Positionspapiere Milch für Brüssel

Landwirtschaft

Agrarministerrat in Brüssel

Heute trifft sich angesichts der Situation auf dem Milchmarkt der EU-Agrarrat in Brüssel. Über das Wochenende hinweg haben sich in Deutschland Verbände und Bayern positioniert. Zum einen gibt es ein neues Bündnis aus dem Bereich der bäuerlichen Agrarwirtschaft mit dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter und Entwicklungshilfeorganisationen sowie dem Naturschutz. Zum anderen hat der Deutsche Bauernverband (DBV) ein Positionspapier veröffentlicht und Bayerns Agrarminister Helmut Brunner Forderungen des Freistaates aufgestellt.

Gemeinsames
Gemeinsam sind dem Bündnis, dem DBV und Bayern nicht nur die Sorgen um den historischen Milchpreisverfall, der existenzgefährdenden Ausmaß angenommen hat, sondern auch die Sichtweise, dass die Milchquotenerhöhung, wie sie von der EU bis zu ihrem Auslaufen durchgeführt wird, eine Ursache der tiefen Preise ist. Während jedoch das Bündnis und Bayern die Milchquote gerne weiterführen würden, hat der DBV in seinen Bamberger Beschlüssen das mehrheitlich beschlossene Ende der Milchquote akzeptiert.
Gemeinsam ist, auch wenn getrennt argumentiert, der Wunsch, heimische Ressourcen stärker zu nutzen. Nach Sichtweise des neuen Milchbündnis sind importierte Eiweißfuttermittel verantwortlich für den Produktionsüberschuss. Sie können nicht nur billiger Milch produzieren, sondern verursachen in den Anbauländern eine Konkurrenzsituation zum Anbau eigener Nahrungsmittel und gefährden den Regenwald. Dahinter steht die Forderung, mehr eigene Futtermittel anzubauen und die Milchwirtschaft wieder stärker auf die Weidehaltung zurückzuführen, was im Rahmen regionaler Wirtschaftskreisläufe, die Angebotsmenge verringert.
Mehr heimische Futtermittel will auch Bayern. Brunner plädiert dafür, Molkereiprodukte wieder mehr in der Ernährungs- und Futtermittelwirtschaft einzusetzen. Der DBV möchte ebenfalls den heimischen Absatz ankurbeln: Die Förderung von Bäckerbutter, Speiseeis, Schulmilchprogrammen und Verwendung in der Sozialhilfe könnte in der Summe die Milchnachfrage in Richtung Milchangebot drücken.

Trennendes
Deutlich Trennendes gibt es im Bereich der Marktstützung zu verzeichnen. Exportförderung und subventionierte Lagerhaltung kosten nach Ansicht des neuen Milchbündnisses nicht nur unnötig Steuergeld in Höhe von 600 Millionen Euro, sondern schwächen beim Absatz auf dem Weltmarkt auch die Ernährungssouveränität der Entwicklungsländer, in die exportiert wird.
Hingegen sehen Brunner und der DBV in der Förderung der Exporterstattung und Lagerhaltung gute Instrumente, den heimischen Markt zu entlasten.
In der Strategie trennend ist auch der Blick auf die derzeitige Milchstruktur. Das Bündnis, Bayern und der DBV wollen so viele Milchbetriebe als möglich erhalten. Doch: Während das Bündnis und Bayern einen Wechsel zur „alten“ Milchpolitik fordern und damit allen bestehenden Betrieben den Bestand versprechen, sieht der DBV das etwas differenzierter. Durch seine Akzeptanz der EU-Vorgaben, müssen sich die Betriebe der „neuen“ Milchpolitik anpassen, was nicht jeder leisten können wird.
Präsident Gerd Sonnleitner sagte im April zu Herd-und-Hof.de, dass unter dem Aspekt der Kostenführerschaft, die Schleswig-Holstein für sich als „Gunstraum für die Milchproduktion" proklamiert, auch Betriebe in Süddeutschland durch eine Kostenoptimierung wettbewerbsfähig bleiben können. Dahinter steht: Wer das nicht schafft, der muss aufhören.
Deswegen fordert der DBV Alternativen für die Bauern: „Nach Auffassung des DBV müssen die sich abzeichnenden Übergänge und Neuanfänge, sozialverträglich und verantwortungsvoll begleitet werden. Der DBV bekräftigt deshalb seine Forderung vom Deutschen Bauerntag in Stuttgart, mit einem gezielten Vorruhestands- und Umschulungsprogramm denjenigen Milchbauern ein Angebot zu machen, die ihre Milchproduktion aufgeben und einen Neuanfang wagen wollen.“

Vorhersage
Vor kurzem lieferte sich Hessen ein „Fernduell“ im Bereich der Milchpolitik mit der EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel. Hessen hätte am Wochenende ein vergleichbares Positionspapier formulieren können. Das von Fischer Boel ist bekannt. Würde die EU nur ein Schleifchen des Health Check-Paketes lockern, würde sie dann nicht das komplexe Politikgebilde in seiner Zeitschiene bis und vor allem nach 2013 aufs Spiel setzen? Das informelle Agrarministertreffen im tschechischen Brno deutete an, dass sich Betrachter der landwirtschaftlichen Kulisse vor allem von ihren tradierten Bildern „entkoppeln“ müssen. Der Spielraum für Änderungen bleibt klein.

Lesestoff:
Das Positionspapier des neuen Bündnis finden Sie unter www.bdm-verband.org
Das des DBV finden Sie unter www.bauernverband.de

Roland Krieg

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