Photosystem II in feinster Struktur

Landwirtschaft

Cluster bei 3 Angström aufgelöst

>Das jetzige Leben auf der Erde wurde nur ermöglicht, weil vor rund 3,5 Milliarden Jahren die ersten Cyanobakterien mit der Photosynthese begannen. Dieser für uns Menschen wichtigste Energie-Umwandlungsprozess wurde später von den grünen Algen und höheren Pflanzen übernommen.

Licht und Dunkel
Bei der Photosynthese fängt das grüne Pigment Chlorophyll Sonnenlicht ein, dessen Energie genutzt wird, um Wasser oxidativ in lebensnotwendigen Sauerstoff zu spalten. Dieser Schritt findet in der so genannten Lichtreaktion statt. Ohne Licht, und daher in der Dunkelreaktion, wandeln die freigesetzten Wasserstoff-Ionen und Elektronen in einem weiteren Schritt Kohlendioxid aus der Luft in Kohlenhydrate um - die Grundlage aller Nahrung. Je nach angesprochener Wellenlänge des Lichts kann die Pflanze zwischen zwei Photosystemen wählen, wie Jenaer Forscher jüngst feststellten.

Ein einzigartiger Haufen
Die Licht- und Dunkelreaktion werden als gekoppelte Prozesse in der Thylakoidmembran, in der sich in den photosynthetisch aktiven Zellen die Pigmente befinden, von zwei großen Protein-Cofaktor-Komplexen durchgeführt. Prof. Dr. Wolfram Saenger am Institut für Chemie und Biochemie der FU Berlin hat gemeinsam mit Dr. Athina Zouni vom Max-Volmer-Laboratorium der TU Berlin die Struktur des für die Sauerstoffentwicklung zuständigen Photosystems II dreidimensional aufgelöst. Das gelang mit einer bis jetzt noch nie da gewesenen Einstellung von 3 Angström. Ein Angström entspricht der Größe von zehn hoch minus zehn Meter - das ist ein Millionstel Zentimeter.
Der Spezialist für Röntgen-Kristallstrukturanalyse großer Biomoleküle bietet mit seinen Einblicken detaillierte Strukturen des Komplexes, den er aus dem Cyanobakterium Thermosynechococchus elongatis isoliert hat. Dieses wärmeliebende Bakterium hält sich gerne in heißen Quellen auf.
In großer Klarheit zeigen sich die dreidimensionalen Strukturen von je zwanzig Protein-Untereinheiten. Hinzu kommen 35 Chlorophyll-a-Moleküle, elf Farbpigmente Carotinoide, je zwei Pheophytinen, Plastichinonen und Haemgruppen, 14 Lipiden, je einem Bicarbonat- und Eisen(II)-Ion, drei Detergenzmolekülen und des einzigartigen, aus vier Mangan-Ionen und einem Calcium-Ion bestehenden Clusters, an dem das Wasser letztlich oxidiert wird.
Erstmals sind die Lipide erkennbar. Ihre hohe Zahl und ihre Position sprechen dafür, dass sie eine wichtige Funktion für die Flexibilität und Architektur des Photosystems II ausüben. Aus Position, Geometrie und Koordination der Metall-Ionen im Mangan-Calcium-Haufen erhoffen sich Physiker und Chemiker entscheidende Informationen zum Verständnis über die Wasserstoffoxidation. In diesem Photolyse genannten Prozess, werden aus zwei H2O und drei Lichtquanten vier Elektronen "freigeschossen", um den Sauerstoff zu bilden. Der Mangan-Calcium-Komplex vollbringt also die Leistung, das Wasser "zu verbrennen". Um Wasser zu Sauerstoff zu oxidieren, bedarf es des höchsten elektrischen Potenzials, das je in einem Organismus gefunden wurde: 1,2 Volt. Fast eine kleine Batterie, die monatelang einen Wecker betreibt ? allerdings auf Molekülgröße.
Eigentlich fällt das Elektron dann wieder auf den niedrigeren Energielevel der Ausgangssituation zurück, weil die Natur gerne ein harmonisches Gleichgewicht hält. Dabei entsteht Wärme oder Fluoreszenz. In den Photosystemen I und II allerdings gibt es einen so genannten Quentcher, der vermutlich durch die anwesenden Plastichinone gestellt wird. Die Stoffe fangen die Elektronen auf und erhalten dabei die Energiegewinnung der Elektronenabgabe durch Belichtung.
Je mehr Details die Forschung sichtbar macht, desto faszinierender wird der Mechanismus: Hinter der allgemein bekannten, scheinbar simplen chemischen Gleichung der Photosynthese verbergen sich Dutzende Einzelreaktionen, viele winzige Klimmzüge, mit denen Bakterien, grüne Algen und Pflanzen diesen gewaltigen Prozess bewerkstelligen. Das gesammelte Ergebnis, die gespeicherte Energie, nehmen wir mit der Nahrung auf.

Die Wissenschaftler arbeiten bei ihren Entdeckungsreisen im Sonderforschungsbereich 498 der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Protein-Kofaktor-Wechselwirkungen in biologischen Prozessen" zur Erforschung Umwelt- und Ressourcenschonender Energieformen für die Zukunft. Die Ergebnisse der neuen Detailkenntnisse wurden am 15.12. in "Nature" publiziert.

roRo

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