Pflanzenzüchter holen bei Leguminosen auf
Landwirtschaft
Bei Soja gib es schon viele regionale Sorten
Die Vätergeneration der Landwirte kannte Ackerbohnen und Erbsen. Die junge Generation hört in der Berufsschule nichts mehr von diesen „exotischen“ Pflanzen. Erst das Greening hat Lupine und Co. wieder in den Anbaufokus gerückt. Bei Soja war es der Wunsch, von nord- und südamerikanischen Importen unabhängig zu werden. Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) zeigt auf den DLG-Feldtagen in Bayern mit Erbsen die von Gregor Mendel aufgestellten Vererbungsregeln. Überhaupt sind Leguminosen eine große Abwechslung auf dem Feld und eine gute Bienenweide.
Am weitesten hat es ausgerechnet der Neuling auf den Feldern gebracht: Die Sojabohne. Jürgen Unsleber, Berater vom Soja-Netzwerk lud neugierige Landwirte zu einem Vortrag über die Eiweißpflanze für Mensch und Tier. Auf rund 17.300 ha wird derzeit in Deutschland Soja angebaut. 7.200 davon liegen in Bayern, knapp 6.000 in Baden-Württemberg. Der Standortvorteil resultiert aus der höchsten Sonneneinstrahlung, die im Süden der Republik zu finden ist.
Mittlerweile hat jedoch jedes Bundesland eigene Sortenversuche für die beste „Bohne“ in der Region. Bei der Aussaat sollte Mitte April die Bodentemperatur bei 10 Grad Celsius liegen. Wichtiger sei aber, so Unsleber, eine zehntägige Hochdruckwetterlage danach, die der Pflanze den Start ins Ackerleben erleichtert. Landwirte sollten wegen der abnehmenden Sonneneinstrahlung im Oktober, einen Erntetermin für September anpeilen. Im Handel werden auch frühreifere Sorten angeboten, aber für warme Standorte gelte: Je später die Sorte, desto höher der Proteinertrag. Voraussetzung ist eine ausreichende Wasserversorgung im Hochsommer, wenn die Sojabohne blüht und danach das Korn befüllt.
Unsleber räumte mit einem Irrtum auf: Der Vorfruchtwert der Sojabohne resultiert nicht in der Stickstoffanreicherung, da lasse die Pflanze kaum etwas übrig, sondern in der Bodenlockerung für die Nachfrucht. Und noch ein Tipp: Die Rhizobien, die für die Sojapflanze den Luftstickstoff binden, sind gänzlich andere als für Ackerbohnen und Erbsen. Daher müssen sie bei der ersten Aussaat als Impfbeigabe mit verteilt werden. Unsleber rät auf die gängigen Rhizobien zurückzugreifen. Vereinzelt werden „Fertige Pakete mit dem Saatgut angeboten, die aber wegen Lagerung und Transport an Wirkung verlieren.
Nach Stefan Lütke Entrup von der Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation hat beim Thema Leguminosen ein Wandel stattgefunden. Was Tierhalter wegen der hohen futtereigenschaften stets erfreute, plagte die Ackerbauern. So liegt der Ertrag von Ackerbohnen zwischen zwei und sechs Tonnen je Hektar. Was in einem Jahr die Kasse füllt, muss im nächsten Jahr wieder dazugelegt werden. Aus diesem Grund sind viele Züchter aus den Zuchtprogrammen ausgestiegen und haben die Pflanzen vernachlässigt.
Mit dem Greening kommen die Pflanzen wieder zurück und finden bei den Züchtern wieder Gefallen. Die Entwicklung einer neuen Sorte dauert mehr als zehn Jahre und kostet leicht einen zweistelligen Millionenbetrag. Mittlerweile gibt es für Soja und Lupine eigene Netzwerke, in diesem ist eines für Ackerbohnen und Erbsen hinzugekommen. Das sei der richtige Weg. Noch Ende der 1990er Jahre erfuhr der Leguminosen-Anbau mit der Pleite der Amylose-Erbse einen neuen Rückschlag. Damals gab es ein Pilotprojekt, aus der Erbse ein Granulat für die Kunststoffindustrie herzustellen. Am Ende blieben die Landwirte auf 20.000 Tonnen Stärke-Erbsen sitzen, weil die Vermarktung und Finanzierung des Projektes nicht stimmten.
Heute suchen die Netzwerke erst einen Vermarktungsweg und decken dann den Bedarf mit einem landwirtschaftlichen Angebot. Als Bindeglied zwischen Erzeugern und Verarbeiter habe sich Mühlen, Stärkeverarbeiter und Eiweißlieferanten etabliert.
So hat auch die Ernährungsindustrie in den letzten Jahren hinzugelernt. Eine Erbse ist keine Erbse. Für verschiedene Produktspezifikationen wie Textur oder Quellvermögen der Stärke können die Pflanzenzüchter aus mehreren Erbsensorten die gewünschten Zielparameter entwickeln. Entwicklungsforscher Lütke Entrup weiß zwar nicht, wie sich der Markt für Leguminosen in zehn Jahren entwickelt haben wird, doch er weiß, dass die Pflanzenzüchter wieder mehr Antworten auf Fragen der Trockenheit, Ertragsstabilität oder Geschmackserleben bereit halten können. Die engen Fruchtfolgen werden sich wegen zunehmender Resistenzen und fehlender Wirkstoffe im Bereich der Pflanzenschutzmittel erweitern müssen, sagte er. Nach dem Wintergetreide wird mehr Gründüngung und anschließender Sommerung mit Leguminosen auf den Feldern Einzug halten.
Lesestoff:
Die politische Dimension der Hülsenfrüchte:
Roland Krieg