Ökolandbau nach 2013
Landwirtschaft
Perspektivforum des DBV auf der BioFach
Die Erträge sind nicht stabil, die Preise nicht so hoch wie erwartet. Der Ökolandbau ist nach Dr. Heinrich Graf von Bassewitz, Leiter des Ökolandbaus im Deutschen Bauernverband (DBV), auf die Zuteilung von Beihilfen angewiesen. Und die stehen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarreform (GAP) für die Zeit nach 2013 zur Disposition. Vier Prozent der Bauern würden ihre Betriebe umstellen, doch angesichts der Pläne zur Einstellung von Umstellungsprämien in Schleswig-Holstein, Thüringen und Baden-Württemberg höchst verunsichert.
Förderung von „Bio-Plus“
Mit der Rückbesinnung auf das Regionale
begünstigt nach von Bassewitz das Verbraucherverhalten den Ökolandbau.
Allerdings macht von Bassewitz eine Unterscheidung zwischen „Bio-Plus“ und
„Bio“. Mit dem „Plus“ will Bassewitz den Verbände-Anbau bezeichnet wissen, der
mit der Bindung von Futterflächen an den tierhaltenden Betrieb und einer
Komplettumstellung strengere Standards einhält als der EU-Bioanbau, bei dem
auch eine Teilumstellung erlaubt ist. Das, wie insgesamt laschere Vorschriften
weltweit, verschaffen dem Verbände-Anbau einen Wettbewerbsnachteil.
Die Verbraucher könnten das kaum noch
auseinanderhalten und der Handel die Unterschiede damit ihnen nicht erklären,
um einen höheren Preis durchzusetzen. Bassewitz forderte das Verbot der
Teilumstellung und eine stärkere Öko-Forschung, mehr Fördergelder und mehr
Kommunikation gegenüber den Kunden. Dann sei er optimistisch, dass mehr
Betriebe auf die ökologische Anbauform umstellen werden.
Risiko Politik
Prof. Dr. Hiltrud Nieberg vom Johann
Heinrich Thünen-Institut macht in der Politik die Ursachen für das zögerliche
Verhalten der Bauern aus. Unsicherheit über die Gentechnik, das Preisniveaus
oder die Absatzstabilität wurden in einer Befragung unter Bauern als
Umstellungshemmnis genannt – an vorderster Stelle jedoch die Unsicherheit über
die Förderpolitik (57 Prozent der Nennungen), die Unsicherheit bei der
Agrarpolitik (51 Prozent) und Unsicherheit über die Agrarumweltmaßnahmen (41
Prozent).
Die Entkopplung der Prämien habe dem
Ökolandbau schon deutlich geholfen. Ohne die Beihilfen lägen die Einkommen der
Ökobetriebe nach Prof. Nieberg unter denen der konventionellen Betriebe. Daher
sehen bestehende und werdende Ökobetriebsleiter in der Abschaffung der ersten
Säule der Agrarfinanzierung eine große Bedrohung, weniger, wenn Gelder in die
zweite Säule umgeschichtet und genutzt werden können.
Prof. Nieberg hat auch die absoluten Beträge
analysiert und herausgefunden, dass Auswirkungen durch eine unsichere Politik
kleiner sind als Auswirkungen durch unsicheres Verbraucherverhalten. Umgekehrt
heißt das: Wer einen vertrauenswürdigen Markt hat, muss sich weniger um die
politischen Rahmenbedingungen sorgen.
Trotzdem: Was derzeit nach 2013 kommt bleibt
auch für die Marktwirtschaftlerin vage. Es bleibt die Frage, ob die erste Säule
durch das „greening“ betroffen ist, wie hoch das künftige Agrarbudget sein wird
und wie die zweite Säule sowie die Agrarumweltmaßnahmen ausgestaltet werden.
Wir wissen wenig
Man wisse tatsächlich zu wenig, sagte
Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Bundesgrünen. Kürzungen der
ersten Säule betreffen auch die konventionellen Landwirte. Wer besser oder
schlechter gestellt sein wird, sei keine Frage, ob er ökologisch oder
konventionell wirtschafte.
Wohl aber habe der Ökolandbau Zukunft, denn
die Demonstration zur Grünen Woche gegen die Agrarindustrie sei ein Spiegelbild
des gegenwärtigen gesellschaftlichen Diskurses. Die Agrarpolitik sei kein
geschlossener Zirkel mehr und die Reform der GAP beinhalte die Chance, die
bisherige Agrarpolitik grundlegend zu verändern.
Rolle des Handels
Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen
Bauernverbandes (DBV) spricht dem Handel eine gewichtige Rolle zu. Im Gegensatz
zu Österreich, wo die Aufkäufer ein sozialpartnerschaftliches Verhältnis zu den
Erzeugern pflegten, benähmen sich die deutschen Aufkäufer wie „Höllenhunde“.
Lediglich Rewe habe mit seiner Bindung an Naturland den Verbandsanbau auf eine
breite Basis gestellt. Ansonsten unterliege auch die Ökobranche den
Gesetzmäßigkeiten des Discounts.
Skeptisch ist Sonnleitner gegenüber der
möglichen, stärkeren Berücksichtigung von Kleinbauern. Derzeit gibt es rund 12
Millionen Bauern in der EU. Würden die Subsistenzbetriebe von bis zu zwei
Hektar hinzugezählt werden, dann teilen sich noch einmal rund 10 Millionen
Betriebe das bisherige Agrarbudget. Ähnlich benachteilige auch die Bindung der
Auszahlung an die Arbeitskraft die deutschen Betriebe. In Osteuropa sind mehr
Arbeitskräfte auf einen Hektar beschäftigt als im deutschen Ökolandbau – dem
dann das Geld fehlen würde.
Auf sich selbst gestellt
Letztlich bleibt der Bauer auf sich selbst gestellt. Gerade die Ökobranche denke nach Ostendorff zu sehr an die Produktion. Es gebe immer noch Defizite, die Produkte auch zu vermarkten. Durchaus ähnlich ist auch Sonnleitner zu vernehmen: Wer Ökolandbau betreiben will, der solle nicht auf die Prämien fixiert sein, sondern an die Märkte denken. Und das hat das letzte Jahr gezeigt: Es könnte in Deutschland mehr produziert werden. Dem Verbraucher muss es klar werden, dass er die Bauern individuell über einen höheren Preis nach Bedarf bezahlen kann, oder allgemein die für ihn offenbar unbefriedigende Agrarpolitik mit Steuergeldern anonym subventioniert.
Roland Krieg
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