Preise weniger volatil machen

Landwirtschaft

Preisschwankungen auf den Agrarmärkten minimieren

Es ist ein altes Thema: Mit dem Abbau der Marktordnungen im Agrarbereich und der Hinwendung zum Weltmarkt, folgen auch die Preise mit ihren Hochs und Tiefs realen Wirtschaftssituationen oder politischen Entscheidungen. Preisvolatilitäten nennen das die Ökonomen, die den Landwirten gerne helfen würden, ihre witterungsabhängige und daher ebenfalls schwankende Produktion abzusichern.

Zunächst einmal ist das gründlich schief gegangen. Die Agrarpreise befinden sich in einem Dauertief und es gibt keine einzige seriöse Prognose, wann für Milch und Fleisch, für Weizen und Raps die Preise wieder ein Niveau erreichen werden, dass für die Landwirte wirtschaftlich ist.

Über das Einfangen der Preisschwankungen hat am Montagabend der Agrarausschuss des Europaparlamentes erneut diskutiert. Angélique Delahaye aus Frankreich (Christdemokratin) hat einen Bericht verfasst, der auf einer Anhörung mit Experten basiert. Es wird noch in dieser Woche eine weitere Anhörung zum Thema geben, die Parlamentarier sind bis zum 13. Juli aufgefordert, Änderungsanträge einzureichen. Am 08. November soll das ganze Parlament über „GAP-Instrumente zur Verringerung der Preisschwankungen auf den Agrarmärkten“ abstimmen und im Dezember 2016 mit Kommission und EU-Ländern abgestimmt sein.

Delahaye führte an, dass das Thema seit längerem den Parlamentariern unter den Nägeln brennt. In der aktuellen Preiskrise bliebe niemand verschont und alle Landwirte hofften auf Lösungen aus der Politik.

Der Bericht führt kaum etwas Neues aus, was in den vergangenen Jahren nicht bereits diskutiert wurde. Luke Ming Flanagan, irischer Vertreter der Linken, mäkelte dann auch rum: „Wann wird denn endlich etwas beschlossen?“

Schließlich sollen die Landwirte in ihren Erzeugerstrukturen gestärkt werden, für das Risikomanagement sollen Versicherungen und ein Fonds auf Gegenseitigkeit eingerichtet werden. Letzteres ist eine besondere Form eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Die Versicherungsnehmer sind gleichzeitig auch „Versicherer“. Am Ende sollen Preisbeobachtungsstellen frühzeitig vor Preisrückgängen warnen.

So minimal ausgestattet, fand der Bericht die Zustimmung der Abgeordneten. Der italienische Sozialdemokrat Nicola Caputo forderte zusätzlich Stabilitätsfonds, wie sie in Italien und Belgien offenbar erfolgreich angewandt werden. Die Niederländerin Annie Schreijer-Pierik (Christdemokratin) möchte die Politik nicht aus ihrer Verantwortung entlassen und beklagt die Stagnation in den EU-Gesprächen mit Russland. Die Österreichische Elisabeth Köstinger (Christdemokratin) möchte auf Innovationen setzen. Im Bereich der Landwirtschaft „verharren wir noch immer in klassischen Mustern“. Sie will vor allem Junglandwirte mit Startups aus dem digitalen Bereich verbinden, um neue Ideen und Produkte zu fördern. Da ist ihr der Bericht nicht forsch genug. Ähnlich sieht das Daniel Buda aus Rumänien. Der Christdemokrat sieht Lücken in eigenen Verarbeitungsbetrieben der Landwirte. Sie sollten sich dazu öfters zusammenschließen. Albert Dess (CSU) möchte die Handelsmacht der Lebensmittelketten zurückdrängen und berichtete von dem Versuch, den Käsepreis von 92 auf 80 Cent pro Kilo zu drücken („Sonst müssen wir sie auslisten!“).

Ob das alles reicht bleibt offen. Eric Andrieu von den französischen Sozialdemokraten sieht das Thema grundsätzlicher. Preisstabilität brauche ein Mindestmaß an staatlicher Intervention und verweist auf andere Weltregionen, in denen die Landwirtschaft unter einer staatlichen Agrarpolitik geführt werde.

Aus diesem Grunde geht Martin Häusling (Die Grünen) der Bericht auch nicht weit genug. Wenn keine zweite Molkerei in der Region vorhanden ist, kann auch eine starke Milcherzeugergemeinschaft keine Änderung hervorbringen. Der Bericht sei „zu sehr auf Konsens ausgelegt“. Auch die Marktbeobachtung würde nicht reichen, wenn die EU aus den Ergebnissen kein wirksames Instrument ableiten könne.

Staatssekretär Peter Bleser aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium war zur gleichen Zeit in Leipzig unterwegs. Dort besuchte er die European Energy Exchange (EEX) und brachte eine weitere Möglichkeit für die Preisabsicherung ins Spiel: „Nach dem Auslaufen der Milchquote ist die Absicherung über Warenterminbörsen ein unabdingbares Instrument für die längerfristige Produktionsplanung und deren Absicherung. Im Getreidebereich ist dies schon seit Jahren erfolgreiche und gängige Praxis. Die EEX-Börse bietet mit ihrem Portfolio den passenden Rahmen. Zu begrüßen ist das frühzeitige Auflegen von drei Kontrakten für die Preisabsicherung von Milch durch die EEX Börse, die die entsprechenden Absicherungsmöglichkeiten liefern. Ich sehe vor allem die Molkereien und Erzeugerorganisationen in der Verantwortung, die Preisabsicherung in die Hand zu nehmen. Das Preisrisiko kann nicht länger wie in Zeiten der Quote an die Landwirte durchgereicht werden, zumal bei den derzeitigen Kontraktgrößen die Absicherung für Betriebe erst ab einer relativ hohen Jahresproduktion sinnvoll ist.“

Roland Krieg

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