Ökolandbau östlich der EU
Landwirtschaft
Zarte Blüten des Ökolandbaus
Landwirtschaft spielt in den Regionen Osteuropas und im Kaukasus eine wichtige Rolle. Auf dem Land bietet sie nicht nur den Selbstversorgern einen Lebensunterhalt, sie müssen auch mit den großen Produktionseinheiten konkurrieren, die nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Wirtschaftssystems hervorgegangen sind. Oftmals liegen in diesen Ländern die besten Böden der Welt, leiden jedoch auch oftmals unter Degradation. Hier bietet die ökologische Landbewirtschaftung eine Alternative zur Erhalt der Natur und eine Vermarktungsmöglichkeit in sich entwickelnden Gesellschaften mit steigenden Einkommen. Doch der Ökolandbau hat andere Probleme zu bewältigen, als der des westlichen Europas, wie eine Tagung auf der Nürnberger BioFach zeigt.
Ukraine ohne Ökogesetz
Derzeit stagniert die Entwicklung des ökologischen Landbaus in der Ukraine. Nach Dr. Eugene Milovanov, Direktor der Ökologischen Gemeinschaft der Ukraine, wurden 2002 lediglich 164.000 Hektar Land biologisch kultiviert. Ein Jahr später waren es 239.000 Hektar, aber in den folgenden Jahren bis 2009 kamen lediglich 40.000 Hektar hinzu.
Der erste Ökoanbau geht zwar auf das Jahr 1977 zurück, die erste Zertifizierung gab es aber erst 1999. Die Ökologische Gemeinschaft wurde 2005 gegründet. Die Ukraine will zwar nach dem Dekret 1158 den Anteil des Ökolandbaus an der gesamten Landwirtschaft bis zum Jahr 2015 auf 10 Prozent ausbauen, aber ein richtig gültiges Ökogesetz gibt es noch nicht. Dr. Milovanov bezeichnet den Plan deshalb als „sehr ehrgeizig“, glaubt aber an die ökologische Zukunft.
Am 10. Oktober 2009 gab es den ersten ukrainischen Biomarkt in Lviv, den mehr als 20.000 Gäste besucht haben. Es wurde auch ein Biomenü gereicht. Ein Problem besteht darin, dass die Ukrainer kaum einen Unterschied zwischen dem ökologischen Landbau und der „natürlichen Produktion“ machen, die abseits der Großbetriebe praktiziert wird. Um darüber aufzuklären gibt die Ökogesellschaft ein monatliches Kundenmagazin mit dem Namen „Organic UA“ heraus. Weil es so wenig Ökoprodukte gibt, fehlen auch Naturkostläden. Es gibt aber kleinere Geschäfte, die neben der normalen Marktware auch bis zu 17 Prozent Ökoprodukte führen.
Georgien ohne Subventionen
Auch die Georgier machen kaum einen Unterschied zwischen ihrer natürlichen und der ökologischen Produktion, so Mariam Jorjadze von der Ökologischen Bauernorganisation Elkana. Dabei ist Elkana bereits seit 1994 Mitgliede bei IFOAM und bietet 400 Betrieben, 12 Bauernvereinigungen, acht Genossenschaften und 11 Verarbeitern und Händlern ein gemeinsames Dach. Weil Georgien einer der ursprünglichen Kulturen ist, in denen die Landwirtschaft viele Sorten und kultiviert hat, will der georgische Ökolandbau seine Produktion auch mit der ackerbaulichen Handwerkskultur verbinden. In Georgien werden viele Pflanzenarten wie Dika-Weizen, italienische Hirse oder seltene Bohnen durch Anbau bewahrt.
Allerdings wechselt in Georgien häufiger die Regierung, beklagt Jorjadze. Damit sind in der Regierungsarbeit kaum dauerhafte Politiken zu erkennen. Nur in einem seien alle bislang einig gewesen: Es gibt keine Subventionen für die Landwirtschaft. Unterstützung findet der Ökolandbau daher bei Verbänden aus Deutschland, der Schweiz und Österreich.
Elkana begann 1999 mit offenen Straßenmärkten, die aber in der Folgezeit generell verboten wurden. Seit 2006 gebe es vereinzelte Ausnahmen für die Ökomärkte.
Insgesamt bezeichnet Jorjadze den georgischen Ökomarkt als verstreut und zufällig. Zur Förderung eines einheitlichen Auftretens will Elkana demnächst eine Eigenmarke für Ökoprodukte herausbringen.
Nach 2008 in der Ukraine und 2009 in Georgien wird in diesem Herbst die 3. Internationale Konferenz für den ökologischen Sektor in Zentral/Osteuropa und in Zentralasien in Kasachstan statt finden. Erste Details werden ab dem 15. März auf der Webseite der Konferenz www.conference.organicenter.kz veröffentlicht. |
Binnenentwicklung durch Export
Jiri Urban, Staatsskretär aus dem tschechischen Landwirtschaftsministerium vergleicht die Situation in der Ukraine und in Georgien mit der in seinem Land vor rund 15 Jahren. Tschechien hat vor allem die Grünlandumstellung stark gefördert, das bald einen Anteil von 95 Prozent des Ökolandbaus inne hatte. Die Fördersätze für Grünland wurden drastisch zurückgefahren und belaufen sich heute auf 70 Euro, während die Fördersätze für Wein und Weizen mit 850 und 500 Euro je Hektar und Jahr deutlich höher ausfallen. Da habe den Grünlandanteil schon auf 80 Prozent gedrückt, so Urban.
Tschechien bekomme zwar Geld von der EU, aber die Programme seien nicht auf die Mitgliedschaft in der EU gebunden. Jiri Urban meint, dass Agrarumweltprogramme und Investitionshilfen für Verarbeiter auch in der Ukraine und in Georgien den Ökolandbau vorantreiben könnten.
Tschechien hat früh begonnen, Ökoprodukte zu exportieren. Dafür sei sein Land zwar kritisiert worden, aber das habe geholfen, die Binnenentwicklung voranzutreiben. Ökoskeptiker haben gesehen, dass in diesem Sektor Geld zu verdienen ist und haben begonnen, für den heimischen Markt zu produzieren. In Tschechien ist dafür noch viel Spielraum, denn 60 Prozent der verbrauchten Ökoware muss derzeit importiert werden.
Lesestoff:
Der virtuelle Ökoweg zur Ukraine und nach Georgien: www.organic.com.ua und www.elkana.org.ge Beide Seiten lassen sich auf die englische Sprache umstellen.
Roland Krieg (Text und Fotos)
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