„Regierung der verpassten Chancen“

Landwirtschaft

Ökolandbauwahl 2013

Derzeit stellen Verbände ihre Wahlprüfbausteine vor, um Wählern zu gezielten Themen eine Orientierung zu geben, was die einzelnen Parteien versprechen. So haben der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der BUND und die Welthungerhilfe am Montag in Berlin ihre Wahlwünsche formuliert und ein umfangreiches Dokument veröffentlicht, was die Parteien auf die zahlreichen Fragen zur sozio-ökologischen Wende mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft ab September 2013 vorhaben. Eines vorweg: Niemand hat sich gegen den ökologischen Landbau ausgesprochen. Auch die Piraten wurden befragt: „Politik-Ziel der Piraten ist die Vermeidung von Stickstoffen und Pestiziden.“

An den Taten messen

Alle wollen mehr für den Ökolandbau tun, fasst Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, BÖLW-Vorstandsvorsitzender, die Antworten zusammen. Doch die Wahrheit finde sich hinter den Lippenbekenntnissen. Daher liegt die Bewertung auch mehr in der Rückschau der Taten als in der Prognose der Pläne. Eine konkrete Wahlempfehlung gab es nicht, eher die Zusammenfassung, dass die aktuelle Koalition eine Regierung der verpassten Chancen ist. Die Wahlprüfsteine werden daher auch zur Halbzeitbewertung der neuen Legislaturperiode für einen Realismus-Test zur Verfügung stehen.

Quittung der Natur

In den letzten Jahren haben sich für Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, vor allem die Nichtregierungsorganisationen bewegt. Die Öko-, Umwelt- und Entwicklungshilfeverbände treten geschlossener auf und haben die Landwirtschaft in neuem Kleid in die Mitte der Gesellschaft getragen. Auch die nicht-landwirtschaftliche Gesellschaft beschäftigt sich mit der Art und Weise der Produktion und den Grenzen der Natur. Die ökologische Landwirtschaft ist für Prof. Weiger der zentrale Schlüssel für eine nachhaltige Landbewirtschaftung. Für Abweichungen habe Deutschland mit der Flut „eine grausame Quittung der Natur“ erhalten. Es fehle noch immer ein wirkliches Rezept zur Verringerung der Flächenversiegelung. Ökologisch bewirtschaftete Böden haben eine deutlich höhere Wasseraufnahmefähigkeit.
Für den Ökolandbau haben sich Rahmenbedingungen verschlechtert. Die gerade in Luxemburg diskutierte Gemeinsame Agrarpolitik sehe Kürzungen in der zweiten Säule vor, die neben der Entwicklung des ländlichen Raums auch den Ökolandbau unterstütze. Drängend bleibe die Novellierung des Erneuerbare-Energie-Gesetzes, das über die Favorisierung des Energiepflanzenanbaus den Ökolandbau benachteilige.

Weltweite Aufgaben

Dr. Wolfgang Jamann, Generalsekretär der Welthungerhilfe, will das Thema Entwicklungshilfe in den kommenden Monaten in den Vordergrund stellen. Das „Recht auf Nahrung“, die zu kleine Quote der öffentlichen Entwicklungshilfe, die indirekten Landnutzungseffekte und das Wiederbeleben der Doha-Entwicklungsrunde statt bilateraler Handelsabschlüsse wirken weltweit und haben Einfluss auf den Lebensalltag der Wähler. So hinterfragen immer mehr Bankkunden die angebotenen Investmentmöglichkeiten auf nachhaltige Aspekte. Das Thema Lebensmittelverschwendung hat mit der Aktion „Zu gut für die Tonne“ mittlerweile eine große Bekanntheit erlangt. Solche Ziele sind langfristig zu besetzen.

Es fehlt ein landwirtschaftliches Leitbild

Dr. Felix Prinz zu Löwenstein bemängelt die grundsätzliche Einstellung. Es solle der Politik nicht um die Förderung der ökologischen Landwirtschaft als solches gehen. Sie solle aber die „Hand des Verbrauchers“ ergreifen, der immer stärker nach ökologischen Produkten frage. Die Politik müsse die Rahmenbedingungen so einstellen, dass sich der Ökolandbau auch selbst behaupten kann. Das Auf und Ab der Fördermittel habe den Ökolandbau mehr gebremst als ermutigt. Da sei in den letzten Jahren eine politische Stagnation eingezogen.
Es gehe auch nicht darum, die kleinebäuerliche Landwirtschaft gegen die großen, historisch gewachsenen Strukturen in Ostdeutschland auszuspielen, sagte Löwenstein zu Herd-und-Hof.de. Die ökologische Landwirtschaft selbst ist unterschiedlich und solle es auch bleiben. Es gehe um die Anwendung der ökologischen Leitsätze auf allen Betrieben und allen Flächen.

Lesestoff:

Die Antworten der Parteien finden Sie auf www.boelw.de

Roland Krieg

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