PSM-Zulassung in der Kritik

Landwirtschaft

EU-Zulassung für Pflanzenschutzmittel ungenügend

Eine Studie der Universität Koblenz-Landau besagt, dass die EU-Zulassung für Pflanzenschutzmittel (PSM) die Gewässer nicht schützt. Die in den Gewässern gefunden Mengen an Pflanzenschutzmittelrückständen liegen oft höher als der theoretisch berechnete Wert.

FOCUS-Modelle in der Kritik

Regen spült die auf die Felder ausgebrachten Pflanzenschutzmittel in Flüssen und Seen. In größeren Mengen schädigen sie die Biodiversität. Um diese Auswirkungen von Pflanzenschutzmittel zu überprüfen berechnet die EU mit den so genannten FOCUS-Modellen die Konzentrationen in Gewässern. Erst wenn die Berechnungen unterhalb eines Schwellenwertes liegen, wird ein Pflanzenschutzmittel zugelassen. Nach Prof. Dr. Ralf Schulz wurde jedoch nie wirklich validiert, ob die Vorhersagen auch mit der Wirklichkeit übereinstimmen.
Das Institut für Umweltwissenschaften hat besonders giftige Insektizide überprüft und „keinerlei statistischen oder auch nur augenscheinlichen Zusammenhang zwischen den Werten gefunden. In bis zu vier von zehn Fällen ist die Belastung nach Messungen der Universität höher als vorausberechnet. Neuere Insektizide kommen sogar auf noch höhere Werte.
„Die Ergebnisse der Studie belegen eindeutig, dass die Berechnungsmodelle in ihrer aktuellen Form für den Gewässerschutz ungeeignet sind“, erklärt Prof. Schulz. Die Zulassungsbehörden müssten neue Berechnungen anstellen.
Möglicherweise liegt es aber auch nicht an der Berechnung. Höhere Werte in den Gewässern können auch durch nicht eingehaltene Vorschriften seitens der Landwirte oder durch unzureichende Anwendungshinweise der Hersteller verursacht sein. „Die Industrie als Zulassungsinhaber muss ihrer Verantwortung für einen vorsorgenden Umweltschutz gerecht werden und sich an der Ursachenaufklärung beteiligen“, fordert der Umweltwissenschaftler. Bis zur endgültigen Klärung empfiehlt er, die zugelassenen Umweltkonzentrationen bei Insektiziden um das Zehnfache zu erhöhen. Außerdem besteht die Möglichkeit in der Praxis auf einen fünf bis zehn Meter breiten Streifen am Gewässer unbearbeitet zu lassen. Die Überarbeitung des Pflanzenschutzgesetzes im Jahr 2011 hat diesen Hinweis fallen lassen.

Umweltverbände hatten gewarnt

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weisen angesichts der Studie darauf hin, dass Umweltverbände im November 2011 auf „die mangelnde Qualität der Prognosemodelle“ hingewiesen wurde. Weil es aber unter anderem deswegen keine Fortschritte gab traten im November des letzten Jahres die Umweltverbände aus dem „Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP) aus [1].

IVA prüft Studie

Der Industrieverband Agrar (IVA) will die Studie prüfen. Viele Datensätze stammen aus den USA, Kanada, Argentinien und Südafrika. Daher müsse geprüft werden, ob die Ergebnisse auch für Deutschland zutreffen. „Gewässerschutz steht ganz oben auf der Agenda der deutschen Pflanzenschutz-Hersteller“, kommentierte IVA-Hauptgeschäftsführer Volker Koch-Achelpöhler.

Lesestoff:

„Regulatory FOCUS Surface Water Models Fail to Predict Insecticide Concentrations in the Field“, Anja Knäbel, Sebastian Stehle, Ralf B. Schäfer, and Ralf Schulz. Die Ergebnisse der Studie werden in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“ veröffentlicht.

[1] Umweltverbände traten aus dem NAP aus

roRo

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