Pfälzer Bauern haben keine Lust mehr auf Pflugwettbewerbe

Landwirtschaft

Berufswettbewerb Pflügen wurde zur Hobbyangelegenheit

„Berufswettbewerbe sind ein wichtiger Bestandteil der Berufsbildung in den Agrarberufen. Angehenden Fach- und Führungskräften bieten sie eine gute Möglichkeit, ihre in der Aus- bzw. Fortbildung erworbene Kompetenzen unter Beweis zu stellen und sich mit anderen Nachwuchskräften zu messen.“

Berufswettbewerbe

Mit dieser Einleitung beginnt die Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zu den Berufswettbewerben. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) listet das Thema gleich unter die Kategorie „Fachbereich Bildung“ auf. Handwerker sind stolz darauf ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und bei „WorldSkills und EuroSkills“ teilzunehmen. Dabei geht es nicht nur um die schönste Mauer, sondern auch um knifflige Lösungen. Im Agrarbereich fördert das BMEL Berufswettbewerbe in mehr als sechs Bereichen.

Einer davon ist der Bundesentscheid im Leistungspflügen, bei dem alternierend jeweils ein Bundesland zusammen mit dem Deutschen Pflügerrat unter der Schirmherrschaft des BMEL den Wettbewerb durchführt. Den Wettbewerb gibt es seit 1950 und stellt „eine handlungsorientierte Form des Lernens dar.“ Wie der Pfügerrat weiter schreibt, demonstrieren die Teilnehmer „vor den kritischen Augen der Richter und Zuschauer auf kleiner Parzelle alle Techniken aus der Praxis. Zusätzlich zum praktischen Pflügen wird ein Test über die theoretischen Grundkenntnisse und die Fachkompetenz der Teilnehmer durchgeführt. Das Ergebnis aus diesem Test wird in die Gesamtbewertung einbezogen.“

Die World Ploughing Organisation (WPO) veranstaltete 1958 die erste Weltmeisterschaft, die 1978, 1998 und 2018 in Deutschland ausgetragen wurde [1].

Kein Interesse der Profis mehr

Irritationen gibt es jetzt aus Rheinland-Pfalz. Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau will sich aus dem Berufswettbewerb Leistungspflügen zurückziehen. Dem Ministerium steht ausgerechnet eine Vertreterin der unternehmensnahen FDP vor: Daniela Schmitt. Mit der Begründung, das Pflügen habe in der Landwirtschaft keine Bedeutung mehr, wird die Beteiligung am Berufswettbewerb gestrichen, beklagen die Landwirte.

Darum haben sich Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, und der Vorsitzende der Landjugendverbandes Rheinland-Nassau, Benjamin Purpus, in einem Brief an die Ministerin gewandt: Darin heißt es unter anderem: „Das Pflügen spiele nach wie vor sowohl für den Ökolandbau als auch für die konventionelle Landwirtschaft eine sehr große Rolle. Schließlich trage gerade das Pflügen wesentlich zur Unkrautbekämpfung und somit zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und zu einer intensiven Bodenlockerung – mit all ihren Vorteilen für die Bodenfruchtbarkeit – bei.“ Außerdem kommen fünf Deutsche Meister seit 2010 aus Rheinland-Pfalz.

Das Ministerium hat ausführlich gegenüber Herd-und-Hof.de Stellung genommen und zunächst auf den Unterschied zwischen dem Wettbewerb Leistungspflügen und dem „Pflügen als generelle Bewirtschaftungsform“ unterschieden, was die landwirtschaftlichen Verbände miteinander vermischt haben. Die Sprecherin aus dem Ministerium stellt klar:

„Der Wettbewerb im Leistungspflügen erfreute sich lange Zeit großer Beliebtheit. Aber auch innerhalb der Landwirtschaft vollzieht sich ein Wandel, so dass das Interesse zur Teilnahme an diesem Wettbewerb enorm zurückgegangen ist und zuletzt bei weniger als 10 Anmeldungen lag. Diese Teilnehmer kamen zudem überwiegend aus dem Hobbybereich.

„Hauptaufgabe der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum ist aber die professionelle Ausbildung und Beratung der Landwirte sowie das Versuchswesen und der Wissenstransfer. Auf diese Aufgaben wollen und müssen wir uns fokussieren. Denn der Bedarf nach Schule, Beratung und Versuchswesen ist mit Blick auf den Klimawandel und neue Anforderungen an die Landwirtschaft enorm gewachsen.

„Die Zukunft der Landwirtschaft liegt im autonomen Fahren, in der Digitalisierung, im Smart und Precision Farming. Hierbei wollen wir unsere Landwirtschaft über die Dienstleistungszentren bestmöglich begleiten, beraten und ausbilden und in eine moderne Zukunft führen. Wir brauchen eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz, in Deutschland.

„Lassen Sie mich aber auch betonen, dass der Rückzug der Dienstleistungszentren sich lediglich auf den Wettbewerb (!) im Leistungspflügen bezieht, welcher wie oben beschrieben überwiegend Hobbycharakter bekommen hat und in den vergangenen Jahren landesweit auf immer geringeres Interesse gestoßen ist. Das bedeutet nicht, dass das Pflügen als alternative Bewirtschaftungsform bei unserer Offizialberatung  in den Hintergrund rückt. Gerade im Versuchswesen aber auch in der Lehre und in der Beratung der DLR Rheinland-Pfalz werden alle Bewirtschaftungsformen auch weiterhin in den Blick genommen und die Landwirte entsprechend beraten. Gleichzeitig ist der Bedarf nach Beratung, Lehre und Versuchswesen bei den neuen Technologien wie autonomen Landmaschinen, dem Einsatz von Drohnen im Steillagenweinberg, etc. größer geworden. Und diese Nachfragen wollen und müssen wir bedienen.

„Wir müssen in der jetzigen Situation, mit der sich die Landwirtschaft in Deutschland konfrontiert sieht, die personellen Ressourcen der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum gezielt für die neuen Herausforderungen in Beratung und Wissenstransfer einsetzen. Rheinland-Pfalz ist schon heute Vorreiter bei der Digitalisierung der Landwirtschaft, beim Smart und Precision Farming. Diesen Vorsprung wollen wir halten und hier unsere Kräfte bündeln und vorhandene Kapazitäten nutzen und richtig einsetzen.“

Lesestoff:

[1] Schon lange her: Besuch beim Leistungspflügen in Mecklenburg-Vorpommern: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/pax-arva-colat.html

Roland Krieg

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