Quellmoor Beesenberg wird zum Naturjuwel

Landwirtschaft

Renaturierung zum Nutzen des Menschen

Es schmatzt bei jedem Schritt. Plötzlich sackt das linke Bein bis zur Oberkante Gummistiefel ins Leere, wo ein sicherer Tritt lockte. Mit einem kräftigen Gegenruck sind Bein und Gummistiefel wieder frei. Einer Kollegin ging es ähnlich, aber das Moor rückte den Gummistiefel erst später wieder heraus.

Es ist noch kein Grün in der Natur. Graubraune Vegetation kriecht über das Moor und die Kopfweiden versprechen Gruselgeschichten im Morgennebel.

Nördlich von Prenzlau liegt das größte Quellmoor Norddeutschlands. 12 Meter Torfschicht. Das Grundwasser steht wie bei einem artesischen Brunnen unter natürlichem Druck und drängt an allen Ecken und Enden nach oben. Dort wo es besonders kräftig drückt, erhebt sich eine Quellkuppe flach aus der Ebene, die bis unter die Grasnarbe mit Wasser gesättigt ist. Auf der Quellkuppe steht man trockeneren Fußes.

Seit der Eiszeit ist das Quellmoor bei Beesenberg in jedem Jahr um einen Millimeter, in nassen Jahren auch mal zwei Millimeter gewachsen. Seltene Moose, Blütenpflanzen und mehr als 200 Farne wachsen hier. Die Bekassine und der Brachvogel sind hier zu Hause.

Auch wenn die Menschen in den umliegenden Ortschaften der Gemeinde Göritz gelegentlich Gras für die Kaninchen aus dem Moor geholt haben, mieden ihre Vorfahren das nasse Gebiet, das rund 100 Hektar umfasst. Während der Renaturierung gab es eine archäologische Begleitforschung, aber mit Moorleichen kann der Norden Brandenburgs nicht aufwarten.

Dennoch wurde in der jüngeren Vergangenheit entwässert. Rund 8,5 Kilometer Entwässerungsrohre wurden im Fischgrätenmuster auf der Hälfte der Fläche vergraben und von der benachbarten LPG als Weide genutzt.

Noch bis Monatsende sind Bagger statt Traktoren auf dem Moor unterwegs. Sie torfen flach ab, bauen mit dem schweren Gerät filigrane Dämme und rollen auf Baggermatratzen vorwärts: Sie übern weniger Druck auf den Boden aus, als die Journalisten, die am Freitag mit Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack und Dr. Bernhard Schmidt-Ruhe von der Stiftung NaturSchutzFonds den Abschluss der Wiedervernässung begutachteten.

Die Bagger legen kleine Rechtecke als Kammern an, Holzstäbe mahnen sie, von abgesperrten Flächen mit seltenen Pflanzen fern zu bleiben. Das Wasser wird in den nächsten zwei bis drei Jahren sein oberirdisches Territorium wieder erobern. Wie genau dann das neue alte Moor aussieht, weiß niemand, erklärt Eva Sieper-Ebsen vom NaturSchutzFonds. Die Bagger zerstören die Tonröhren, die das Wasser aus dem Moor abgeführt haben. Gräben sind zugeschüttet worden, was bald kaum mehr zu erkennen sein wird.

Die AG Uckermark, Nachfolgebetrieb der alten LPG, hat wie einige private Besitzer ihr Land dem NaturSchutzFonds übereignet. Ob sie mit Wasserbüffeln das Moor in ein paar Jahren wieder bewirtschaften kann, bleibt offen. Zunächst bekommt die Natur ihr Recht. Wenn der Wasserspiegel wieder angestiegen ist, bleiben die bewirtschafteten Nachbarflächen davon verschont. Nach Sieper-Ebsen ist die Vernässung sehr kleinräumig auf das Moorgebiet beschränkt. Dennoch wurde ein kleiner Entwässerungsgraben um das Moor herumgeführt. Prophylaktisch, damit die Flächen der Agrargesellschaft auch in einem ungünstigsten Fall nicht absaufen.

Die sandigen Böden der Uckermark sind aber im Sommer sehr trocken. Wasser droht zur Mangelressource zu werden. Daher wurden in den Meliorationsgräben Sohlenerhöhungen eingebaut, die den Wasserstand auf den Ackerflächen im Sommer halten sollen. Durch den Klimawandel kann es auch dem Mais zu trocken werden.

75 Prozent des Moors war sehr stark entwässert worden. Das wird wieder rückgängig gemacht. Warum, zählt Anita Tack auf: Mit der Vernässung erhöht sich die biologische Vielfalt, der Landschaftswasserhaushalt komme wieder in Ordnung, die mächtige Torfschicht ist in der Lage Starkregen aufzunehmen und damit Hochwasser abzufedern und zuletzt dient jedes Moor als Senke für atmosphärisches Kohlendioxid.

Von den Maßnahmen, die zunächst einmal vordergründig der Natur zugute kommen, profitiert am Ende auch der Mensch.

Das Wasser wird seinen Weg nach oben finden und in den nächsten Jahren die Landschaft prägen. In den Kammern wird das Wasser sichtbar sein, auf den nährstoffarmen Dämmen dazwischen siedeln sich Seggen an. Vegetationskundler von der Universität Greifswald verfolgen die Wiederbesiedlung des Quellmoores und leisten nebenbei Grundlagenforschung für bundesweit weitere Vernässungsprojekte.

Ob Besucher sich Teile des Moores einmal ansehen werden können, bleibt offen. Das Quellmoor bekommt zunächst einmal die Zeit, die es für seine Wiederbelebung braucht.

Lesestoff:

www.naturschutzfonds.de

Roland Krieg; Fotos: roRo

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