Ökolandbau zwischen Potenzial und Grenzen
Landwirtschaft
Niedrigere Erträge relativieren Vorzüglichkeiten

Im Gegensatz zum konventionellen Landbau wird der Ökolandbau von den meisten Menschen als schonender für Mensch, Tier und Umwelt wahrgenommen. Der Erhalt einer größeren Artenvielfalt und die Verringerung von Schadstoffbelastungen sind wissenschaftlich nachweisbar. Doch kann der Ökolandbau künftig zehn Milliarden Menschen ernähren, die dem westlichen Ernährungsstil folgen?
Eva-Marie Meerken und Prof. Dr. Matin Qaim von der Georg-August-Universität Göttingen sind skeptisch. Für die menschliche Gesundheit zeigen vorhandene Meta-Studien keine zusätzlichen Effekte. Und weil wegen der niedrigeren Erträge mehr Ackerfläche notwendig ist, relativierten sich die Vorteile des Ökolandbaus. „Die ertragsunterschiede müssen berücksichtigt werden, weil die globale Nachfrage nach Lebensmitteln weiter wächst“, sagt Prof. Qaim. Bislang wird lediglich ein Prozent der Ackerfläche nach ökologischen Wirtschaftsweisen bestellt. „Wollte man künftig die ganze Welt mit Bioprodukten ernähren, bräuchte man deutlich mehr Fläche, was nur auf Kosten von Wäldern und anderen natürlichen Lebensräumen möglich wäre.“
Die Umstellung auf ökologischen Landbau könnten sich die einheimischen in den Entwicklungsländern kaum leisten, sagt Meerken: „Für einheimische Grundnahrungsmittel gibt es in den Entwicklungsländern auf Grund der niedrigen Einkommen bisher kaum einen Markt für teurere Bioprodukte.“
Das heiße nicht, dass der Ökolandbau keinen Beitrag für die Welternährung leisten kann, aber er sei „nicht als Leitbild für globale nachhaltige Landwirtschaft und Ernährungssicherung“ geeignet. Beide Systeme, der Ökolandbau und die konventionelle Bewirtschaftung müssten voneinander lernen. Matin Qaim folgert: „Benötigt werden produktive und zugleich umweltfreundliche Systeme. Solche Systeme standörtlich angepasst zu entwickeln, erfordert die intelligente Kombination von Methoden des Ökolandbaus und der konventionellen Landwirtschaft – auch unter Berücksichtigung ganz neuer Technologien.“
Lesestoff:
Originalveröffentlichung: Meemken, E.-M., Qaim, M. (2018). Organic agriculture, food security, and the environment. Annual Review of Resource Economics, https://doi.org/10.1146/annurev-resource-100517-023252
Auf die Notwendigkeit eines global veränderten Ernährungsstils im Zusammenhang mit der Ausweitung des Ökolandbaus hatte im letzten Jahr auch eine Studie des FiBL hingewiesen: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/oekolandbau-und-die-welternaehrung.html
Roland Krieg; Foto: Stefan Schwarze