Ökologisierung des ländlichen Raumes

Landwirtschaft

Kongress der Bundesgrünen zur ländlichen Entwicklung – Teil II

Wenn Wasserwerke beginnen den ökologischen Landbau finanziell zu unterstützen, weil diese Ausgaben günstiger sind, als die Reinigung des Wasser der konventionellen Landwirtschaft, dann gibt es für Bioland-Vorstand Thomas Dosch nur den einen Weg für die Entwicklung des ländlichen Raumes: Die Ökologisierung der Landwirtschaft, um die es in einem von drei Kongressforen gegangen ist. 300 Regenwürmer wühlen durch jeden ökologischen Quadratmeter Boden und schaffen dabei ein Porenvolumen, dass in einer Stunde 150 Liter Wasser aufnimmt. Das ist praktischer Hochwasserschutz. Bayern komme nur auf 30 Regenwürmer je Quadratmeter, so Dosch.
Der ökologische Landbau ist aber nicht nur Sache der Bauern. So war längere Zeit die Erfassung der Milch sehr aufwändig gewesen und die Kosten der Logistik haben den Mehraufschlag für die Biomilch aufgezehrt. Das hat sich heute gebessert und die Erfassungskosten liegen unter dem ausgezahlten Mehrwert.
Thomas Dosch wollte sich allerdings mit der Terminologie „ländlicher Raum“ nicht richtig anfreunden: „Die Menschen im Dorf können oft nicht viel damit anfangen.“ Es gebe Bewohner, die „noch die Qualität haben, niemals weg gewesen zu sein“. Bei allen Betrachtungen geht es ein Lebensumfeld.

Die Dimension der Bioenergie
Eine der dynamischsten Nutzungsrichtungen ist zur Zeit die Bioenergie in all ihren möglichen Variationen. Die Bewohner der Landkreise Uckermark und Barnim in Nordbrandenburg verbrauchen etwa 500.000 MWh Energie. Würde die Hälfte aller anfallenden Stroh- und Roggenernten in Bioenergie umgesetzt, dann entstünde ein maximales Angebot von 1,6 Millionen MWh. Damit könnten auch andere Regionen versorgt werden, wie es der aktuelle Energie-Cluster BarUm allerdings bereits heute schon leistet. Prof. Dr. Hans-Peter Piorr von der Fachhochschule Eberswalde sagte, dass die Brandenburger Strom, der nicht in der Region abgesetzt werden kann, in den Niederlande abnehme findet.
Meist schließen Berechnungen über Angebotspotenziale das Risiko Witterung aus. Zudem werde kaum erwähnt, dass der Ökoanbau weniger Energie aus Biomasse liefert als der konventionelle Anbau. Würden wirklich alle Ernterest für die Energiegewinnung genutzt, dann litten die Böden an einem Humusmangel. Der nachhaltige Ackerbau braucht Erntereste, die den Boden wieder mit Nährstoffen versorgen. Prof. Piorr möchte bei dem Thema nicht nur die Chancen aufzeigen, sondern auch die Risiken benennen.
So ist die Bioenergie durchaus der richtige Weg, Alternativen für die fossile Erdölversorgung zu suchen, aber den meisten Menschen ist es nicht ganz klar, welche Dimensionen das hat. Die Raffinerie in Schwedt an der Oder verschlingt jedes Jahr 600.000 Tonnen Roggen für die Erstellung von Biodiesel, 500.000 Tonnen Raps für Bioethanol und 250.000 Holz. Täglich verkehren nach Angaben Prof. Piorrs rund 800 Lkw von und zur Raffinerie. Der Holzhunger zeigt auch bereits erste Auswirkungen: „Die Wälder bei uns sind leer gefegt“, klagte Prof. Piorr – aber bundesweit liegt die Nachbildungsrate immer noch deutlich über der Gebrauchsrate, ergänzten Forstwirte in der Diskussion.
Die europäische Zielsetzung, 5,75 Prozent des Diesels im Jahr 2010 aus erneuerbaren Energiequellen zu speisen, werde rund 12 Millionen Hektar Energieäcker hervorbringen. Prof. Piorr prognostiziert, dass diese nicht mit kleinen Feldschlägen zu realisieren ist. Rationalisierte, große Flächen mit modernster Technik, wie dem Precision Farming, werden in Ostdeutschland entstehen. Eine von der FH Eberswalde nach eigenen Berechnungen erstellte, aber unveröffentlichte Europakarte weist diesen Schwerpunkt aus.

Naturpark ist Nutzung und Bewegung
14 Nationalparke, 19 Biosphärenreservate und 92 Naturparke gibt es kreuz und quer in Deutschland. Der Naturschutz wird in der Nutzung der ländlichen Räume immer wieder als Perspektive dargestellt. Uwe Brendle, Leiter der Abteilung Natur und Gesellschaft beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) zeigte in seinem Vortrag, dass neben Bäumen, Bibern und Bachstelzen die Wirtschaft einen handfesten Beitrag leistet. Seit 2002 hat sich der Nachhaltige Tourismus rasant entwickelt. Die Zahl der Lizenznehmer hat sich bis im Juli 2006 von etwa 50 auf 500 erhöht.
Der Müritznationalpark hat mittlerweile rund 400 km Wander- und 200 km Radwanderwege. Das Gesamtangebot an Naturerlebnis-Aktivitäten lockt jährlich 300.000 Besucher an die Seen. 2004 betrug der Bruttoumsatz 13,4 Millionen Euro und schaffte und erhielt 628 Arbeitsplätze.
Das Altmühltal besuchen rund 910.000 Besucher, wobei rund 37 Prozent der Gäste auch übernachten. Es werden 20,7 Mio. Euro Bruttoumsatz erzielt und 483 Arbeitsplatzäquivalente geschaffen. Der Hohe Fläming südlich von Berlin zählt auch bereits 300.000 Besucher, erwirtschaftet 6,1 Millionen Euro Umsatz bei einem Anteil von 17 Prozent Übernachtungsgäste und sichert 211 Arbeitsplätze.
Dabei sieht Brendle noch erhebliches Marktpotenzial, denn Naturtourismus werde zumeist als reiner Schutzgebietstourismus verstanden. Weitere Aktiv-Angebote könnten den Wünschen der Gäste entgegen kommen.

Lesestoff:
Der erste Teil des Berichts beschrieb die Future Landscape des ZALF.
Die Architekten der zukünftigen Landschaftsnutzungsformen finden Sie unter www.zalf.de
Alle Modelle mit genauen Aufgabenbeschreibungen der vernetzten Eigeninitiativen gibt es unter www.modellregionen.de
Für die Erforschung der Lebensqualität rund um die ökologische Land- und Ernährungswirtschaft zeichnet sich in Brandenburg das Zentrum für Technik und Gesellschaft an der TU Berlin aus: www.regionalerwohlstand.deDer MeLa-Kongress in Mecklenburg-Vorpommern hatte in diesem Jahr ebenfalls die Entwicklung des ländlichen Raumes zum Thema gehabt: Hier geht es zu Teil I und zu Teil II.
Brandenburg kümmert sich seit einiger Zeit gezielt um seine Dorfkerne.
Der Deutsche Bauernverband hatte in diesem Jahr einen Kongress zum Thema Landwirtschaft und Umweltschutz.

Roland Krieg

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