Reis muss trockentoleranter werden
Landwirtschaft
Marker identifizieren trockentoleranten Reis
Die Züchtung trockentoleranter Reissorten kann durch den Einsatz von molekularen Markern erheblich beschleunigt werden. Statt nur anhand von äußeren Merkmalen zu sortieren und zu kreuzen, lohnt sich ein Blick ins Innere der Zellen. Forscher vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) haben in verschiedenen Reissorten Marker identifiziert, die anzeigen, ob und wie gut eine Pflanze der Trockenheit widerstehen kann. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie in dem Fachmagazin PLOS ONE. Dass es Gene für Trockentoleranz in den unterschiedlichsten Reissorten gibt, ist für die Züchter unerlässlich. Denn sonst wäre alles Kreuzen umsonst.
Nur die Hälfte wird bewässert
Etwa 50 Prozent der Reisanbaufläche wird nicht
künstlich bewässert, sondern ist auf das Regenwasser angewiesen. Bleibt das
aus, sinken die Reiserträge zwischen 13 und 35 Prozent. Bisher sind Züchter auf
langwierige und arbeitsintensive Feldversuche angewiesen, wenn sie neue Sorten
mit besserer Trockentoleranz entwickeln wollen. Diesen Prozess wollen die
Forscher um Karin Köhl vom MPI-MP beschleunigen.
Dazu analysieren sie nicht nur das Erbgut der Pflanzen,
sondern schauen genau nach, welche Gene tatsächlich abgelesen, transkribiert,
werden und welche Moleküle dabei entstehen. „Die Gene selbst bleiben immer
gleich, aber wann sie aktiv werden und welche Signalkaskaden sie anstoßen, das
ändert sich ständig“, erklärt Karin Köhl. „Wenn wir die Transkripte und
Metabolite analysieren, bekommen wir ein viel genaueres Bild über den Zustand
der Pflanze als wenn wir nur auf das Genom schauen würden.“
Mehr als nur ein Gen
Trockentoleranz wird nicht nur von einem einzigen Gen
vermittelt. Deshalb fanden die Forscher auch zahlreiche Moleküle, die bei
Trockenheit von den toleranten Pflanzen vermehrt gebildet werden. „Solche
positiven Korrelationen sind es, nach denen wir suchen“, so Köhl.
Vielversprechende Kandidaten für die zukünftige markergestützte Züchtung sind
organische Säuren, Glukose und drei bisher noch nicht identifizierte Moleküle.
Vor allem die Glukosekonzentration in jungen Blättern
ist ein interessanter Markerkandidat, da bereits in anderen Pflanzen wie
Eukalyptus und Lotus bei Stresssituationen ein erhöhter Glukosegehalt
nachgewiesen worden ist.
Insgesamt untersuchten die Forscher 21 verschiedene
Sorten, denn Reis ist nicht gleich Reis. Mindestens zwei Mal wurde die Pflanze
unabhängig domestiziert. Die bekanntesten Unterarten sind der aus Südchina
stammende Langkornreis „indica“ und der Rundkornreis aus Indien, „japonica“.
Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die
Menschen schon 7000 v. Chr. damit anfingen, den Reis zu kultivieren. Aus jeder
Generation wählten sie die besten und kräftigsten Pflanzen mit dem meisten
Ertrag aus und säten deren Körner im nächsten Jahr wieder aus. Jedes Mal wurden
dadurch auch Pflanzen von der Vermehrung ausgeschlossen. Nach und nach
verschwanden somit Gene aus dem Genpool der heutigen Kulturpflanzen.
„Unsere Marker konnten wir in allen untersuchten
Reislinien nachweisen, sie sollten also universell für Züchter einsetzbar
sein“, so Thomas Degenkolbe, der Erstautor der Studie. Als nächsten sollen die
im Gewächshaus gewonnenen Daten in Feldversuchen überprüft werden, denn es gibt
neben der Wasserverfügbarkeit noch zahlreiche andere Umweltfaktoren, die den
Ertrag von Reis beeinflussen.
Auch den Kartoffeln wird es in Deutschland zu trocken
Auch andere wichtige Kulturpflanzen wie Kartoffeln und
Mais leiden unter Trockenstress. In den nächsten Jahren wird sich im Zuge des
Klimawandels die Situation voraussichtlich noch verschärfen. Auch in
Deutschland. Aus diesem Grund suchen die Forscher in Golm bei Potsdam auch nach
molekularen Markern für Trockentoleranz bei Kartoffeln.
Das Projekt „TROST“, kurz für TROckenSTress bei
Kartoffeln, befindet sich zurzeit im dritten Jahr der ersten Förderphase. Die
Markersuche ist bei der Kartoffel um einiges anspruchsvoller als beim Reis.
Während der Reis nur einen doppelten Chromosomensatz aufweist, besitzt die
Kartoffel einen vierfachen Chromosomensatz. Kreuzt man zwei Kartoffelpflanzen,
dann bildet jeder Samen seine eigene Linie mit anderen Eigenschaften aus.
Bisher steht fest: Es gibt auch bei unseren
Kulturkartoffeln noch genügend genetische Varianz für Trockentoleranz und die
ersten Markerkandidaten sollen mit Hilfe von mathematischen Modellen validiert
werden.
Lesestoff:
Zum Reis: Thomas Degenkolbe, Karin Köhl et al.: Identification of drought tolerance markers in a diverse population of rice cultivars by expression and metabolite profiling, PLOS ONE, 22. Mai 2013, DOI: 10.1371/journal.pone.0063637
TROST: Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen Kartoffelzüchtern, dem Julius-Kühn-Institut, der LMU München, der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie verschiedenen MPI-Gruppen: http://trost.mpimp-golm.mpg.de/en/index1.html
Claudia Steinert (MPI) / roRo