Öko-VO: Hauptsache Kompromiss?

Landwirtschaft

Rat verlässt sich bei EU-Öko-Verordnung auf das Parlament

Am Dienstag hat sich offenbart, worauf sich der in Riga geäußerte Optimismus des EU-Agrarrates über eine EU-Öko-Verordnung stützte [1]: Mit einem Minimalkonsens sind die Minister das Thema los und den Rest erledigt das EU-Parlament.

Die Positionen der europäischen Agrarminister lagen auch am Dienstag weit auseinander. Rückstände in Ökoprodukten führen zu Dezertifizierung, Importe werden nicht strenger reglementiert, Kontrollen sollen jährlich stattfinden oder sich auf das Produkt beziehen? Die starken kategorischen Nein-Sager jedoch, hatten Kreide gefressen.

Christian Schmidt betont, dass ein Kompromiss nie alle zufrieden stelle. Bei Schwellenwerten könne Deutschland noch immer nicht zustimmen, der Vorschlag des lettischen Rates hat eine gute Kompromisslösung gefunden… Schmidts Fazit: „Das Glas Wasser ist mehr als halbvoll!“.

Andrä Rupprechter aus Österreich argumentierte ähnlich und wies die heftige Kritik Belgiens zurück, Bedingungen an ein Ja zu stellen: Belgien mit 1.400 Ökobauern und vier Prozent Ökofläche sollte ein Land wie Österreich mit 22.000 Ökobauern und 20 Prozent Ökoanbau nicht herausfordern.

Sharon Dijskma aus den Niederlanden wählte ähnlich sanfte Worte und drohte bei Scheitern des Kompromisses, ihre lange Wunschliste auszupacken, die sie für einen Kompromiss fallen lässt.

Spürbar ist der Willen zu einem Kompromiss gewesen, der keiner ist. Ökolandwirte müssen nicht für eingetragene Rückstände haften, aber mit Schwellenwerten auskommen. Die Kontrollen bleiben risikoorientiert, der Import aus Drittländern wird nicht erschwert.

Der Agrarratspräsident Janis Duklavs sprach zu Beginn von einem Gleichgewicht, dass jede neue Änderung stören würde. Zudem lauern im Trilog mit dem EU-Parlament mehr als 300 Änderungen. Dann wird alles wieder von vorne beginnen und der Art hat am Dienstag nur eines geschafft: Er ist vor der Sommerpause einen schwer verdaulichen Tagesordnungspunkt los.

Das zeigten auch die Wortmeldungen zur Abstimmung. Italien formulierte eine Protokollergänzung, der auch Spanien folgen konnte: Die Diskussion über nicht zugelassene Stoffe sei noch nicht beendet. Zypern und Kroatien haben sich deswegen enthalten, Dänemark, Belgien, Bulgarien, Tschechien und die Slowakei stimmten dagegen, Griechenland, Litauen und Frankreich stimmten des Kompromiss wegen zu.

Duklavs sprach vor der Ratstagung mit Pekka Pesonen, Generalsekretär des europäischen Bauern- und Genossenschaftsverbandes Copa-Cogeca. Der könne dem Vorschlag zustimmen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) jedoch nicht. Heinrich Graf von Bassewitz, Öko-Beauftragter des DBV „hält den von der lettischen Ratspräsidentschaft vorgelegten Kompromiss zur Revision der EU-Öko-Verordnung für nicht akzeptabel.“ Vor allem in kleinstrukturierten Regionen würde der Ökolandbau zum Erliegen kommen. Damit der Öko-Anbau sich weiter entwickeln kann, fordert Bassewitz Veränderungen in drei Bereichen. So dürfe es keine Sonderrückstandsgrenzwerte für Ökoprodukte geben. Wenn der gesetzliche Grenzwert nicht mehr als alleiniger gelte, werde seine Verlässlichkeit angezweifelt, kritisierte Bassewitz. Ein Flickenteppich nationaler Regelungen zu Sonderrückstandswerten wie von der Ratspräsidentschaft vorgeschlagen, sei das Gegenteil von Harmonisierung im EU-Recht und werde vom Bauernverband strikt abgelehnt. Der Ökobeauftragte des DBV forderte zudem die Erhaltung der jährlichen Bio-Kontrolle. Sie sei das Rückgrat des Verbrauchervertrauens und das Mindestmaß für die Umsetzung des Öko-Kontrollsystems. Risikoorientierte Kontrollen seien ergänzend öfter oder vertieft durchzuführen, wie dies heute bereits in der Geflügelhaltung oder im Gewächshausbereich geschehe.

Unzufrieden ist auch Jan Plagge, Vorstand beim Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Die groben Fehler seien verschwunden, aber jetzt muss das Parlament die Verordnung weiter entwickeln. „Auch darüber hinaus haben die EU-Landwirtschaftsminister all jene Kommissionsvorschläge geändert, die die Entwicklung des Öko-Sektors ausgebremst hätten. So will der Rat keine unsinnigen Regeln für die Einzelhandelskontrolle oder Vorgaben einführen, welche die Umstellung auf Ökolandbau verhindern würden. Auch teilt der Rat die Position der Praxis, dass Produktionsregeln regionale und klimatische Voraussetzungen in den jeweiligen Ländern berücksichtigen müssen. Alles in allem haben die Minister so das Schlimmste verhindert.“ BÖLW-Vorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein zeigte sich enttäuscht, „dass die Position des Agrarrates weit hinter unseren Erwartungen zurückbleibt. Es ist dem Rat nicht gelungen, für eine sinnvolle Weiterentwicklung des bestehenden Bio-Rechts zu sorgen. Besonders bei den wichtigen Bio-Importregeln ist die Ratsposition unzureichend.“

Lesestoff:

[1] Vorsichtiger Optimismus bei informeller Ratstagung

Roland Krieg

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