Ratspräsidentschaft und AMK

Landwirtschaft

Wie kommt man vor die Welle?

Kroatien hatte einen schönen Plan. Die sechsmonatige Ratspräsidentschaft wurde unter das Motto „Ein starkes Europa in einer Welt der Herausforderungen“ gestellt. Zunächst hat SARS-CoV-2 dem Programm einen deutlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Dann wurde die Hauptstadt Zagreb Mitte März von einem Erdbeben getroffen. Informelle EU-Treffen sind erst einmal bis zum 15. Mai ausgesetzt.

Präsidentschaft Deutschlands

Deutschland hat in einem Gespräch mit dem Generalsekretär des Rates der EU, Jeppe Tranholm-Mikkelsen, in der vergangenen Woche über die am 01. Juli startende Ratspräsidentschaft Berlins gesprochen. Nicht alles wurde Makulatur. Die Pandemie setzt aber ihre eigene Tagesordnung. Die Folgen und die Wiedergensung der europäischen Wirtschaft werden in der zweiten Jahreshälfte das Hauptthema sein. Die Themen Klimaschutz, Digitalisierung und die Rolle Europas in der Welt sollen nach Willen der Bundeskanzlerin Angela Merkel dennoch weiter auf der Tagesordnung stehen. Die Hauptaufgabe wird das Finden einer neuen Form sein. Die Videokonferenz wird das vornämlichste Format der Treffen sein. Wie eng die Presse eingebunden wird, steht dabei noch nicht fest.

AMK

Saison-AK

Die zweimal im Jahr stattfindende Agrarministerkonferenz (AMK) hat üblicherweise Dutzende an Themen auf der Tagesordnung. Den Vorsitz hat das Saarland, das diese Woche nicht nur die AMK im neuen Format, sondern auch inhaltlich anders bewerkstelligen musste. Viel mehr als die EU-Agrarpolitik im Zeichen der Pandemie, die Verteilung von Finanzmitteln und Auswirkungen der Pandemie auf die Landwirtschaft in Deutschland waren gar nicht erst vorgesehen.

Die Zahl der an SARS-CoV-2 erkrankten Saison-Arbeitern hat zugenommen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ermahnte die Länderminister, die Gesundheitsauflagen einzuhalten und das bei den Betrieben entsprechend zu kontrollieren. Sie habe nach einem kurzfristigen Einreisestopp die Möglichkeit geschaffen, Saisonarbeitskräfte zu beschäftigen. Dabei sind strenge Infektionsschutzauflagen verknüpft, die in der Hoheit der Bundesländer liegen. Anderweitig könne die Lösung nicht weiter aufrecht erhalten werden, mahnte sie. Der Zentralverband Gartenbau (ZVG) hatte am Morgen noch einmal darauf hingewiesen, wie wichtig die Wanderarbeiter für die Existenzsicherung der Betriebe seien. Dabei geht es nicht nur um den Spargel. Typisches Gemüse und das stete Wiederanpflanzen von Salaten ist sehr arbeitsaufwendig.

GAP

Angela Merkel hat einen zweijährigen Pandemie-Haushalt vorgeschlagen. Auf einen siebenjährigen Finanzrahmen können sich die Länder derzeit wohl nicht einigen. Schwerpunkt soll sein, die Wirtschaft nach der Pandemie wiederzubeleben. Das konnte sich EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski Mitte April auch für das Agrarbudget vorstellen. Die AMK kam zu dem Schluss, dass die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wohl kaum vor dem 01. Januar 2023 beginnen könne. Julia Klöckner will die geplante Übergangsfrist der alten GAP bis dahin durchsetzen. „Trotz der zusätzlichen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie müssen wir Kernziele der GAP wie Einkommensstabilisierung, Umwelt- und Klimaschutz sowie Entwicklung der ländlichen Räume bei den Verhandlungen im Fokus behalten. Die GAP ist ein Alleinstellungsmerkmal der EU. Deshalb ist es mir auch wichtig, dass sie nicht anderen Strategien untergeordnet wird. Es braucht eine kluge Verzahnung: Green Deal, Farm-to-Fork-Strategie, GAP und Budget müssen zusammengedacht werden. Dabei muss klar sein, dass höhere Anforderungen an die Landwirtschaft auch finanziell ausgeglichen werden. Dafür brauchen wir eine ausreichende Finanzierung.“

Der Deutsche Bauernverband setzt die Zeichen anders. Mit einem „neuen Fokus Ernährungssicherheit“ müsse die Ökonomie der landwirtschaftlichen Betriebe mehr denn je gesichert werden. Die Farm-toFork-Strategie und die Biodiversitätsstrategie müssten neu justiert werden, sagte Rukwied. Umweltschutz und Artenvielfalt seinen bereits in die Betriebsabläufe integriert. Die beiden neuen EU-Strategien sollten frühestens zum Jahresende vorgestellt werden.

„Nach wie vor sind die EU-Länder in weiten Teilen uneinig über die zukünftige Ausgestaltung der Agrarpolitik. Deutschland ist in seiner bevorstehenden Ratspräsidentschaft daher gefordert, die Reformprozesse voranzutreiben“, erklärt Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern.

Gastgeber Reinhold Jost aus Saarbrücken sieht hingegen weiterhin kein „Entweder-Oder“: „Einig sind sich Bund und Länder über das Ziel, Landwirtschaft flächendeckend in ihrer Vielfalt zu erhalten. Landwirtschaft sei auch Kulturlandschaftspflege, so Minister Jost. „Dabei gibt es nach meiner Überzeugung keine Unvereinbarkeit zwischen Landnutzung und Naturschutz.“

Corona-Hilfen

Backhaus hat die Bundeshilfen für die Landwirtschaft als flexibel bezeichnet und die Verlängerung des Wanderarbeiteraufenthaltes von 70 auf 115 Tage gelobt. Die Bundespolitik habe Einbrüche im Agrarsektor verhindert. Jetzt sei es an der Zeit, auf Marktverwerfungen zu achten. Auf den Segmenten der tierischen Produkte, insbesonderee die Milch hat sich die Lage preislich deutlich verschärft. Das Schließen der gastronomischen Betriebe fällt in einer Zeit mit einem saisonalen Peak der Milchanlieferung.

Sonder-AMK

Backhaus hat eine Sonder-AMK durchgesetzt. Es geht um die Verteilung der Mittel, um die es heftigen Streit gibt. Dazu zählen Themen wie die Verteilung der ELER-Mittel in Deutschland, Kappung und Degression der Direktzahlungen oder auch die Höhe und Ausgestaltung der ergänzenden Umverteilungseinkommensstützung für Nachhaltigkeit.

Der zur ELER-Mittelverteilung im Übergangszeitraum in die heutige AMK eingebrachte Beschlussvorschlag sorgte für eine hitzige Debatte. Strittig war dabei die Frage, ob die bisherige Mittelverteilung bereits im Übergangszeitraum 2021/2022 deutlich stärker als bislang durch einen Bezug zur landwirtschaftlichen Fläche (LF) korrigiert werden soll. „Das würde für Mecklenburg-Vorpommern massive Einschnitte bedeuten. Mit dem geforderten Verteilerschlüssel von 40 Prozent entfielen auf MV für 2021 und 2022 nur noch rund 92,6 Millionen Euro – ein Minus von rund 7,4 Millionen Euro. Das ist völlig inakzeptabel“.

Das ist ein West-Ost-Thema. Auch Thüringens Landwirtschaftsminister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff kritisiert die damit verbundene Mittelkürzung von neun Millionen Euro für sein Bundesland.

Gastgeber Reinhold Jost fordert die Aufhebung des Jährlichkeits-Prinzip bei der Verwendung der GAK-Mittel. Die stammen aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK): wir brauchen für Projekte in der Landwirtschaft und zur Entwicklung des ländlichen Raums mehr Spielraum“, so Jost.

Trockenheit

Die regional zum Drittenmal wiederkehrende Trockenheit wird im Mai je nach Witterungsverlauf zeitnah beurteilt. Auf dieser Basis sollen weitere Schritte veranlasst werden.

Auf der Strecke

Es gibt einige Themen, die auf der Strecke blieben. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber macht Druck, endlich Klarheit über die Bauernmilliarde zu erlangen. Derzeit sitzen auch die Kurzfristigkeiten bei der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Tierhaltung nach Vorlage der Borchert-Kommission auf der langen Bank.

Roland Krieg

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