Ostsee-Schnäpel aus MV

Landwirtschaft

Regionale Besonderheit auf der Grünen Woche

>"Schuld war eigentlich die Eiszeit", sagte Heino Zahn, Inhaber der Fischgaststätte "Zum Müritzfischer" in Waren. Die kalte Zeit hat den Schnäpel über ganz Europa verteilt, weshalb der "Fisch mit den meisten Namen" überall anders heißt. Was die Österreicher als Steinlachs bezeichnen, die Anwohner des "Schwäbischen Meeres" als Felchen, die Rheinfischer als Renken, heißt in MV traditionell Maräne. Verwandt und verschwägert sind sie alle miteinander, so dass der offizielle Name Schnäpel dann auch zutrifft. Selbst Fischer können die Fische nicht auseinander halten. Gemeinsam ist allerdings, dass sie eindeutig durch ihre kleinen Fettflosse als lachsartiger Fisch erkannt werden können. Daher sind Coregonus albula, Coregonus lavaretus als Kleine und Große Maräne sowie der Coregonus oxyrhynchus als Schnäpel alles Salmoniden. Der Schnäpel ist ein anadromer Wanderfisch. Fischer Steffen Steinbeck aus Boek erklärt Herd-und-Hof.de welche Bewandtnis es damit hat. Zum laichen im Herbst wandert der Fisch aus der salzigen Ostsee zu seinen Stammplätzen in die Süßwassergewässer. Seine Heimat ist der Peenestrom, das Achterwasser, das Stettiner Haff, der Greifswalder Bodden und die Pommersche Bucht.
Allerdings gibt es auch Fische, die lieber in den Seen der Mecklenburgischen Seenplatte verbleiben, wie beispielsweise dem Schaalsee bei Zarrentin oder dem Tollensee bei Neubrandenburg. Ein sechs Kilo schweres Exemplar soll neulich aus dem Luzin bei Freiberg an den Haken gegangen sein. Steffen Steinbeck ist sich sicher, dass das kein Anglerlatein ist.
In seiner Teichwirtschaft der Müritzfischer an der Müritz gegenüber von Röbel schlüpfen die 1 cm kleinen Fische, die dann zum Jabler See gebracht werden. Dort warten Gazekäfige auf die Fischlarven, die mit einer Kantenlänge von 1,50 in zwei Meter Tiefe im Wasser hängen. Hier ernähren sich die Jungfische von dem Zooplankton, dass sich im Wasser befindet. Die Müritzfischer helfen nach, indem sie eine 100 Watt starke Glühbirne in das Wasser hängen. Das wirkt auf das Zooplankton wie das Licht auf Motten. Jede Woche werden die Fische in Gazekäfige mit weiteren Maschen umgesetzt. Die Experten nennen dieses Füttern "Vorstrecken des Ostseeschnäpels". Weil die Zooplanktondichte im Jabler See sehr hoch ist brauchen die Fischer nichts mehr hinzu zu füttern. Bio-Fisch, sagt Steinbeck.
Im Mai/Juni ist der Schnäpel dann reisefertig. Dort wo der Laich entnommen wurde, werden die 5 bis 7 Zentimeter großen Fische wieder ausgesetzt - praktisch auf Bestellung der lokalen Fischer.
In der Halle 5.2b Mecklenburg-Vorpommern sind die Stände von Steffen Steinbeck und Heino Zahn direkt nebeneinander ? und der Schnäpel liegt auf Eis zum mitnehmen. Auf der Bühne wird heute Koch Lars Degner in seiner Schauküche den Schnäpel vor Publikum zubereiten.

Lesetipp:
Norbert Schulz hat im Verein Fisch und Umwelt eine Arbeit über das Wiedereinbürgerungs- und Besatzprogramm veröffentlicht. Einzusehen unter www.fischumwelt.de

Roland Krieg

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