Patentamt fällt unliebsame Entscheidung

Landwirtschaft

Brokkoli ist patentierbar

Ein langer Streit spitzt sich zu. Die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes hat im so genannten „Brokkoli-Fall“ entschieden, dass Patente aus konventioneller Züchtung patentierbar sind.

„Durch diesen Schritt sehen wir Innovation in der Züchtung und Zugang zu Ressourcen zu genetischer Diversität gefährdet“, erklärt Dr. Carl-Stephan Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter (BDP). Schäfer findet, dass das Patentrecht über den technischen Bereich hinaus unangemessen ausgedehnt wird. Damit unterlaufe das Amt das Sortenschutzrecht. Danach kann ein Züchter Sorten für die eigene Züchtung und Vermarktung verwenden und auf der Vorleistung anderer Züchter in einem „open source“-System aufbauen. Schäfer fordert die Politik auf, die Entscheidung zu korrigieren und auf Ebene der EU ein rechtssicheres System zu schaffen.

Als „Skandal“ bezeichnet der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling die Entscheidung. „Das Europäische Patentamt entscheidet ganz offensichtlich nicht im Interesse der europäischen Bürger und Landwirte, sondern im Sinne seiner zahlenden Kunden, nämlich einer Agrarindustrie, die sich durch Patente Marktmonopole sichern will.“ Die EU-Patentrichtlinie 98/44/EG müsse endlich überarbeitet werden, um „dem EPA einen Riegel vorzuschieben“.

Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), appelliert an die Politik, die im Koalitionsvertrag die Verpflichtung eingegangen ist, sich für ein Verbot von patenten auf Pflanzen und Tieren einzusetzen: „„Die Entscheidung des EPA, Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen auszusprechen ist verheerend und dient ausschließlich den Interessen multinationaler Saatgutkonzerne! Züchter und Landwirte brauchen den freien Zugriff auf die genetische Vielfalt aller Pflanzensorten und Tierrassen. Das bestehende Sortenschutzrecht reicht völlig aus, um die geistige Leistung zu schützen, die in dieser Arbeit steckt. Patente blockieren die Weiterentwicklung, auf die wir in der Landwirtschaft weltweit dringend angewiesen sind!“

Elvira Drobinski-Weiß, verbraucherpolitische Sprecherinn der SPD, und Matthias Miersch, umweltpolitischer Sprecher sind über die Entscheidung alarmiert: „Sie steht im Widerspruch zum existierenden Verbot der Patentierung von Verfahren zur konventionellen Züchtung. Damit dieses Verbot aber auch tatsächlich durchgesetzt werden kann, müssen die entsprechenden EU-Vorschriften präzisiert werden. Das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart und wir müssen nun zügig handeln.“ Die Sozialdemokraten betonnen zusätzlich eine andere Kritik am Amt: „Wenig vertrauenerweckend ist der Umstand, dass sich das Patentamt aus den Gebühren der Unternehmen für die erteilten Patente finanziert. Hier brauchen wir eine andere Lösung.“

Harald Ebner, Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik bei Bündnis 90/Die Grünen kommentiert: „Die Entscheidung des Patentamtes ist ein riesiger Skandal und bedroht Landwirte, Pflanzenzüchter und Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein Patent auf Pflanzen, die im Wesentlichen aus konventionellen Züchtungsverfahren hervorgegangen sind, verstößt klar gegen den Geist der EU-Biopatentrichtlinie und das deutsche Patentgesetz.“

VLE

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