Pflanzenöle für die Chemie
Landwirtschaft
Waschen, Schmieren, Schminken: Alles kommt vom Acker
Sonne, Wasser und Wind haben alle einen Nachteil: Diese Energieformen können keine Werkstoffe herstellen, sondern nur die Energie zur Verarbeitung. Die stoffliche Produktion findet über die Bildung der organischen Substanz in der Pflanze statt – vorangetrieben durch die Photosynthese.
Das 240 PS starke Rennauto fährt nicht nur mit Biodiesel, sondern hat auch Karosserieteile aus Pflanzenfasern. Nachwachsende Rohstoffe müssen aber mehr können, als Kraftstoff liefern und Türen schließen. Die chemische Industrie legt dabei den Fokus auf Pflanzenöle.
Polymerchemie
Pflanzen bauen während ihres Wachstums eine Vielzahl organischer Substanzen auf: Stärke, Zucker, Cellulose, Proteine und Fette und Öle. 2,1 Millionen Tonnen nachwachsende Rohstoffe decken heute bereits 11,2 Prozent des Rohstoffbedarfs der chemischen Industrie. Mit einem Drittel bilden pflanzliche Öle die größte Fraktion. Chemisch gesehen sind pflanzliche Öle Triglyceride, also Verbindungen zwischen Glycerin und Fettsäuren.
Chemiker Michael Meier beschreibt in der aktuellen Ausgabe von „Nachrichten aus der Chemie“, dass es der Industrie auf die Zusammensetzung der Fettsäuren in der Pflanze ankommt. Die industrielle Produktion hat eine lange Tradition, denn bereits 1864 hatte von Walten aus Leinöl über Oxidationsprozesse der Fettsäuren Linoleum vernetzt. Polymerisation nennen das die Chemiker. Und heute wollen sie den zur Neige gehenden Grundstoff aus der Petrochemie mit Rohstoffen vom Acker ersetzen.
250.000 Tonnen Tenside werden in Deutschland jährlich verbraucht. Das meiste für Waschmittel, Kosmetika und die Pharmazie. Waschaktive Substanzen wie Alkylpolyglucoside (Abb.) aus der Maisstärke sind als biologisch abbaubare Substanzen äußerst beliebt.
Wo es allerdings noch Forschungsbedarf gibt, sind kompliziertere Anwendungsmöglichkeiten für Polyurethanschäume oder Nylonverbindungen aus Rizinusöl. Ob die pflanzlichen Öle an Bedeutung gewinnen, hängt, so Meier, auch von der Anbaukonkurrenz zu Nahrungsmittelpflanzen, der gesellschaftlichen Akzeptanz und der Wettbewerbssituation zu Grundchemikalien aus Kohle ab. Technisch können Pflanzenrohstoffe die petrochemische Umwelt substituieren.
Lesestoff:
Die aktuelle Juli/August Ausgabe der „Nachrichten aus der Chemie“ steht auf www.gdch.de für Leser bereit.
roRo: Fotos: Concept Car: roRo; Alkylpolyglucoside: gdch