Orthopockenviren

Landwirtschaft

Zoonosen durch Schmusetiere und Handel

Orthopoxvirus vaccinia sind besser bekannt als Kuhpocken. Früher haben sich die Menschen beim Melken mit den Viren angesteckt, die einen milden Krankheitsverlauf hervorgerufen haben. In die Weltgeschichte gingen die Kuhpocken durch die Beobachtung von Edward Jenner im Jahr 1796 ein, dass Menschen, die mit Kuhpocken infiziert waren gegen Pocken immun waren. Der erste Siegeszug gegen die Pocken, auch Blattern genannt, war die Impfung der Menschen mit O. vaccinia – daher auch der Name Vakzin für ein Impfmittel. Gegen Pocken gibt es keine Heilung, aber die Pockenschutzimpfung beugt vor.
Heute sind die Pockenviren ausgerottet. Aber ähnliche Viren, neben den Kuhpocken auch Affenpocken, sind noch immer weit verbreitet und stellen eine größer werdende Gefahr für Menschen dar. Deshalb hat das Robert Koch-Institut zusammen mit der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen am Freitag eine wissenschaftliche Tagung zum Thema zoonotischer Pockenviren abgehalten.

Schmuseratten

Mit der Ausrottung der Pocken in den 1980er Jahren wurde auch die Pockenschutzimpfung in Deutschland eingestellt, so dass wieder mehr Menschen empfänglich für Orthopockenviren werden. Währenddessen haben sich die Kuhpocken ein breiteres Wirtsspektrum gesucht und infizieren Menschen über so genannte „Schmuseratten“ und Katzen. Aus diesen Quellen hat das Robert Koch-Institut in den letzten Jahren einen Anstieg von Kuhpocken bei Menschen festgestellt. Die Infektion verläuft mit Läsionen, limitiert sich in der Regel aber selbst. Letal kann die Infektion bei Menschen mit einer Immunsuppression verlaufen, wie nach einer Transplantation, Krebsbehandlung, bei AIDS oder Allergien.
Es taucht die Frage auf, ob andere Orthopockenviren die Lücke der Blattern ausfüllen werden?

Präriehunde

Die Affenpocken sind seit 1958 bekannt, haben sich jedoch erst durch das Ausmerzungsprogramm von Pocken durch die Weltgesundheitsorganisation bei Menschen durchgesetzt. Vor 2003 gab es lediglich im Kongo Infektionen durch Affenpocken beim Menschen. In Wisconsin erkrankte dann ein Kind und bald waren im mittleren Westen der USA weitere 37 Fälle bekannt, berichtete Victoria Olson vom amerikanischen Centers for Disease control and Prevention (CDC). Offenbar haben infizierte Nagetiere den Virus in die USA gebracht und übertrugen ihn auf Präriehunde. Die scheinen ein geeigneter Wirt für das Virus zu sein und werden oft als Haustier gehalten, so dass sich der Kreis bis zum Menschen schließt.

Milchvieh

Giliane de Souza Trindade vom Departemento de Microbiologica von der brasilianischen Universität in Minas Gerais, berichtete über neue Kuhpockenähnliche Viren in Milchvieh, die auf den Menschen übergesprungen sind. Die Herkunft des brasilianischen Vaccinia Virus ist noch nicht bestimmt, aber es gibt zwei bestätigte Cluster des Virus. Da weder Tier noch Mensch geimpft und Infektionen nicht oder nur spät dokumentiert werden, stecken sich Melker, Viehbesitzer und Händler mit diesem Virus an. Oftmals ist die ganze Herde infiziert. In Säugetieren der freien Wildbahn sind Antikörper gegen den brasilianischen Pockenvirus nachzuweisen, so dass die Experten von einer endemischen Verbreitung ausgehen.

Forschung und Handelskontrolle

Nach Andreas Nitsche vom Robert Koch-Institut ist die Gefahr einer Ansteckung für Menschen in den letzten Jahren größer geworden. Allerdings wisse man noch zu wenig über die Verbreitungsstruktur der Orthopockenviren. Es gebe einige gute Ansätze für wirksame Impfmittel, aber ein effektives ist zurzeit noch nicht auf dem Markt. Das Robert Koch-Institut empfiehlt gerade angesichts von neuartigen Haustieren auf deren gesicherte Herkunft zu achten. Tiere sollten aus Beständen kommen, die Pockenfrei sind. Gerd Sutter von der Ludwig-Maximilians-Universität München will im Rahmen eines Schutzmanagements der Bevölkerung mehr Informationen über das Thema bereit stellen. Mit der Alterung der Bevölkerung nimmt auch die Risikogruppe für den tödlichen Krankheitsverlauf zu. Im CDC besteht eine Impfpflicht, die alle drei Jahre erneuert werden muss, so Olsen.

Lesestoff:
CDC: https://emergency.cdc.gov/

RKI: www.rki.de (Infektionskrankheiten A – Z)
Forschungsplattform: www.zoonosen.net
Mensch und Tier gemeinsam gesund
Brasilianisches Milchvieh: Damoso CR et al.: An emergent poxvirus from human and cattle in Rio de Janeiro State; Cantagalo virus may derrive from Brazilian smallpox vaccine; virology 2000; 22; 439-449

Roland Krieg

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