Rechtlich bedenkliches Gentechnikgesetz

Landwirtschaft

Nur Juristen freuen sich über den Opt-out-Gesetzentwurf

„Ich will Gesetze beschließen, die rechtssicher sind“, forderte die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion Kirsten Tackmann am Montag im Agrarausschuss des Bundestages. Auf dem Plan stand die Anhörung zum Gesetzesentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums für ein nationales Opt-out bei der Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen.

Die meiste Zeit wurde über Sinn und Unsinn der alten Gentechnik und neuen Züchtungsverfahren debattiert – doch des Pudels Kern, das Gesetz an sich, kam auch vor. Und fiel bei allen Sachverständigen komplett durch. Eine rote Karte für den Bundeslandwirtschaftsminister, der als gelernter Jurist den Gesetzentwurf federführend zu verantworten hat. Dr. Beatrix Tappeser ist Staatssekretärin im hessischen Landwirtschaftsministerin und hatte den letzten Satz nach einer langen Sitzung: „Ich habe den Eindruck, dass der Gesetzentwurf so gemacht wurde, dass keine Einigung erzielt werden kann.“ Ein Meisterstück der Gesetzgebung oder stümperhaft zusammengeklebt?

Für eine bundesweite Umsetzung eines Anbauverbotes müssen sich alle 16 Bundesländer einig sein. Sobald ein Bundesland in der ersten Genehmigungsphase dafür stimmte, ist ein erster Flickenteppich entstanden, beklagte Heike Moldenhauer vom BUND. Zudem sei eine Eingung innerhalb von 45 Tagen illusorisch. 16 Bundesländer müssten 16 Rechtsverordnungen erlassen. Dr. Tappeser kritisierte, das auf Bundesebene sechs Bundesministerien einvernehmlich für ein Anbauverbot entscheiden müssten. Innerhalb von zehn Tagen Frist.

Dieses Einvernehmen ist in der Geschäftsordnung des Bundetages überhaupt nicht vorgesehen, ergänzte der Sachverständige Dr. Georg Buchholz aus Berlin. Der Kabinettsbeschluss reiche für eine Entscheidungsautorisierung. Für so eine Forderung gebe es kein einziges Beispiel aus dem Bundestag.

Neben ihm saß Rechtsanwaltskollege Prof. Dr. Hans-Georg Dederer von der Universität Passau. Beide vertraten bereits in der Anhörung schon unterschiedliche Ansichten über die Liste der Begründungen, die von den Bundesländern für ein Verbot angeführt werden könnten. Für Prof. Dederer sind Umweltgründe gar nicht mehr erlaubt, denn die seien ja bereits zuvor durch das Zulassungsverfahren für die EU abgearbeitet worden. Dr. Bucholz sieht Möglichkeiten für neue Beweggründe. Umweltästhetische Gründe könnten angeführt werden, doch besteht dabei, so Dederer, das Problem der Konsistenz. Wenn der Anbau von gentechnischen Pflanzen als Monokultur die Ästhetik der Landschaft störe, müssten nicht gentechnisch veränderte Pflanzen in Monokultur genauso störend wirken. Dederer bezeichnete den Gesetzentwurf als „postfaktische Gesetzgebung“ und als „Deckelung eines Regierungssarkophags“ für die Gentechnik.

Für Dr. Buchholz ist die Mischverwaltung in der zweiten Phase rechtlich höchst bedenklich. Da können Länder und Bund ein Veto aussprechen. Aber in welchem Verhältnis zueinander? Könnten die Bundesländer ein weitergehendes Verbot durchsetzen oder dürfen sie nicht mehr gegen den Bund regeln?

So stümperhaft das Gesetz wirkt, so klar war auch die Alternative, auf die von allen gezeigt wurde. Der Bundesrat hat als Länderkammer eine gängige Fassung im Jahr 2015 vorgelegt, die auch noch einmal von der Agrarministerkonferenz (AMK) untestützt wurde. Die Beschlüsse in der AMK fallen alle einstimmig.

Ob das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode kommen wird, ist zweifelhaft.

Roland Krieg

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