Ökolandbau 3.0
Landwirtschaft
Wohin entwickelt sich die Bio-Branche?
In der Messewelt der BioFach hat die Branche auch mal Zeit, sich kontrovers über die eigene Entwicklung Gedanken zu machen. Nach außen hin wächst das Bio-Segment beständig und pflegen „bio“ und „konventionell“ die sie verbindenden Gräben. Nur „Öko“ könne die Welt ernähren, doch wer nur „Öko“ anbaut, der darf sich nur vegan ernähren?
Bio-Werte für die Gesamtgesellschaft
„Bio“ ist zunächst einmal nichts anderes als eine
bestimmte Wirtschaftsweise, bei der nur wirtschaftseigener Dünger oder
natürliche Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Die Tiere haben mehr Platz
und ein großer Stoffkreislauf verbindet die gesamte Wertschöpfungskette. Doch
„bio“ ist mehr und nicht immer nur anthroposophisch. Die International
Federation of Organic Agriculture Movements (IFOAM) hatte kürzlich vier Werte
definiert, die nach Markus Abenz von IFOAM eine globale Sprache für einen
breiten Konsens bieten: „Gesundheit, Ökologie, Fürsorge und Gerechtigkeit“.
Nach Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstand des Bund
Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), habe die Ökonomie bei der
biologischen Produktion nie die wichtigste Rolle gespielt. Antrieb für die
Umstellung auf diese Produktionsweise war die Verantwortung für Umwelt und
Tiere. Neuerdings gebe es auch eine räumliche Verantwortung, denn was die
Europäer konsumieren, wird woanders mit zweifelhaften Auswirkungen produziert.
Trotzdem sind nach Löwenstein Ziele wie „20 Prozent
Anteil des Ökolandbaus“ nur politisch bedingt. Die vielen Werte der Bio-Branche
seien eben nicht nur auf die Marktsegmente gemünzt, sondern in einem
gesellschaftlichen Maße auf alle Bereich zu übertragen. Gemäß einem
ökosystemaren Ansatz, zu dem auch der Mensch gehört.
Ungesund, unökologisch, ungerecht und unfair?
Nach Abenz hingegen berge dieser Ansatz die Gefahr,
nicht alle Menschen für den Biobereich mitnehmen zu können. Man müsse Geduld
haben, so einen Wertewandel zu skalieren.
Richtig: Denn wer solche Werte für sich reklamiert,
beansprucht für die „Restwelt“ das Gegenteil. Vielleicht ist das der Grund,
warum die Biobranche noch immer so klein ist. Wer „Bio“ isst, muss sich auch
moralisch korrekt verhalten? Denn macht „bio“ erst satt, wenn auch alle Werte
übernommen sind?
Entwicklungskonzept
Abenz sieht in der Bio-Branche ein Entwicklungskonzept:
„Wir sind klein und so werden wir auch wahrgenommen.“ Die Biobranche allerdings
ist ein gesellschaftlicher Vorreiter. Hier müsse sich die Biobranche noch
weiter entwickeln. Man müsse den Menschen genau erklären, was der Bioanbau mit
dem Klimawandel zu tun hat, und warum er die Welt ernähren könne. Stünden nur
die verschiedenen Standards und der Verkauf im Vordergrund, dann konkurriere
auch untereinander.
So wird dann aus der Biobranche das Bio-Projekt 3.0 für
die gesamte Gesellschaft
Neue Forschung braucht das Land
Das Bundesprogramm Ökologischer Landbau ist gerade
einmal zehn Jahre alt und mit sechs Millionen Euro für den Ökolandbau sehr schmal
ausgestattet, klagte Prof. Dr. Jürgen Heß von der Universität Kassel.
Die Ökolandbauforschung habe in den letzten Jahren
viele Impulse aus der Praxis erhalten und forscht sehr betriebsbezogen. Dr. Heß
sieht in der Ökoforschung einen anderen Ansatz als die konventionelle Forschung
die meist erst dann auf den Plan trete, wen „etwas weggedrückt“ werden soll.
Der Ökoforschung reiche es nicht, nur
auf die Unterdrückend von Krankheiten zu forschen, sondern will das Ökosystem
in seiner Gänze unterstützen und die Vielzahl der Verbindungen zwischen den
Organismen stärken.
Da öffne sich zuletzt auch die Deutsche
Forschungsgemeinschaft, die langsam so eine ökosystemare Forschung beginne.
Weit habe sich das jedoch noch nicht herumgesprochen, kritisiert Dr. Heß. Die
kürzlich gegründete Deutsche Agrarforschungsallianz (DAFA) forsche nur, wenn
das Ergebnis auch vermarktungsfähig sei. Sein Forschungsverständnis fiel dort
nicht auf fruchtbaren Boden, so Dr. Heß.
Roland Krieg
[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige BioFach mit dem Suchbegriff "BF-12" im Archiv anzeigen lassen]