Pflanzen reagieren auf trockene Luft
Landwirtschaft
Wie Pflanzen trockene Luft wahrnehmen
Ist die Umgebungsluft sehr trocken, müssen sich
Pflanzen gegen zu hohen Wasserverlust schützen. Dazu schließen sie spezielle
Poren in ihren Blättern. Wie die Pflanze Veränderungen der Luftfeuchtigkeit
wahrnimmt und in ein Signal übersetzt, haben Forscher der Uni Würzburg
erforscht. Pflanzen tauschen Gase wie Kohlendioxid und Sauerstoff mit der Umwelt
über Spaltöffnungen in ihren Blättern aus – den sogenannten Stomata. Zwei
ringförmig angeordnete Schließzellen funktionieren dabei ähnlich wie ein
Schwimmreifen: Prall gefüllt bilden sie einen offenen Ring; ohne den Druck aus
dem Inneren erschlaffen die Zellen; die Öffnung schließt sich.
Bei Wasserknappheit und trockener Luft sind Pflanzen
ständig mit einem Problem konfrontiert: Zum einen müssen sie ihre Stomata
möglichst weit öffnen, um Kohlendioxid für die Photosynthese aufnehmen zu
können. Gleichzeitig sollten sie aber ihre Spaltöffnungen schließen, da sie
sonst in Gefahr geraten, zu viel Wasser in Form von Wasserdampf zu verlieren.
Ein feines Regelwerk von Steuersignalen
Tatsächlich verfügen Pflanzen über viele verschiedene,
sich zum Teil überlagernde Mechanismen, mit denen sie den Stomata Befehle zum
Öffnen und zum Schließen erteilen können. Die Suche nach dem perfekten
Kompromiss zu den jeweiligen Bedingungen unterliegt genauester Kontrolle.
Professor Rainer Hedrich und sein Mitarbeiter Dr. Peter Ache vom Lehrstuhl für
Molekulare Pflanzenphysiologie und Biophysik der Universität Würzburg haben
jetzt neueste Erkenntnisse über dieses feine Regelwerk gewonnen und in der
Fachzeitschrift Molecular Plant veröffentlicht. Die Forscher hatten an der
Ackerschmalwand, einer genetisch gut verstandenen Modellpflanze, untersucht,
wie Pflanzen Veränderungen der Luftfeuchte wahrnehmen und in ein chemisches
Signal umsetzen.
In einer im vergangenen November veröffentlichten
Arbeiten hatten Hedrich und Ache bereits gezeigt, dass Schließzellen direkt und
selbständig auf eine geringe Luftfeuchtigkeit reagieren können, indem sie das
Stresshormon Abszisinsäure (ABA) bilden. „Durch die Wirkung von ABA schleusen
Schließzellen Salze aus dem Zellinneren heraus. In der Folge strömt Wasser aus,
die Schließzellen verringern ihr Volumen, wodurch sich die Spaltöffnung
schließt“, erklärt Rainer Hedrich [1].
Forschung an genetisch veränderten Pflanzen
Jetzt haben die beiden Würzburger Pflanzen untersucht,
bei denen aufgrund genetischer Veränderung genau dieser Signalweg gestört war.
„Wir haben mit Pflanzen gearbeitet, in denen jeweils ein wichtiges Schalter-Gen
defekt war“, sagt Peter Ache. Verglichen mit wildtypischen Pflanzen seien durch
diese Mutationen die Aktivitäten von jeweils 100 Genen betroffen gewesen.
Die Forscher prüften, welche dieser Gene besonders
stark in Schließzellen vertreten sind und welche davon sowohl auf das
Welkehormon ABA und trockene Luft reagierten. Zum Schluss blieben insgesamt
vier Gene übrig, die in beiden Mutanten all diese Kriterien erfüllten. „Diese
Gene sind nach unserer Einschätzung extrem wichtig für die stomatäre Antwort
auf verminderte Luftfeuchte“, sagt Peter Ache.
Die Rolle von Zuckermolekülen
Eines dieser Gene ist darüber hinaus äußerst wichtig
für den Zuckerstoffwechsel der Schließzellen. „Wir vermuten schon lange, dass
Zucker eine wichtige Rolle beim Stomaschluss in trockener Luft spielt“, betont
Rainer Hedrich. Zwei Szenarien seien dabei denkbar, die möglicherweise auch
nebeneinander existieren:
„Zum einen finden sich in der Zellwand viele
Zuckermoleküle, die ihrerseits Wassermoleküle anziehen. Wird nun bei trockener
Luft dieses Wasser entzogen, verändert dies die Löslichkeit der
Zellwand-Zucker. Dieses Signal kann direkt in die Zelle weitergeleitet werden.
Zum anderen könnte im Falle der trockenen Luft aber auch die schnelle Abgabe
von osmotisch stark wirksamen Zuckern aus den Schließzellen zur Wasserabgabe
und letztlich zum Stomaschluss führen“, erklärt der Wissenschaftler.
Die offenen Fragen zum Wirkprinzip der Zucker wollen
die Würzburger Pflanzenwissenschaftler mit Hilfe von Mutanten im Stoffwechsel
und Transport der Schließzell-Zucker klären. In ihrer aktuellen Arbeit
untersuchten Hedrich und Ache bereits Mutanten, bei denen beispielsweise das Saccharose-Synthasegen
SUS3 ausgefallen war. In ihrem Experiment prüften sie, ob bei niedriger
Luftfeuchtigkeit der Gendefekt die ABA-Wirkung beeinflusst. Dies war
tatsächlich der Fall.
Ein neues Detail in einem großen Netzwerk
„Die Tatsache, dass einige Gene in den jeweiligen
Mutanten noch anspringen, andere aber nicht, bestätigt unsere Hypothese, dass
die zugehörigen Proteine zentral im Luftfeuchte-Signalweg liegen müssen und
dass Zucker hierbei eine wichtige Rolle spielen. Damit sind wir der Aufklärung
des gesamten Netzwerkes und dem möglichen Luftfeuchtesensor ein gutes Stück
nähergekommen“, freut sich Peter Ache.
Im Rahmen des Bayerischen Forschungsverbunds ForPlanta
„Pflanzen fit für die Zukunft“ haben Hedrich und seine Mitarbeiter inzwischen
mit weiteren Reizen den Stomaschluss ausgelöst und die dabei jeweils
veränderten Genaktivitäten untersucht. Mit Hilfe der Bioinformatik wollen sie
nun das gesamte Netzwerk entschlüsseln. „Wenn wir den Stomaschluss bei
Trockenheit verstanden haben, gehen wir die andere Seite, nämlich die
Regulation der Stomaöffnung an“, prognostiziert Hedrich.
Lesestoff:
„How do stomata sense reductions in atmospheric relative humidity?“, Hubert Bauer, Peter Ache, Florian Wohlfart, Khaled A.S. Al-Rasheid, Sophia Sonnewald, Uwe Sonnewald, Susanne Kneitz, Alistair M. Hetherington, and Rainer Hedrich. Mol. Plant, DOI:10.1093/mp/sst055
Gunnar Bartsch (Julius-Maximilians-Universität Würzburg)