„Öl, Kohle und Gas ruinieren unsere Wälder“

Landwirtschaft

Darf Holz verbrannt werden?

Die Menschenhaben das Gefühl, der Wald verschwindet wegen Trockenheit und Borkenkäfer. Jetzt soll das Holz auch noch verbannt werden? Johannes Röhl von der Rentkammer [1] Wittgenstein-Berleburg lebt allein von den Erträgen seines Waldes. Rund 12.000 zusammenhängende Hektar sind im Familienbesitz und in mehrere Revierförstereien aufgeteilt. Auf der digitalen Sondersitzung des Holzenergiekongresses 2020 [2] sprach er über die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten des Waldholzes.

Der Wald und sein Holz

Der Wald besteht nicht nur aus Nadel- und Laubbäumen, die beim Umbau zu klimaresilienten Mischwäldern seit Jahrzehnten zunehmen, sondern aus Holz, das nach verschiedenen Nutzungsrichtungen unterteilt werden kann. Silvio Mergner von den Bayerischen Staatsforsten teilt das wertvolle Stammholz für die Furnierherstellung und das Industrieholz für die Umwandlung in Zellstoff und Grundchemikalien der stofflichen Nutzung zu. Energetisch werden Energieholz für Heizkraftwerke und Brennholz für den privaten Gebrauch genutzt. Die stoffliche Nutzung entspricht rund 80 Prozent des Holzes, das 90 Prozent des Wertes erzielt.

Beide Preiskurven der eigentlich getrennten Märkte leiden seit Jahren unter dem gleichen Preisverfall. In die Schlagzeilen ist das Schadholz geraten, das nach Schneebruch, Sturm und Käferbefall an Volumen deutlich zugenommen hat. Nach  Mergner ist das regional sehr unterschiedlich. In den drei Ländern Deutschland, Österreich und Tschechien hat der Schadholzanteil bei Nadelhölzern zwischen 2017 und 2019 um 30 Prozent zugenommen. Für Bayern notierte er „nur“ einen Zuwachs um sieben Prozent. Dennoch gibt es zwei Effekte: Zum einen ist zu viel Holz auf dem Markt, zum anderen verschiebt sich das Sortiment hin zu schlechteren Qualitäten.

Womit verdient der Forst sein Geld?

Österreich ist in der Nutzung von Holzenergie weiter als Deutschland. Ohne die Holzenergie ginge des den Forsten deutlich schlechter, zeigte Christoph Pfemeter vom Österreichischen Biomasse-Verband. Die Kosten eines Forstbetriebes mit 3.000 Hektar sind zu 25 für Ernte und Rückung fällig. Die Wegeerhaltung frisst zehn Prozent, Waldbau und Gebäude ebenfalls. Fast 20 Prozent fließen in die Verwaltung. Der wirtschaftliche Erfolg ist eine kleine schmale Säule von drei bis vier Prozent und resultiert allein aus der Holzenergie. Ohne Energieholz gibt es in den meisten Fällen keinen positiven Betriebsertrag, obwohl es eigentlich nur ein Nebenprodukt mit 20 Prozent Volumen und zehn Prozent der Einnahmen stellt. Da Energieholz das minderwertigste Holz im Wald ist, könnte es allein noch nicht einmal seine Erntekosten decken.

Aber: Es ist das wichtigste Element für die Schädlingsbekämpfung und Sturmholznutzung [3]. Das sagt auch Silvio Mergner für Bayern. Rund acht Millionen Tonnen Holz werden in Bayern jährlich für Strom und Wärme genutzt. Die Wärmeerzeugung liegt mit sechs Millionen Tonnen und 0,8 Millionen Pellets ganz vorne. Und dieses Segment steigt vor allem über die Scheitnutzung.

Verbrennen oder stofflich nutzen?

Seit jeher haben die Menschen Holz energetisch genutzt, sagt Röhl, der mit seinem Forst im südlichen Nordrhein-Westfalen in einer klimatisch für Wald optimalen Region liegt. Südabfall Rothaargebirge, Braunerden, durchschnittliche mittlere Jahrestemperatur von sechs Grad Celsius und 1100 bis 1300 mm Niederschlag. Zwischen 80.000 und 100.000 Kubikmeter Holz schlägt Röhl jährlich ein. Derzeit gehen nur zehn Prozent des Holzes in die Wärmenutzung. Seitdem der Borkenkäfer da ist, schädigt er vor allem die älteren Buchenbestände und geht direkt in das stehende Vorratsholz. 2018 hat er 78.000 Festmeter Borkenkäferholz gehabt, im Jahr darauf waren es 100.000 Festmeter mit 100 Prozent Kalamitätenholz und in diesem Jahr rechnet er mit 160.000 Festmeter Schadholz. Der Markt für Industrieholz sei nicht mehr existent. Exporte nach China und Südkorea beziffert er mit 60.000 Festmeter im Jahr 2020.

Energieholz wird attraktiver. Röhl berichtete von einem größeren Interessenten aus Dänemark, der nach Ware über den Hafen Duisburg fragte. Der Markt den Preis und gibt das Nutzungssegment vor. Ärgerlich sei es, wenn die Sägewerke ihre Marktmacht nutzten und ohne Anlass, die Preise senken. Große Werke hingegen zahlen zumindest die Ernte- und Rückekosten, weil sie sich dadurch eine langfristige Bindung an den Kunden erhoffen.

Marktverzerrungen

Für Röhl gibt es ungenutztes Potenzial für die energetische Nutzung. Private Waldbesitzer haben aber oftmals keine technischen Möglichkeiten für dessen Bergung, zeigen kein Interesse an der Nutzung und unterliegen dem „Stilllegungswahn“ in Richtung ursprünglichem Wald. Dem will Röhl auf jeder Eben deutlich widersprechen. Die Eigentümerselbstbestimmung überhöre Vorschläge der Förster.

Es steht nicht nur die stoffliche mit der energetischen Verwertung im Wettbewerb. Aus Sicht der stofflichen Verwerter fehlt ihnen auch Holz, das wegen der besseren Preise nach China geht. Neben dem Marktpreis müsse die Politik mit Steuerungselementen die Nutzung lenken. Waldbesitzer, die bislang das Potenzial ihres Waldes nicht voll ausgenutzt haben, würden dies auch nicht für die energetische Nutzung tun.

Prognose Energieholz

In Österreich halten sich verbrauchsdämpfend und verbrauchssteigende Effekte die Waage. Jedes Grad Klimaerwärmung senkt den Heizwärmebedarf um 14 Prozent. Hinzu kommen optimierte Kessel und bessere Dämmung, erläuterte Pfemeter. Auf der anderen Seite steigen die Zahlen der Groß- und Kleinkessel. Österreich setzt auf rund 240 MW Holzdiesel [4]. Das Angebot von Energieholz wird nicht nur durch die steigende Zahl an Kalamitäten erhöht. Der Umbau zu Mischwald stellt mehr Laubbäume in den Wald, deren Stämme nicht so grade wie Nadelhölzer wachsen und mehr „Restholz“ liefern. Preisverfall und die schwächelnde Wirtschaft hingegen senken die Nachfrage. Energieholz müsse langfristig teurer werden. Es steht in Konkurrenz agrarischer Biomasse, deren Logistikkosten höher sind.

Nutzungswege

Auf der Basis einer neuen Studie will Österreich mit neun Anlagen in den Markt für Holzdiesel und Holzgas einsteigen. Damit sollen die gesamte Land- und Forstwirtschaft ihre Antriebsstoffe selbst erzeugen. Der komplette Umstieg bis 2035 wird fossile Rohstoffe für 20 Milliarden Euro einsparen und mit weniger als 1,3 bis 4,5 Cent/kWh gefördert. Für Pfemeter ist die energetische Nutzung des Holzes nicht nur der Ausweg aus der Kalamitätenkrise, sondern auch der Weg in die dauerhafte nachhaltige Waldnutzung: „Wir müssen das Schadholz nutzen, um die fossilen aus dem Markt zu drängen. Öl, Kohle und Gas ruinieren unsere Wälder.“ Das Schadholz sei die Chance für den Ausstieg aus der fossilen Energie. Das schütze den Wald, die Holzindustrie und biogenen Kohlenstoffspeicher.

Vergleich arbeitet Sebastian Henghuber bei der MW Biomasse AG an Wärmeheizkraftwerken. Seit 2006 wirtschaften 15.000 Waldbesitzer mit 100.000 ha Wald in Bayern zusammen und liefern Brennholz („Das Waldscheitl“, mwWaldpellets und Hackschnitzel. Das Heizwerk Glonn-Zinneberg im Landkreis Ebersberg geht mit Wärmecontracting bereits in den 12. Winter und baut sein Wärmenetz stetig aus. Waldbesitzer sind an der BWM beteiligt und Landwirte arbeiten als Lohnunternehmer in der Logistik für das Nahwärmenetz. Grenzen setzt nach Henghuber nur die Leitungslänge. „Holz haben wir in der Region genug“. Auch hier sorgt die langfristige Bindung für faire Preise, die sich zwar am Markt orientieren, aber den Waldbesitzern ein regionales Einkommen sichern.

Lesestoff:

[1] Rentkammer ist die Organisation, die das Einkommen des Landesherren verwaltet. Im Mittelalter war es eine staatliche Behörde.

[2] Wirtschaftsmotor Holzenergie: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/kongress-holzenergie.html

[3] Wohin mit dem Holz? https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wohin-mit-dem-holz.html

[4] Der kurze Rausch Biomass to Liquid: https://herd-und-hof.de/handel-/die-welt-will-xtl.html

https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/kongress-biomass-to-liquid.html

https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/genug-biomasse-fuer-btl.html

Roland Krieg

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