Opt out ist nah

Landwirtschaft

EU-Parlament und Rat finden GVO-Ausstiegs-Kompromiss

Am Donnerstag konnte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis die Einigung zwischen EU-Parlament und Rat verkünden, die am Vorabend zum Thema Opt out bei der GVO-Zulassung erzielt wurde. Der noch von den Schattenberichterstattern und dem EU-Plenum zu bestätigende Bericht wird den einzelnen Mitgliedsländern die Möglichkeit geben, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf ihrem Territorium auch ohne Wirkung auf die Zulassung für andere Länder zu unterbinden.

Seit 2009 läuft dieser Prozess und folgt am Ende den Ideen Jean Claude Junckers, den gewählten Parlamenten die gleiche Gewichtung zu geben wie den wissenschaftlichen Expertisen. Im Frühjahr 2015 könnte das Parlament die endgültige Zustimmung geben.

Für Martin Häusling von den Europagrünen biete der Deal keine „Sicherheit für ein Gentechnik-freies Europa“. Die Unternehmen können doch noch in die nationale Entscheidungsfindung eingreifen, was am Prozess des Rechtsstaates vorbeigehe. Die Länder können zwar flexibel über die nationale Zulassung entscheiden und werden aufgefordert die beantragenden Unternehmen zu kontaktieren. Das sei aber keine Pflicht und am Ende Interpretationssache. Umweltgründe dürfen nicht mehr als Ablehnungsgrund herangezogen werden, was nach Häusling das Anbauverbot drastisch einschränke.

Harald Ebner, Sprecher für Gentechnikpolitik bei Bündnis 90/Die Grünen, kritisiert vor allem Deutschland. Die Bundesregierung habe an der Verpflichtung der Kontaktaufnahme zu den Unternehmen festgehalten und Verbote auf das EU-Umweltrecht gesetzt. Das würde leichter über TTIP und CETA ausgehebelt werden können.

Die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) sieht das Ergebnis positiver: „Da ein europaweites Anbauverbot von gentechnisch veränderten Pflanzen leider nicht durchsetzbar war, stellt das Recht der Mitgliedstaaten, selbst darüber zu entscheiden, ob auf dem eigenen Hoheitsgebiet gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden dürfen, einen wichtigen Schritt dar, um in Deutschland den GVO-Anbau zu unterbinden. Ob die neue Opt-out-Regelung den von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnten Anbau von GVO auch tatsächlich wirksam verhindern kann, hängt natürlich noch von der konkreten Ausgestaltung ab.“ Hinz hofft auf eine bundesweit einheitliche Lösung, damit nicht ein Flickenteppich durch unterschiedliche Haltung einzelner Bundesländer entstünde.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt kündigte an, so bald wie möglich einen nationalen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen. Schmidt sieht in der ausbleibenden Verpflichtung des Staates, das Unternehmen zu kontaktieren, den Respekt gegenüber einem hoheitlichen Verfahren, bei dem es „nichts zu verhandeln“ gibt. Die Unternehmen können bereits im Zulassungsverfahren einzelne Regionen herausnehmen. Ablehnungsgründe aus sozioökonomischen oder agrarpolitischen Gründen seien ausreichend. Schmidt will darüber hinaus Produkte, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futterpflanzen gefüttert wurden, künftig kennzeichnen.

Auch Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Bündnis 90/Die Grünen) sieht in der fehlenden verpflichtenden Kontaktaufnahme zum Unternehmen kein Problem. Insgesamt sei der Kompromiss „ein zaghafter, aber ein erster Schritt, um Verbraucherinnen und Verbraucher in Baden-Württemberg und Deutschland vor dem weiteren Anbau von Gentechnikpflanzen zu schützen.“ Bonde bedauert, dass es keine Haftungsregeln und bessere Koexistenzregeln gibt.

Auf eine bundesweit einheitliche Regelung hofft auch Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Nur so könne Schmidt einen deutschen Flickenteppich vermeiden und Lebensmittelindustrie und Verbrauchern Sicherheit vermitteln. Das nationale Gentechnikgesetz müsse nachgebessert werden, um das Verursacherprinzip zu verankern. „Wer mit der Gentechnik Schäden verursacht, der muss auch dafür haften“, erklärte Löwenstein.

roRo; VLE

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