreifen. Es besteht Umstellungsbedarf in der Landwirtschaft, doch oft sei die betriebswirtschaftliche Basis dafür zu schwach.
Man müsse Anreize finden, nicht nur die Landwirtschaft, sondern die gesamte Wirtschaft schrittweise zu ökologisieren, so Kraus. Die Lösungen dafür werden nicht in den Parlamenten, sondern in der Praxis erzeugt.

Öko reicht aus

Einer der Vorzüge nach Dr. Heß ist die energiearme Wirtschaftsweise des Ökolandbaus. Kritiker hingegen stellen dem Low Input System auch den Low Output gegenüber, der die Menschen nicht ernähren könne. Grundsätzlich führe der Ökolandbau auch zu niedrigeren Erträgen, führte Dr. Heß gegenüber Herd-und-Hof.de aus, aber im Gesamtblick stimme das nicht. Mindererträge in Nordeuropa werden insgesamt durch Mehrerträge in anderen Regionen mehr als kompensiert. Gerade in den Entwicklungsländern führe die Umstellung auf den ökologischen Landbau zu deutlichen Ertragssteigerungen. Die Welternährung sei kein Masse-, sondern ein Verteilungsproblem.
Im Übrigen sei genau auf diesem Gebiet noch viel Forschung notwendig, weswegen der Rückbau der Ökolandbauforschung noch ungünstiger ist.

Roland Krieg

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