PSM-Industrie fürchtet Hürdenlauf

Landwirtschaft

Herausforderung Pflanzenschutz

Die Landwirtschaft ist gefragt wie nie zuvor, leitete Sprecherin Hannelore Schmid vom Industrieverband Agrar (IVA), die gemeinsame Pressekonferenz mit Bayer CropScience im Rahmen der diesjährigen Grünen Woche ein. Schon auf der Wintertagung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft zu Jahresbeginn wurde festgestellt, dass „große Produktionsschritte auf die Landwirtschaft zukommen“. Die Gesellschaft erwartet Lebensmittel und Bioenergie, deren Produktionen so sicher als möglich gegen Schädlinge geschützt werden müssen. Was allerdings die EU im Rahmen des Pflanzenschutzes vorhat, sei eine unzulässige „Verstrengerung“ der Regeln.

Harmonisierung mit Lücken
Die seit 1991 bestehende aktuelle Pflanzenschutzrichtlinie soll nach einem Verordnungsentwurf aus dem vergangenen Sommer abgelöst werden. Die Verordnung würde direkt gelten und müsste nicht erst von den einzelnen Mitgliedsländern in geltendes Recht umgesetzt werden. Tobias Marchand, Deutschlandchef von Bayer CropScience sieht darin eine erhebliche Verschlechterung bei der Entwicklung und Planungssicherheit für die Unternehmen. Demzufolge sollen Wirkstoffe, die sich nur langsam abbauen, sich in Organismen anreichern oder in konzentrierter Form die Fortpflanzung stören nicht mehr zugelassen werden. Bayer fürchtet zusammen mit dem IVA, dass dann ein Drittel der heutigen Wirkstoffe nicht mehr vertrieben werden dürfen. Zudem sollen Wirkstoffe, die vom Durchschnitt erheblich abweichen von der Positivliste wieder verschwinden, sobald ein anderes sichereres Mittel auf den Markt kommt. Industrie und Verband kritisieren, dass bei er Zulassung Werte hochgerechnet werden und für die Praxis nicht relevant seien. Sie verglichen es mit einer Wirkstoffberechnung von Rotwein in konzentrierter Form, der auch Krebs bewirken kann.
Die Harmonisierung der Pflanzenschutzrichtlinie, die kürzlich erst bei der Entdeckung illegal gehandelter Mittel wiederholt angemahnt wurde, wird aber durch die Vorstellung, die EU in Zonen einzuteilen auch nicht erreicht. So würde Frankreich der Zone Süd zugeteilt und Deutschland liegt in der Zone Mitte. So gäbe es für die benachbarten Weinbaugebiete im Elsass und Baden weiterhin Unterschiede in der Praxis.

Keine Investitionssicherheit
Mit der BASF, Bayer und der Schweizer Syngenta liegen drei Chemiefirmen entlang der Rheinschiene, die 70 Prozent der weltweit zugelassenen Wirkstoffe entwickeln. Es gibt nur wenige Firmen, die 200 Millionen Euro für die Entwicklung eines neuen Wirkstoffes aufbringen können. Die Wartezeit für die Zulassung werde durch die Verordnung um drei Jahre auf fünf verlängert, was den Unternehmen Umsatzeinbußen von bis zu 80 Millionen Euro bringen werde, beklagt Volker Koch-Achelpöhler, Hauptgeschäftsführer der IVA.

Zwickmühle beim Anwender
Für die meisten Bauern gehört der Umgang mit Pflanzenschutzmitteln zum Berufsalltag. So führte die Fokussierung der Mittelsicherheit auf den Grundwasserschutz dazu, dass neue Mittel sich stabiler an die Bodenteilchen heften können. Dadurch erhöhe sich die Halbwertszeit.
Durch den Wegfall vieler aktueller Mittel stehen Obst- und Gemüsebauern vor einem Riesenproblem. Für eine Vielzahl dieser Früchte stehen dann gar keine Möglichkeiten des Pflanzenschutzes mehr zur Verfügung, beklagt der IVA. Obst und Gemüse würden weniger lagerbar und Handelsnormen könnten nicht mehr eingehalten werden. Bei diesen Aussichten stiege das Risiko illegaler Anwendungen, befürchtet Koch-Achelpöhler.
Der Verband stellte zum Schluss noch fest, dass er für eine Harmonisierung der Pflanzenschutzmittelrichtlinie ist und dass sein „Schutz von Mensch und Umwelt nur über die Akzeptanz des Verbrauchers“ erreicht werden kann.

roRo

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